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Die Löwen

Die Löwen

Titel: Die Löwen
Autoren: Ken Follett
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1
     

     
    1981
     
     
    DIE MÄNNER, DIE Ahmet Yilmaz töten wollten, waren Leute, die es bitterernst meinten.
    Es handelte sich um türkische Studenten, die in Paris im Exil lebten, und sie hatten bereits einen Attaché an der türkischen Botschaft ermordet und das Haus eines hohen Angestellten der Turkish Airlines mit Feuerbomben belegt. Yilmaz suchten sie sich als nächstes Opfer aus, weil er, ein reicher Mann, die Militärdiktatur unterstützte und – Bequemerweise – in Paris wohnte.
    Sein Haus und sein Büro wurden gut bewacht, und seine Mercedes-Limousine war gepanzert, doch jeder Mann hat eine Schwäche, meinten die Studenten, und diese Schwäche ist für gewöhnlich Sex. Bei Yilmaz hatten sie damit recht . Nach einigen Wochen eher flüchtigen Observierens waren sie im Bilde: Zwei-oder dreimal wöchentlich pflegte Yilmaz des Abends sein Haus zu verlassen, um in dem Renault-Kombi, den seine Bediensteten zum Einkaufen benutzten, zu einer Nebenstraße im 15. Distrikt zu fahren und dort eine schöne junge Türkin zu besuchen, die ihn liebte.
    Die Studenten beschlossen, im Renault eine Bombe unterzubringen, während Yilmaz anderweitig beschäftigt war.
    Woher sie den Sprengstoff bekommen konnten, wussten sie: von Pepe Gozzi, einem der vielen Söhne des korsischen Paten Meme Gozzi. Pepe war Waffenhändler. Er verkaufte an jeden, zog jedoch politische Kunden vor, »weil« – wie er fröhlich einräumte – »Idealisten höhere Preise zahlen«. Er hatte den türkischen Studenten auch bei ihren beiden ersten Attentaten geholfen.
    Allerdings hatte der Autobombenplan einen Haken. Zwar fuhr Yilmaz für gewöhnlich allein wieder nach Hause - aber es gab Ausnahmen. Manchmal führte er sein Mädchen zum Diner aus. Oft fuhr sie selbst im Renault davon und kehrte dann eine halbe Stunde später zurück mit Brot, Obst, Käse und Wein, augenscheinlich für eine gemütliche Mahlzeit.
    Mitunter lieh sie sich das Auto für ein oder zwei Tage aus, und Yilmaz fuhr in einem Taxi nach Hause. Die Studenten waren, wie alle Terroristen, Romantiker und scheuten sich, den Tod einer schönen Frau in Kauf zu nehmen, deren einziges › Verbrechen ‹ darin bestand, einen Mann zu lieben, der ihrer nicht würdig war.
    Sie diskutierten dieses Problem auf demokratische Weise. Über Beschlüsse wurde abgestimmt, einen anerkannten Führer gab es nicht; doch war unter ihnen einer, dessen starke Persönlichkeit ihn dominieren ließ. Er hieß Rahmi Coskun, und er war ein gut aussehender , leidenschaftlicher junger Mann mit einem buschigen Schnurrbart und einem gewissen, gleichsam ruhmsüchtigen Glanz in den Augen. Dank seiner Energie und seiner Entschlossenheit waren die ersten beiden Projekte allen Problemen und Risiken zum Trotz durchgeführt worden. Rahmi schlug vor, einen Bombenexperten zu befragen.
    Zuerst missfiel den anderen dieser Gedanke. Wem man denn da vertrauen könne, wollten sie wissen. Rahmi schlug Ellis Thaler vor, einen Amerikaner, der sich selbst als Dichter bezeichnete, seine Brötchen jedoch mit Englischunterricht verdiente. Seine Kenntnisse über Sprengstoff hatte er als Wehrpflichtiger in Vietnam erworben. Rahmi kannte ihn seit etwa einem Jahr: Sie hatten beide für ein kurzlebiges Revolutionsblatt namens Chaos gearbeitet und außerdem eine Dichterlesung veranstaltet, um Geld für die Palästinensische Befreiungsorganisation zu sammeln. Ellis Thaler schien Rahmis Zorn über das, was in der Türkei geschah, zu verstehen, auch seinen Hass gegen die dafür verantwortlichen Barbaren. Einige der anderen Studenten kannten Ellis flüchtig: Er hatte bei mehreren Demonstrationen mitgemacht, und sie hatten angenommen, er sei ein Student im höheren Semester oder ein junger Professor. Dennoch widerstrebte es ihnen, einen Nichttürken zu beteiligen; Rahmi beharrte allerdings auf seinem Standpunkt, und am Ende gaben sie nach.
    Ellis hatte die Lösung für ihr Problem sofort parat. Die Explosion müsse per Funk ausgelöst werden, erklärte er. Rahmi könne an einem Fenster vis-à-vis des betreffenden Appartements sitzen oder in einem am Straßenrand geparkten Auto, um den Renault im Auge zu behalten. In der Hand würde er einen kleinen Radiosender halten, nicht größer als ein Zigarettenpäckchen - so ein Ding, wie man es benutzt, um ein Garagentor elektronisch zu öffnen. Stieg Yilmaz allein in das Auto, konnte Rahmi die Bombe per Funksignal aktivieren, sodass sie dann beim Anlassen des Motors explodierte. Stieg jedoch das Mädchen ein,
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