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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns
Autoren: Alan Weisman
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Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Analytiker des Weltbevölkerungsprogramms, berechnet, was geschehen würde, wenn alle gebärfähigen Frauen von nun an nur noch ein Kind bekämen (2004 lag die durchschnittliche Fertilität bei 2,6 Kindern pro Frau; nach dem mittleren Szenario ginge diese Zahl bis 2050 auf rund zwei Kinder zurück).
    Begönne das, aus welchen Gründen auch immer, schon morgen, fiele die gegenwärtige Weltbevölkerung von 6,5 Milliarden Menschen bis zur Mitte des Jahrhunderts um eine Milliarde. (Wenn wir weitermachen, wie hochgerechnet, klettert sie auf neun Milliarden Menschen.) Von diesem Punkt an würde sich, bliebe es bei der Maßgabe ein Kind pro Mutter, das Leben auf der Erde für alle Arten grundlegend verändern. Infolge natürlichen Schwunds würde sich die Weltbevölkerung deutlich reduzieren. 2075 wäre sie um die Hälfte zurückgegangen und läge bei 3,43 Milliarden. Unser Einfluss wäre noch weit stärker geschrumpft, weil vieles von dem, was wir tun, durch die Kettenreaktion verstärkt wird, die wir im Ökosystem auslösen.
    Im Jahr 2100, in noch nicht einmal hundert Jahren, gäbe es nur noch 1,6 Milliarden Menschen: der Stand, den wir im 19. Jahrhundert hatten, kurz bevor die Quantensprünge in der Energieversorgung, Medizin und Nahrungsmittelproduktion die Zahl ein erstes und dann noch ein zweites Mal verdoppelten. Damals erschienen diese Entdeckungen der Menschheit wie Wunder. Heute werden sie, wie alle guten Sachen, die man im Übermaß genießt, zur Gefahr für uns.
    Bei solchen weit übersichtlicheren Bevölkerungszahlen hätten wir die Möglichkeit, unsere zivilisatorischen Errungenschaften zu nutzen und unsere Anwesenheit hier auf Erden durch kluge Maßnahmen zu steuern. Diese Klugheit wäre teils das bittere Ergebnis unwiederbringlichen Artenverlustes, teils aber auch die beglückende Konsequenz einer Welt, die sich täglich zu ihrem Vorteil veränderte. Die Beweise müsste man nicht mühsam aus Statistiken herauslesen. Jeder Blick aus dem Fenster würde sie zeigen, jeder Morgen, der mehr Vogelstimmen in sauberer Luft ertönen ließe.
     
    Wenn wir nichts tun und unsere Zahl, wie hochgerechnet, um eine weitere Hälfte zunimmt, könnte unsere Technik dann noch einmal, wie es ihr eine Zeit lang im 20. Jahrhundert gelang, die Ressourcen strecken? Wir haben bereits von der Roboteroption gehört.
    Der Mikrobiologe Forest Rohwer liegt entspannt an Deck der White Holly und beobachtet die vorbeischwimmenden Haie, während er eine andere Möglichkeit erörtert: »Wir könnten mit Lasern oder anderen Teilchen-Welle-Strahlen Objekte auf ferne Planeten oder in andere Sonnensysteme teleportieren. Das würde viel schneller gehen, als jemanden tatsächlich dorthin zu schicken. Vielleicht könnten wir einen Menschen codieren und ihn irgendwo im All wieder zusammenbauen. Die Biowissenschaften werden vermutlich die Voraussetzungen dafür schaffen. Ob die Physik es leisten wird, weiß ich nicht. Doch im Grunde kommt es nur auf die Biochemie an, daher gibt es keinen Grund, warum wir nicht dazu in der Lage sein sollten. Es sei denn«, räumt er ein, »es gibt tatsächlich so etwas wie den Lebensfunken. Aber wir werden etwas derartiges brauchen, denn es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass wir in einem vernünftigen Zeitrahmen von der Erde fortkommen können.«
    Wenn wir dazu in der Lage wären – irgendwo einen fruchtbaren Planeten finden, der groß genug für uns alle wäre, unsere Körper holografisch klonen und über Lichtjahre hinweg unser Bewusstsein hochladen könnten –, dann würde sich die Erde endlich von uns erholen. Ohne Herbizide könnten die Unkräuter (gelegentlich auch als Artenvielfalt bezeichnet) in unsere Agrarfabriken und riesigen Monokulturen eindringen – in Amerika wäre das eine Zeit lang in erster Linie Kudzu. Irgendwann werden die leer stehenden Häuser und Wolkenkratzer – ohne Gärtner, die versuchen, des wuchernden Krauts Herr zu werden –, lange bevor sie einstürzen bereits unter einer leuchtend grünen, fotosynthetisierenden Decke verschwunden sein.
     
    Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, als wir zunächst die Elektronen und dann auch andere Elementarteilchen des Universums zu manipulieren begannen, war das menschliche Leben einem raschen Wandel unterworfen. Ein Beispiel dafür, wie schnell das alles ging: Noch vor knapp hundert Jahren – bevor Marconi die drahtlose Nachrichtenübermittlung und Edison den Phonographen erfanden – war alle
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