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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns
Autoren: Alan Weisman
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Ausdruck, dass sich alles, ob Atom oder Galaxie, in Zyklen bewegt, auch die Natur in ihrer ständigen Erneuerung – jedenfalls bis jetzt. Wie so viele andere – Hopi, Hindus, Juden, Christen, Parsen – warnt auch der Islam vor einer Endzeit. (Im Judentum heißt es, auch die Zeit werde enden, aber nur Gott wisse, was das bedeute.) »Wir sehen die Zeichen«, sagt Cakmut. »Die Harmonie ist gebrochen. Die Guten sind in der Unterzahl. Es gibt mehr Ungerechtigkeit, Ausbeutung, Korruption, Umweltverschmutzung. Jetzt müssen wir uns den Konsequenzen stellen.«
    Das Szenario ist bekannt: Gut und Böse trennen sich, enden im Himmel beziehungweise der Hölle und alles andere ist zum Untergang verurteilt. Es sei denn, so fügt Abdulhamit Cakmut hinzu, wir können diesen Prozess verlangsamen, die Harmonie wiederherstellen und die Regeneration der Natur beschleunigen.
    »Wir behandeln unseren Körper pfleglich, um länger zu leben. Genauso sollten wir auch mit der Welt umgehen. Wenn wir ihr eine möglichst lange Dauer verleihen, können wir den Jüngsten Tag hinausschieben.«
     
    Können wir das? Für den Fall, dass sich die Verhältnisse nicht bald ändern, rät uns der Gaia-Theoretiker James Lovelock, das Kernwissen der Menschheit in einem Medium, das keine Elektrizität braucht, an den Polen zu sichern. Doch Dave Foreman, Gründer von Earth First!, einer radikalen Umweltorganisation, die sich schon weitgehend von der Vorstellung verabschiedet hat, dass der Mensch noch einen Platz im Ökosystem verdiene, leitet heute das Rewilding Institute, eine Denkfabrik auf der Grundlage von Erhaltungsbiologie und kompromissloser Hoffnung.
    Diese Hoffnung setzt auf die Einrichtung von »Megavernetzungen« – Korridore, die nach dem Willen ihres Planers ganze Kontinente umspannen und die Menschen verpflichten sollen, mit den wild lebenden Tieren zu koexistieren. Allein in Nordamerika hält er mindestens vier dieser Korridore für erforderlich: die Wasserscheide des Kontinents entlang den Rocky Mountains bis nach Mittelamerika, die Atlantik- und die Pazifikküste und den arktischen Norden. In allen würde man die erfolgreichen Raubtiere und die im Pleistozän vernichtete Megafauna wieder heimisch machen, so weit möglich jedenfalls: afrikanische Stellvertreter für Amerikas verschwundene Kamele, Elefanten, Geparden und Löwen.
    Gefährlich? Der Vorteil für die Menschen wäre nach Auffassung von Foreman, dass uns ein Ökosystem, das sich wieder im Gleichgewicht befände, eine Überlebenschance gewährte. Wenn nicht, wird uns das Schwarze Loch, in das wir den Rest der Natur befördern, ebenfalls verschlingen.
    Dieser Plan eint auch Paul Martin, Vater der Clovis-Theorie zum Aussterben der amerikanischen Megafauna, und David Western aus Kenia, der versucht, die Elefanten daran zu hindern, auch noch die letzten von Trockenheit geschwächten Fieberbäume zu vernichten: Schickt uns doch ein paar von euren Rüsseltieren, bittet Martin. Lasst sie wieder Milchorangen, Avocados und andere Früchte und Samen fressen, die so groß sind, weil unsere Megafauna sie einst verdauen konnte.
    Doch der größte Elefant ist symbolischer Art und zeigt sich erst in globaler Perspektive: Alle vier Tage nimmt die Weltbevölkerung um eine Million Menschen zu. Solche Zahlen können wir nicht wirklich erfassen, und sie wachsen unkontrolliert weiter, bis sie über uns zusammenbrechen, wie es bislang bei jeder Art der Fall war, die zu zahlreich für das Raumschiff Erde wurde. So ziemlich die einzige Möglichkeit, das drohende Unheil abzuwenden, besteht darin, abgesehen vom freiwilligen weltweiten Aussterben, zu beweisen, dass es wirklich die Intelligenz ist, die uns von anderen Arten unterscheidet.
    Die intelligente Lösung würde voraussetzen, dass wir den Mut und die Weisheit besitzen, unser Wissen auf die Wirklichkeit anzuwenden. Das wäre in gewisser Weise schmerzlich und traurig, aber nicht verhängnisvoll: Man müsste durchsetzen, dass fortan jede Frau auf dem Planeten nur ein Kind bekommen dürfte.
     
    Das Ergebnis dieser drakonischen Maßnahme wäre, unter Berücksichtigung aller Faktoren, nur schwer vorherzusagen: Weniger Geburten würden beispielsweise die Säuglingssterblichkeit senken, weil alle Ressourcen mobilisiert würden, um die kostbaren Angehörigen der jeweils jüngsten Generation zu schützen. Ausgehend von dem mittleren Szenario für die Lebenserwartung bis 2050 hat Dr. Sergej Scherbow, Forschungsleiter am Institut für Demografie der
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