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Die Wildnis

Die Wildnis

Titel: Die Wildnis
Autoren: Chris Golden , Tim Lebbon
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verzichtet, sie heute Morgen umzuschnallen, doch dann hatte er beschlossen, sieund die anderen Waffen, die er im Lager gefunden hatte, auf der Heimreise stets bei sich zu tragen. Es war ihm schon unangenehm genug, die beiden Satteltaschen im Hotelzimmer zu lassen. Er hatte keinem ein Sterbenswörtchen über das Gold gesagt, nicht einmal Hal gestern Abend, aber hier in Dawson waren einige so gierig nach Gold, dass sie es wahrscheinlich riechen konnten.
    »Es tut mir ehrlich leid«, sagte Dowd mit einem Blick auf die Revolver. »Aber so wie Ihr Freund Sloper geredet hat und bei allem, was man so erzählt, was da oben passiert sein soll … und Sie waren so lange verschollen …«
    »Ich will offen reden, Sir«, unterbrach ihn Jack. »Ich bin kein Anfänger in Sachen Blutvergießen. Ich könnte Sie auf die unterschiedlichste Art verletzen oder umbringen, allein mit den Gegenständen in diesem Raum oder mit den Waffen, die ich trage.«
    Dowd schluckte, leckte sich die Lippen und schüttelte in einer stumm und flehentlichen Bitte den Kopf. Damals im Frühling, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, hätte der Mann vermutlich gelacht und ihn hochkant rausgeworfen oder hätte es zumindest versucht. An diesem Morgen wagte er es jedoch nicht.
    »Kommen Sie, Mr. London …«
    Jack lachte. Mister London, ganz recht, obwohl er noch lange keine zwanzig war. Sein Lachen musste sich irgendwie bedrohlich angehört haben, denn Dowd ließ seine Post fallen und ging hinter dem dunklen Holztisch zwischen ihnen in Deckung.
    »Ich habe nachgedacht, Dowd. Ich hab schon genug Blutvergießen und Ärger erlebt, Sie können also aufatmen.«
    Der Mann blinzelte misstrauisch, immer noch auf der Hut.
    »Ganz ehrlich«, versicherte Jack. »Ich hab weder Zeit noch Lust, Sie so zu vermöbeln, wie Sie’s verdient hätten, oder auch nur mich mit Ihnen zu streiten, wie lange Sie unsere Sachen hätten einlagern sollen. Meine Freunde und ich haben Sie dafür bezahlt, unsere Sachen aufzubewahren. Stattdessen haben Sie sie verscherbelt. Ich verstehe, warum Sie’s getan haben und kann’s Ihnen nicht wirklich übel nehmen. Aber entschuldigen kann ich es trotzdem nicht.«
    Dowd schien endlich zu begreifen, dass ihm keine unmittelbare Gefahr drohte, und nickte zustimmend. »Ganz Ihrer Meinung. Und ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie leid es mir tut. Wenn ich das Geld noch hätte, würde ich Ihnen jeden Penny davon zurückzahlen, aber ich habe alles in die Hotelrenovierung gesteckt.«
    Jack hob eine Augenbraue und sah sich um. Wenn an diesem klapprigen, baufälligen, heruntergekommenen Etablissement irgendwas renoviert worden war, war es jedenfalls nicht ersichtlich. Aber, egal …
    »Ich fahre nach Hause«, verkündete Jack, und diese Worte hörten sich irgendwie seltsam und wundervoll ungewohnt an. »Sie sind sicher froh, wenn ich weg bin, also wollen wir das so schnell wie möglich in die Wege leiten. In den nächsten Tagen werde ich einige Läden aufsuchen, um die Sachen zu besorgen, die ich für den Weg nach Skagway brauche.«
    »Selbstverständlich«, meinte Dowd.
    Jack lächelte. »Und Sie werden alles bezahlen.«
    Dowd verzog das Gesicht und schien einen Moment lang protestieren zu wollen.
    »Die Kosten werden viel geringer sein als Ihr Erlös vom Verkauf meiner Sachen«, erklärte Jack. »Und je schneller ich aus Dawson verschwinde, desto eher können Sie aufatmen.«
    Jetzt lächelte Dowd sogar. »Stimmt.«
    »Also abgemacht?«
    Dowd streckte seine Hand aus und wollte einschlagen. Aber Jack würdigte sie keines Blickes.
    »Nicht so hastig. Außerdem wäre da noch meine Zimmerrechnung.«
    Da er nun hoffte, Jack bald los zu sein, ohne Schusswunden oder sonstige ernsthafte Verletzungen davonzutragen – und bei einem ordentlichen Gewinn unterm Strich –, stand der Mann aufrechter und wirkte beinahe großzügig.
    »Natürlich, Jack, keine Frage. Wenn Sie nur ein paar Tage bleiben wollen, geht der Aufenthalt und die Verpflegung natürlich aufs Haus. Das ist doch das Mindeste.«
    »Stimmt,« pflichtete Jack ihm bei. »Aber Sie werden Merritt Slopers Rechnung auch streichen.«
    Dowd wurde bleich. »Für wie lange denn?«
    »Hat er bis heute bezahlt?«
    »Bis Freitag«, antwortete Dowd.
    Jack atmete tief durch. Er hatte keine Ahnung, ob heute Sonntag oder Donnerstag war. Aber das wollte er natürlich nicht zugeben.
    »Er bezahlt keinen Cent mehr, bis ich Dawson verlasse. Weder für Essen, noch Trinken, noch Schlafen. Nicht mal, wenn Sie ihm die Schuhe
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