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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle
Autoren: Nikola Hahn
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zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig sein. Die Ärmel ihres Uniformhemds waren zu lang, die Manschetten über ihre schmalen Handgelenke gerutscht. Die flotte Kurzhaarfrisur passte nicht zu ihrem unsicheren Auftreten. Klaus fragte sich, welcher Teufel sie geritten hatte, zur Polizei zu gehen.
    Jochen Kissel reichte ihr die Hand. „Ich darf mich vorerst von Ihnen verabschieden?“ Er wies auf Michael. „Der Dienstgruppenleiter der Dienstgruppe Dora, Herr Stamm, wird sich um Sie kümmern und Ihnen einen kompetenten Beamten zur Seite stellen, der Sie in die Dienstgeschäfte einweisen wird. Sollten Sie darüber hinaus irgendwelche Fragen haben, scheuen Sie sich nicht, zu mir kommen. Ich werde stets ein offenes Ohr für Ihre Sorgen und Nöte haben.“ Er lächelte ihr zu und verließ den Raum.
    Michael Stamm stand auf. „Am besten kommst du erst mal mit mir auf die Wache, und wir erledigen den ganzen Papierkram.“
    Dagmar Streibel nickte erleichtert. Sie gingen hinaus.
    „Ich werde stets ein offenes Ohr für Ihre Sorgen und Nöte haben“, äffte ein junger Polizist Kissel nach. „Ich möchte wissen, warum die Sesselfurzer um die Weiber immer so ein Geschiss machen! Zu mir hat er vor einem Jahr gesagt: Da ist die Wache! Den Rest erklärt Ihnen der Dienstgruppenleiter.“
    „Vielleicht hättest du dich sorgfältiger schminken sollen, Stampe!“, sagte ein solariumgebräunter Beamter in Klaus’ Alter.
    Alle lachten.
    „Du musst gerade dein Maul aufreißen, Hans-Jürgen“, sagte Stampe gereizt. „Wo du im Umkreis von zehn Kilometern keinem Rock widerstehen kannst!“
    „Die Kleine ist ein bisschen zu dünn für meinen Geschmack“, sagte Hans-Jürgen süffisant. „Aber einen knackigen Hintern hat sie.“
    „Ganz im Gegensatz zu dir“, konterte Stampe und hatte die Lacher auf seiner Seite.
    „Zeit für eine Streife, oder?“, sagte Klaus zu Uli.
    „Seid ihr gar nicht neugierig, wem Michael unsere weibliche Beamtin zuteilt?“, fragte Stampe.
    Hans-Jürgen grinste. „Da unser Herr Kissel etwas von einem kompetenten Beamten erzählt hat, wird es Kollege Winterfeldt kaum treffen.“
    Klaus zog es vor zu schweigen.
    „Ich bin tatsächlich gespannt, mit wem sie fährt“, sagte Uli im Flur.
    Klaus zuckte mit den Schultern. „Das ist mir so egal wie der berühmte Sack Reis in China. Solange Michael nicht auf die Idee kommt, dich als Bärenführer zu reaktivieren.“
    Uli lachte. Viele Jahre lang hatte er junge Beamte ausgebildet, die in die Dienstgruppe versetzt wurden. Mit ihm zusammen hatte Klaus seinen ersten Unfall aufgenommen, seine erste Verfolgungsjagd absolviert und seinen ersten Wohnungseinbrecher festgenommen; nur das Berichteschreiben hatte er sich von anderen abgeschaut. Seit Michael Stamm Dienstgruppenleiter war, gab es keine festen Ausbilder mehr. Klaus war nicht böse darum. Er und Uli bildeten ein eingeschworenes Team. Wenn es sich einrichten ließ, nahmen sie sogar zur gleichen Zeit Urlaub.
    „Ich gehe davon aus, dass sie erst einmal irgendwo als Dritte mitfährt“, sagte Uli.
    „Hoffentlich nicht bei uns“, erwiderte Klaus.
    „Hast du Kollegin Schmidt immer noch nicht verziehen?“
    „Meine Arbeitsfreude leidet beträchtlich, wenn ich nicht mal mehr ungestraft einen harmlosen Witz erzählen darf!“
    „Ich kann mich nicht erinnern, dass deine Witze jemals harmlos gewesen wären, Kollege“, sagte Uli grinsend. „Außerdem hat’s schon der alte Goethe gewusst: Mit Frauen soll man sich nie unterstehen zu scherzen.“
    „Apropos ... Kennst du den Unterschied zwischen einer Blondine und einem Hohlblock?“
    „Wieso? Gibt’s da einen?“
    Lachend betraten sie die Wache. Michael Stamm war dabei, Dagmar Streibel den Funktisch zu erklären. Uli ging zu seinem Aktenfach und zog einen Stapel Papier heraus. Klaus trug eine Präventivstreife in die Statistik ein.
    Dienststellenleiter Kissel kam herein. Sein Gesicht war rot. Er baute sich vor dem Wachtisch auf. „Wer hat zuletzt den Hundewagen gefahren?“
    „Warum?“, fragte Michael.
    Kissel warf ihm den Zündschlüssel zu. „Das Blaulicht ist defekt! Ich will, dass das heute noch repariert wird! Klar?“
    Michael betrachtete interessiert den Schlüssel in seiner Hand. „Das Blaulicht ist defekt? Wie gibt’s denn so was?“
    Klaus griff zu einem x-beliebigen Fahrtenbuch und studierte angestrengt die vormonatliche Benzinabrechnung.
    „Jedesmal, wenn ich die Bremse betätige, blinkt es!“, rief Kissel. „Und das Martinshorn heult auch
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