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Die Wiederkehr des gefallenen Engels

Die Wiederkehr des gefallenen Engels

Titel: Die Wiederkehr des gefallenen Engels
Autoren: Rainer Wekwerth
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manchmal das Gefühl, sie umsorgte sie so herzlich, weil sie irgendetwas gutmachen wollte. Nur was das sein sollte, wusste Lara nicht.
    Im Blick ihrer Mutter stand Sehnsucht, als sie leise fragte: »Dann meint ihr …?«
    »Ja«, antworteten beide im Chor.
    Lara erhob sich und umarmte ihre Mutter. »Ich freue mich für dich. Wann geht es los?«
    »Das ist es ja. Alles geht so schnell. Nächste Woche Dienstag müssten wir fliegen.«
    »Na, ist doch prima«, meinte Lara lächelnd. »Dann bleibt dir nicht genug Zeit zu grübeln.« Sie hob den Zeigefinger. »Und wehe, du überlegst es dir zwischenzeitlich anders.«
    Rachel nahm eine Locke zwischen die Finger und begann, sie zu drehen. »Ich bin so aufregt. Mir ist richtig schwummerig. Was soll ich bloß mitnehmen? Ich habe überhaupt nichts zum Anziehen.«
    »Da findet sich schon etwas«, tröstete Lara.
    »Was, wenn er mich langweilig findet und ich alles vermassele?«
    »Mama, sei einfach so, wie du bist, und alles wird gut.«
    »Meinst du wirklich?«
    Lara lachte laut auf. »Du kannst gar nichts falsch machen.«
    Sie erhob ihr Wasserglas und alle stießen miteinander an.
    »Auf Florida.«
     
    Später, als Lara im Bett lag und las, klopfte ihre Mutter zaghaft an die Tür.
    »Komm rein«, rief Lara.
    »Störe ich dich?«
    Lara legte das Buch beiseite. »Nein, ist schon gut.«
    Ihre Mutter setzte sich zu ihr auf die Bettkante. »Bei all der Aufregung um meine Reise habe ich vergessen, dich zu fragen, wie dein Tag war.«
    Lara zögerte. »War okay.«
    »Ist etwas vorgefallen?«
    »Ben.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Er hat heute Morgen vor der Schule auf mich gewartet. Es ist ziemlich eindeutig, dass er wieder etwas von mir will.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Ja, er hat eine Weile herumgedruckst, mich aber schließlich gefragt, ob wir uns treffen können.«
    »Und du? Was willst du, Lara?«
    »Ich weiß es nicht«, seufzte Lara. »Er hat mir sehr wehgetan, aber ich empfinde einfach immer noch etwas für ihn. Wenn ich ihn sehe, wird mir schwindelig und es schmerzt. Hier, verstehst du?« Sie deutete auf ihre Brust.
    »Ja«, sagte Rachel. »Das Gefühl kenne ich. Es ist, als wollte das eigene Herz zerspringen.«
    »Gut ausgedrückt.«
    »Und nun? Wirst du dich mit ihm verabreden?«
    »Ich weiß es einfach nicht, Mama.« Lara spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Was würdest du denn an meiner Stelle machen?«
    »Ach meine Kleine. Ich wünschte, ich wäre ein besserer Ratgeber in Herzensangelegenheiten. Aber ich denke, so wie es jetzt ist, wird diese Wunde in deiner Seele nicht heilen. Du musst erfahren, ob du wirklich, wirklich etwas für diesen Jungen empfindest oder nicht. Dann kannst du wenigstens mit der ganzen Sache abschließen. Also geh und finde es heraus.«
    Lara legte die Arme um den Hals ihrer Mutter.
    »Danke«, sagte sie leise.
    Rachel gab ihr einen Kuss. »Bis morgen.«

3.
    Als Lara über den Schulhof ging, spürte sie seine Blicke in ihrem Rücken. Jetzt war gerade große Pause und sie hatte erwartet, ihn im Hof zu finden, aber als sie ihn so dastehen sah, wurde ihr warm im Magen und jeder Versuch, ihn zu ignorieren, war hoffnungslos.
    Lara nahm ihren ganzen Mut zusammen, blieb stehen, seufzte und wandte sich um. Seit dem Gespräch vor zwei Tagen waren sie sich nicht mehr begegnet, aber nun fühlte sie, dass sie mit jedem weiteren Ausweichen ihre Entscheidung nur unnötig vor sich herschob.
    Ben hatte bisher mit dem Rücken an der Mauer des Hofs gelehnt, doch als er sah, dass sie auf ihn zukam, löste er sich davon und ging ihr entgegen. Kurz vor ihr blieb er stehen und sah sie ruhig an.
    »Hast du über meinen Vorschlag nachgedacht?«, fragte er vorsichtig. Eine Haarsträhne fiel über das linke Auge und ließ ihn verwundbar aussehen. Lara holte tief Luft. Ihr Seufzer war diesmal unhörbar.
    »Ja, ich würde mich gern mit dir treffen.«
    »Prima, das freut mich.«
    »Aber es gilt, ein paar Sachen klarzustellen.«
    Er hob überrascht die Augenbrauen, sagte aber nichts. »Wenn wir uns treffen …«, fuhr Lara fort, »heißt das nicht automatisch, dass auch etwas läuft. Das sollte dir klar sein.«
    Er lächelte. »Okay, mach dir keine Sorgen. Ich will nur Zeit mit dir verbringen. Alles andere ergibt sich oder auch nicht, darüber mache ich mir jetzt keine Gedanken.«
    Hat er sich wirklich so verändert?, dachte Lara. Er wirkt so viel reifer als noch vor wenigen Wochen.
    »Ach ja, und wenn wir schon dabei sind: Gibt es
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