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Die Weisheit des friedvollen Kriegers

Die Weisheit des friedvollen Kriegers

Titel: Die Weisheit des friedvollen Kriegers
Autoren: Dan Millman
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Erleuchtung verschwinden unsere Probleme zwar nicht, aber unser Verhältnis zu ihnen verändert sich; dann überschatten sie nicht mehr das ganze Leben, sondern werden zu völlig normalen Herausforderungen, wie ein Baum, der auf dem Weg liegt. Wir treten über ihn hinweg, atmen tief durch, schnuppern dabei die Luft und werden gewahr, wie hübsch das Sonnenlicht auf den Blättern schimmert. Unsere Aufmerksamkeit hat sich emporgeschwungen, um dort, wo wir zuvor nur die Inhalte unseres Kopfes umherwirbeln sahen, Schönheit zu erkennen. Jetzt können wir uns über kleine Akte der Freundlichkeit freuen und das Beste aus diesem Leben, dieser Welt machen, egal, wie die Umstände gerade sind. Der Blick richtet sich auf das größere Bild, wir haben den Kopf in den Wolken und die Füße fest auf dem Boden. Vielleicht gibt es nicht mehr als diesen Augenblick. Das ist aber auch genug.
    Der letzte Schlüssel am Ring
    All die Zeit schien vergeudet. Acht verlorene Jahre. Ich saß auf der Treppe und starrte in die Ferne. Auf einmal sammelte sich meine Aufmerksamkeit, und die Berge gewannen ein schwaches Leuchten. Plötzlich wusste ich, was ich zu tun hatte.
     
     
    Im Englischen gibt es das Sprichwort: »Manchmal lässt sich das Schloss erst mit dem letzten Schlüssel am Ring öffnen.« Während meiner langen Suche musste ich es mir oft wieder in Erinnerung rufen. Socrates verstand das Paradox: Ich musste lange suchen, um schließlich zu entdecken, dass ich es schon die ganze Zeit in mir hatte – musste alle Alternativen ausloten, bevor ich schließlich das Offensichtliche erkennen konnte. Wenn wir auf der Reise einen großen Kreis beschreiben, nur um wieder am Ausgangspunkt anzukommen, kehren wir zwar an denselben Ort zurück, allerdings mit dem Unterschied, dass wir auf unserer Reise über den Rand des Kreises hinausgeblickt haben.
    Einen Vorteil haben emotionale Tiefpunkte: Von da an kann es nur noch bergauf gehen. Manchmal müssen wir eben im Dunkeln tappen, bevor wir ans Licht kommen. So saß ich da also auf der Treppe, hatte das Gefühl, nirgends hin und nichts tun zu können, und schaute nur in die Berge. Dann plötzlich klärte sich die Sicht, und ich wusste Bescheid. Es fühlte sich ganz so an, als wären alle meine Reisen nur eine Vorbereitung auf genau diesen Moment gewesen.
    Viele von uns gehen bestimmt manchmal voller Sorgen ins Bett, verunsichert und desorientiert. Dann geben wir auf, schlafen ein oder beten. Am nächsten Morgen
dämmert ein neuer Tag, voller neuer Chancen, und dann wissen wir plötzlich, was wir zu tun haben. Es mag kein leichter Weg sein, aber wir haben ihn deutlich vor Augen.
    In dem Landkreis, in dem ich wohne, führt eine größere Autobahn von Norden nach Süden. Sie ist ziemlich hügelig. Solange ich die nächste Anhöhe noch vor mir habe, kann ich nie erkennen, was dahinter liegt – dann aber ist mit einem Mal alles sonnenklar. So ähnlich ist es auch mit dem Leben. Wenn die Gipfel der Berge noch im Dunst liegen, ist die Zeit noch nicht gekommen, eine Entscheidung zu treffen, dann haben wir den Gipfel noch nicht erreicht. Dann heißt es Geduld bewahren und abwarten, bis sich die Sicht klärt. Und dazu wird es mit Sicherheit irgendwann kommen.
    Entscheidungen werden klarer, wenn wir warten, bis sie getroffen werden müssen – wenn wir den Gipfel erreicht haben, wenn die Zeit zum Handeln gekommen ist. Anderenfalls ist es, als wollten wir entscheiden, welchen Fuß wir zuerst auf die Straße setzen, obwohl noch ein paar hundert Meter Bürgersteig vor uns liegen.
    Ich musste einmal um die ganze Welt reisen, bevor ich nach Hause zurückkehren und meinen nächsten Schritt vor mir sehen konnte – auf mich warteten die Berge und mit ihnen Tod und Wiedergeburt.

Zu Kapitel acht: Die Pforte öffnet sich
    Wartet nicht auf Belehrungen durch andere, nicht auf die Worte der Schriften, die Gesetze der Erleuchtung. Wir werden am Morgen geboren und sterben am Abend; der, den wir gestern noch sahen, ist heute nicht mehr unter uns.
    Bodhin Kjolhede
    Alles verlieren, alles gewinnen
    »Ich habe dir nichts mitzubringen, Socrates. Ich irre noch immer umher. (…) Ich habe dich enttäuscht, und das Leben hat mich enttäuscht. Das Leben hat mir das Herz gebrochen.«
    »Sehr gut!«, jubelte er. »Dein Herz ist endlich aufgebrochen. Erst jetzt erkennst du die leuchtende Pforte in deinem Herzen. Es ist der einzige Ort, wo du nicht gesucht hast. Mach die Augen auf, du bist beinah angekommen!«

    Manchmal müssen wir
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