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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman
Autoren: Heyne
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glitzerte zwischen seinem dichten Haar auf.
    »Sei willkommen, Teia.« Er deutete auf die Kissen neben sich. »Bitte setz dich zu mir.«
    »Mein Häuptling.«
    Teia senkte sittsam den Blick, ließ sich auf einem der Kissen nieder und ergriff den Pokal mit Wein, den er ihr reichte. Sie nahm einen Schluck, um sich Mut anzutrinken, und hätte beinahe husten müssen, als das saure Zeug in ihrer Kehle kratzte.
    »Möchtest du etwas zu essen haben?« Drwyn deutete auf eine Schale mit erlesenen Köstlichkeiten.
    Bei dem pikanten Geruch drehte sich ihr fast der Magen um, aber sie wagte es nicht, sein Angebot abzulehnen. »Ihr seid sehr freundlich.«
    Er füllte einen Teller für sie, wobei seine großen Hände ungeschickt mit der Gabel umgingen, und gab ihn ihr. Sie nahm ihn und war entsetzt, wie viel er ihr aufgefüllt hatte. Teia kostete von allem, aber ihr Mund war so trocken, dass sie noch mehr Wein brauchte, um Brot und Fleisch hinunterzuspülen. Währenddessen beobachtete Drwyn sie. Seine Augen wanderten über die Rundungen ihres Körpers und blieben an den Brüsten und schließlich an den Schenkeln hängen. Sein Blick war genauso aufdringlich, wie es eine Berührung gewesen wäre.
    Teia gelang es, noch einen Bissen Brot zu nehmen, dann stellte sie den Teller beiseite.
    »Schmeckt es dir nicht?«, fragte Drwyn.
    »Doch, aber ich bin nicht sehr hungrig.«
    »Aha.«
    Er beobachtete sie weiter, als sie an ihrem Wein nippte. Teia fühlte sich unwohl. Ihr war zu heiß, und trotz des langen Unterhemdes kratzte das neue Wollkleid, das Ytha ihr gegeben hatte, an den Schenkeln.
    Um sich abzulenken, sah sie sich im Zelt um und tat so, als würde sie die Möbel bewundern, aber die Übelkeit wich nicht von ihr. Die dicken Wandbehänge, die die Farbe eines Schlachterkübels hatten, sowie die Felle zu ihren Füßen riefen in ihr das Gefühl hervor, in der Höhle einer Felsenkatze zu sein.
    Ein Lichtblitz erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie schaute auf und stellte verblüfft fest, dass ihr eigenes Spiegelbild sie von einem Gegenstand am Zeltpfosten aus ansah. »Was ist das?« Sie deutete darauf.
    Sofort sprang Drwyn auf und holte den Gegenstand für sie. »Das ist ein Glasspiegel.«
    »So etwas habe ich noch nie gesehen.«
    Der Glasspiegel war nicht größer als ihre Handfläche und befand sich in einem reich verzierten Metallrahmen. Sie starrte ihr eigenes Bild an. Es war viel klarer als in Ythas polierter Bronze. Sie erkannte die Sommersprossen, die ihre Haut sprenkelten, und die Farbe ihrer Augen – blau wie das Muster in den Schwingen eines Hähers. Sie war blasser, als es in ihrem Clan üblich war, aber sie hatte nicht gewusst, wie blass sie tatsächlich war. Selbst ihr Spiegelbild im Wasser bei einer ihrer Visionen war nicht mit dem hier zu vergleichen.
    »Woher stammt das?«
    »Ich glaube, aus der Gegend südlich der Berge. Ich habe es unter den Sachen meines Vaters gefunden. Magst du es?«, fragte er. Sie nickte. »Dann behalte es. Es gehört dir.«
    Sie drehte sich um und wollte ihm danken. Dabei bemerkte sie, dass er auf den Kissen näher an sie herangerückt war. Der Arm, auf den er sich stützte, befand sich nun hinter ihrem Rücken, und er hatte die freie Hand auf seinen Schenkel gelegt, der nur noch wenige Zoll von dem ihren entfernt war. Obwohl Drwyn kaum eine Handspanne größer war als sie, empfand sie seine stämmige Statur und seine Nähe als einschüchternd. Sie berührte den Spiegel und versuchte sich von dem verschlungenen Zierwerk des Rahmens beeindrucken zu lassen, doch sie wusste genau, was geschehen würde. Sie wusste es, seit Ytha sie in feine neue Kleider gesteckt hatte. Es gab nur einen einzigen Grund, warum der neue Häuptling die Bettgenossin des alten Häuptlings zu sich rief. Er wollte dafür sorgen, dass er einen möglicherweise bereits gezeugten Nachkommen als seinen eigenen ausgeben konnte. Und Drwyn wusste, dass sie es wusste. Dennoch tat ihr Herz vor Schreck einen Sprung, als er ihr den Spiegel wegnahm und ihn beiseitewarf.
    »Teia.« Er ergriff ihre Hand. Sein Atem traf heiß auf ihre Wange und roch nach Wein. »Ich verstehe, warum mein Vater dich erwählt hat. Du bist sehr schön.«
    Er versuchte ihre Wange zu küssen, aber ihre Haare kamen ihm dazwischen. Also ließ er ihre Hand los und drehte ihr Gesicht zu sich hin. Der Blick seiner dunklen Augen war durchdringender denn je. Bevor sie Luft holen konnte, hatte er sie an sich gezogen und seinen Mund auf den Ihren gedrückt. Zuerst versuchte sie
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