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Die Wiederkehrer

Die Wiederkehrer

Titel: Die Wiederkehrer
Autoren: Kooky Rooster
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nochmal hundert Jahre und nochmal hundert Jahre, mit dir an meiner Seite“, erklärte er trotzig. Bernds Augen glänzten und eine einzelne Perle hielt sich an den Wimpern fest.
    „Das lässt sich sicher machen. Irgendwie lässt sich das machen.“ Sie lachten, küssten sich, dann schloss sich die Tür zwischen ihnen.
    Niko wischte Tränen von seinen Wangen, als er ins Auto stieg um sich auf den Weg zu machen.
    ***
    Es war ein schöner Sommertag und auf der Autobahn mäßig viel los. Es würde alles gut werden, bestimmt würde alles gut werden. Niko fühlte sich großartig, denn er hatte ein tolles Leben mit einem tollen Mann und einen tollen Beruf. Es stimmte nicht, dass man ein gutes Privatleben mit Misserfolg im Beruf bezahlen musste und umgekehrt. Sowohl er als auch Bernd kamen in ihren Karrieren gut voran. Sie strebten nicht den großen Erfolg an, sondern einfach nur in dem gut zu sein, was sie gerne machten – und das gelang ihnen. Auch privat. Sie hatten in den vergangenen, gemeinsamen zehn Jahren vieles gemacht, das sie in ihrem ersten Leben versäumt hatten. Niko hatte das Meer gesehen, er war in Prag gewesen und vielen anderen tollen Städten. Sie waren Fallschirmspringen, Wildwasserrafting, Klettern, hatten sogar Golf gespielt – wenn auch nur einmal, um festzustellen, dass es ihnen nicht gefiel. Wie manches andere auch, aber sie wollten alles zumindest einmal versuchen. Niko ließ sich sogar dazu überreden, Opern anzusehen, Bernd dagegen lernte Nikos Vorliebe für schräge Filme zu mögen. Sie campten, wanderten, liehen sich Motorräder für eine ausgiebige Tour durch Europa, molken Kühe auf einem Bauernhof und sie machten sogar mal so ein Krimi-Dinner mit. Bernd hatte recht. Nikos Leben war so ganz anders geworden, es gab keinen Grund, sich Sorgen zu machen.
    Niko drehte die Musik lauter. Im Radio spielte der Song '
I will survive'
. Niko musste lachen und daran denken, wie er mit Bernds Unterhosen auf dem Gesicht auf dem Balkon dazu getanzt und gegrölt hatte. Er sang mit, ließ einen kurzen Blick über die umliegenden Felder schweifen und entdeckte plötzlich eine Wespe, die auf seinem Handrücken saß. Scheiße! Vor Schreck ließ er einen Schrei los, fuchtelte mit der Hand und verriss das Lenkrad. Das Auto schleuderte gefährlich, aber er konnte es gerade noch abfangen. Andere Verkehrsteilnehmer hupten ihn an und zeigte ihm den Mittelfinger, als sie an ihm vorbeifuhren. Da brummte die Wespe direkt an Nikos Ohr vorbei. Wieder zuckte Niko im Reflex, duckte sich, wechselte halb die Spur. Ein Monster-LKW hinter ihm hupte drohend. Das Scheißviech musste hier raus! Niko lenkte auf den Pannenstreifen und öffnete die Fenster. Er tastete nach dem Zulassungsschein, um das Insekt damit zu vertreiben oder nötigenfalls zu erschlagen. Im Seitenspiegel sah Niko gerade noch, wie ein LKW ausscherte und der Anhänger gefährlich auf den Pannenstreifen schwenkte …
     ***
    „Bernd Strohein?“, fragte die Dame am Telefon, als Bernd abhob. Es war nicht die Lektorin, es war nicht der Verleger und es war nicht Niko, auf dessen Anruf er sehnsüchtig wartete.
    „Ja“, brummte Bernd und setzte sich langsam auf einen Stuhl.
    „Sind Sie mit einem gewissen Nikolaus Scheiffler verwandt oder verschwägert?“, fragte die Frau. Bernd begann zu zittern.
    „Er ist mein Lebensgefährte“, hörte er sich sagen.
    „Ach so … so … mhm … so ist das. Könnten Sie vielleicht einen Verwandten informieren? Herr Scheiffler hatte einen Verkehrsunfall … er … es tut mir leid, er liegt im Koma.“ 

Hundert Jahre und hundert Jahre und noch einmal hundert Jahre an deiner Seite
     
    Bernd saß allein in der Küche und blätterte in der Zeitung. Er war schon vor Stunden aufgestanden – es war draußen noch dunkel gewesen. Er konnte nicht schlafen. Es war eine grässliche Nacht, wie überhaupt die letzten Nächte grässlich waren. Fünfundvierzig. Ein weiteres Mal war er fünfundvierzig geworden. Bernd seufzte, griff nach der Tasse, schlürfte den grauslichen Kaffee und verzog das Gesicht. Fünfundvierzig – und wenn er die wiedergekehrten fünfzehn Jahre hinzu zählte, war er sechzig! Hurra, ein Jubiläum, dachte Bernd zynisch. Aber zählten die Jahre ohne Niko überhaupt?
    Bernd blätterte lustlos weiter und fand einen Artikel über sein neuestes Buch. Lange hatte es gedauert, bis das Thema schwule Literatur in der Presse angekommen war. Naja, ebenso lange wie es gedauert hatte, dass sich die Regierungen getraut hatten,
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