Die Wildnis

Titel: Die Wildnis
Autoren: Chris Golden , Tim Lebbon

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Kaffee sei dein einziges Laster. Jetzt hast du noch eins, ich weiß. Aber denk mal an den Geruch von frisch zubereitetem Kaffee und nicht an das Gesöff, das sie hier ausschenken. Kaffeebohnen aus Südamerika, frisch gemahlen und überbrüht, mit frischer Sahne und Schokoladenkeksen.«
    Merritt wollte wieder den Kopf schütteln, ohne Jack anzusehen. Doch dann fiel sein abwesender, schlaffer Ausdruck in sich zusammen, und seine Schultern begannen zu beben, als sein stoßweiser Atem in ein leises Schluchzen überging.

KAPITEL 17

DER RUF DER WILDNIS
    Sie tranken dann doch den Kaffee aus der Bar, ein erbärmliches Gebräu, und stießen dann mit kleinen Brandygläsern auf Jim Goodman an. Hal hatte ihn nie kennengelernt, aber er erhob trotzdem sein Glas auf ihn. Merritt wollte nicht über die Nacht des Wendigoüberfalls reden, doch als Jack erzählte, dass er sich aus seinen Fesseln befreit hatte und in den Wald geflohen war, nickte Merritt, als hätte er plötzlich etwas begriffen.
    »Dann hast du mich also gerettet.«
    »Wieso das denn?«, wollte Jack wissen.
    Merritt lächelte. »Er ist von einem zum anderen gegangen und hat den Überlebenden den Rest gegeben. Ich habe keine Ahnung, wie viel … Fleisch … er verdrücken kann, aber ich konnte nur liegen bleiben und hoffen, dass er satt ist, bevor ich drankomme. Zwei andere waren außer mir noch am Leben, soweit ich weiß, Tom Kelso und Geoff Arsenault. Ich hörte Geoff schreien und wusste, jetzt ist er dran. Ich konnte Kelsos Augen sehen. Er hatte sich tot gestellt, genau wie ich. Aber als Geoff zu schreien anfing, riss Kelso die Augen auf wie die eines Rehs, das auf der Lichtung überrascht wird. Ich wusste, erwürde fliehen und – vergib mir, Gott – ich habe darauf gehofft, dass er ihn jagt und mich dadurch vergisst.
    Doch dann hat er eine andere Witterung aufgenommen und ist davongerannt. Das musst du gewesen sein. Kelso und ich haben nicht lange gefackelt. Sobald er außer Hörweite war, sprangen wir auf, stolperten ein Stück den Fluss entlang, und als wir nicht mehr konnten, sprangen wir ins Wasser und ließen uns nach Süden treiben. Wir krochen erst wieder heraus, als wir zu ertrinken drohten.«
    Jack sah den gespenstischen Ausdruck in seinem Gesicht, während Merritt diese Geschichte erzählte, und wusste, der Fluch des Wendigos hing noch immer über Merritts Seele wie eine Gewitterwolke.
    Er sah sich um, wer eventuell mithören könnte, doch der große Kerl hatte schon so oft von Ungeheuern erzählt, dass keiner ihm mehr zuhörte.
    »Kelso verließ Dawson noch am selben Tag, als wir ankamen«, fuhr Merritt zögernd fort. »Aber ich …«
    »Der Wendigo ist tot, Merritt.«
    Hal, der die Geschichte schon kannte, nickte.
    »Wie?«, wollte Merritt wissen.
    »Ich hab ihn getötet. Er ist nichts als Staub und Knochen, mein Freund.«
    Merritt blickte ihm forschend in die Augen. Und als er endlich überzeugt war, dass Jack die Wahrheit gesagt hatte, stieß er einen tiefen Seufzer aus und lächelte sogar. »Du hast sicher eine Mordsgeschichte zu erzählen, nehme ich an.«
    Jack schüttelte den Kopf. »Wenn’s recht ist, würde ich lieber nicht darüber sprechen.«
    Merritt runzelte die Stirn und nickte. »Das verstehe ichvollkommen. Ich wäre froh, wenn ich nie wieder darüber sprechen müsste.«
    »Dann lasssen wir das auch.«
    Sie mussten nicht darauf einschlagen. Ein Blick und ein Nicken waren genug. Dieses Kapitel ihres Lebens hatten sie hinter sich bringen müssen. Damit war der Wendigo endlich und endgültig begraben.
    Mittlerweile füllte sich die Kneipe, und der Lärmpegel stieg, sodass sie sich nicht länger unterhalten konnten, ohne zu schreien. Rauch vernebelte den Raum, zwei Frauen begannen wegen einem heruntergekommen Mann, der hoffentlich nicht so übel roch, wie er aussah, zu zanken und zu keifen.
    »Ich habe dafür gesorgt, dass wir im Hotel essen können«, erklärte Jack seinen Freunden. »Der Wirt freut sich auf uns. Ich schlage vor, wir ziehen uns dorthin zurück, da ist es etwas ruhiger. Das Essen ist nicht wirklich besser als der Fraß in dieser Bruchbude, aber wenigstens wird er uns anstatt Kaninchen kein Rattenfleisch unterjubeln.«
    »Da ist was dran, muss ich sagen«, gab Merritt zu. Er schob seinen Stuhl zurück und erhob sich gerade, als er wie angewurzelt stehen blieb und durch den dichten Rauch auf das Gedränge in der Kneipe starrte.
    Jack folgt seinem Blick, und sein Herz sank ihm in die Hose.
    Drei Tische weiter kippte der Mann,

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