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Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Titel: Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)
Autoren: Thomas Schmid
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Sie goss den letzten Rest Milch aus dem Topf in die noch leere Tasse. Dann nahm sie das Honiggefäß und löffelte wie Fanni neulich, als Lilli und Ole in der Unwetternacht hier Unterschlupf gefunden hatten, Honig in alle vier Milchtassen.
    Enya und Fanni kamen zurück in die Stube. Lilli verteilte schweigend die Tassen. In Fannis Kleidern hockte Enya sich vor den Ofen und schlürfte die süße Milch in kleinen Schlucken. Fanni war kaum größer als Enya, die abgewetzte Kordhose und das karierte Hemd der alten Frau passten ihr wie angegossen.
    »Die alten Sachen kannst du auf der Haderdorfer-Alm lassen«, sagte Fanni. Dann tranken alle schweigend ihre Tassen leer.
    Enyas Wangen und Arme waren mit Kratzern übersät, aber es waren nur Schürfwunden. Erst jetzt wurde Lilli so richtig bewusst, wie viel Glück Enya gehabt hatte. Sie hätte tot sein können. Tot wie Antonio Kofler. Lillis Blick wanderte zum Foto an der Wand, je länger sie es ansah, desto heftiger hämmerte ihr Herz. In der einen Hand hielt sie noch immer ihre leere Tasse, mit der anderen umklammerte sie den Ring in ihrer Hosentasche.
    Enyas und Oles Augen ruhten abwartend auf Lilli. Lilli wusste, weshalb. Sie verspürte die gleiche Ungeduld, aber auch die Last der Verantwortung. Fast verzweifelt suchte sie nach den richtigen Worten. »Frau Schrader?«, fing sie an.
    Fanni wandte ihr den Kopf zu.
    Lillis Zunge klebte am Gaumen. Sie stellte die Tasse beiseite. »Wir haben etwas gefunden, das Antonio vor langer Zeit verloren hat.« Langsam zog sie ihre Faust aus der Hosentasche und öffnete sie.
    Ungläubig betrachtete Fanni den Ring auf Lillis Handfläche. Dann aber wurde das Gesicht der kleinen Frau hart und verschlossen. »Ich bin zu alt und zu müde für eure Spielchen«, sagte sie bitter.
    »Hier steht Ihr Name!«, rief Lilli vor Aufregung viel zu laut. »Franziska!« Sie streckte Fanni den Ring entgegen.
    »Den habt ihr aus dem Souvenirladen in Hochdorf.« Kopfschüttelnd drehte Fanni sich weg und ging hinaus.
    »Nein, wir haben ihn im Wald gefunden«, widersprach Lilli und lief ihr nach. »Südlich vom Falkenturm!«
    Ein paar Schritte entfernt stand Fanni mit dem Rücken zur Hütte. Neben Lilli erschienen Ole und Enya. Ole hatte das in Butterbrotpapier gewickelte Bündel dabei.
    Noch immer hielt Lilli den Ring in ihrer Hand.
    Ole wickelte die Überreste des vermoderten Rucksacks aus dem Papier und breitete sie auf der Holzbank aus. »Frau Schrader, wir haben auch seinen Rucksack gefunden.«
    Fanni stand noch immer mit dem Rücken zu ihnen. Bis Enya sie herumdrehte und wie ein kleines Kind näher an die Bank führte. Fassungslos starrte die alte Frau auf die Stofffetzen und Lederriemen. Sie ging auf die Knie, berührte das rostige Messer und weinte.
    »Antonio hat Sie nicht im Stich gelassen«, sagte Lilli leise und legte den Ring zu den Sachen.
    Dann brachen Lilli, Ole und Enya schweigend auf.

    Als sie auf der Hadersdorfer-Alm eintrafen, huschten Lilli, Ole und Enya, von Giulia oder Gelatino unbemerkt, zu den anderen Bandenkids in den Stall. Very und Mitch kehrten gerade Mist aus einer der leeren Boxen.
    »Habt ihr auch bei Erik Entwarnung gegeben?«, erkundigte sich Ole. Mit seinem Funkspruch von der Schraderhütte aus hatte er nur Mitch und Little erreicht.
    Little kippte eine Schaufel Mist auf die Schubkarre. »Ich bin so weit Richtung Staigerhof abgestiegen, bis ich Funkkontakt zu ihm hatte!« Mit gerümpfter Nase schob er die Schubkarre Richtung Stalltür, durch die Gelatino einen Strohballen hereinschleifte.
    Als wären sie überhaupt nicht weg gewesen, fingen auch Ole, Lilli und Enya an, Mist zu schaufeln. Mitch und Very verteilten unterdessen das Stroh in den schon gesäuberten Boxen.
    Pfeifend verschwand Gelatino wieder Richtung Heustadel.
    »Zum Glück hat er nichts gemerkt!«, sagte Enya erleichtert und hielt mit spitzen Fingern ihre karierten Kragenzipfel hoch.
    »Und wo ist Giulia?«, fragte Lilli. »Die sieht doch sofort, dass Enya fremde Klamotten anhat und überall Kratzer im Gesicht!«
    »Mein Schwesterherz ist in ihrer Kammer und schreibt an ihrer Seminararbeit!« Bob malte unsichtbare Anführungszeichen in die Luft. »In Wahrheit …« Sie legte den Kopf auf die gefalteten Hände und schnarchte.
    Während Ole und Lilli den anderen Bandenkids bei der Stallarbeit halfen, schlich Enya sich rasch auf den Dachboden, zog sich um und stieß gleich darauf in ihren eigenen Kleidern wieder zu den anderen. »Wo ist eigentlich Erik?«
    »Noch
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