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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle
Autoren: Nikola Hahn
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saubermachen.“ Er griff nach seiner Jacke und stand auf. „Ich hab ein Date mit Corinna. Tschüss.“
    „Wer ist Corinna?“
    Statt einer Antwort knallte die Wohnungstür.
    Hedi ließ sich auf die Couch fallen und fragte sich, wann sie den entscheidenden Fehler gemacht hatte. Und warum sie es nicht fertigbrachte, ordentlich auf den Tisch zu hauen. Oder einfach ohne Ankündigung für vier Wochen in Urlaub zu fahren. Sie drückte auf die Fernbedienung.
    „Du Arschloch! Du hast’n doch solang’ angebaggert, bisser mit dir in die Kiste gesprungen is!“, schrie eine grell geschminkte Frau in zu kurzem Rock.
    „Das musst du grad sagen, du Schlampe!“, schrie eine noch greller geschminkte Frau zurück. In ihrer oberen Zahnreihe klaffte eine Lücke. „Du hast’s doch bloß nur auf dem seine Knete abgesehn!“
    „Weißt du, was du bist? Du bist doch die allerletzte ...“ Es folgte ein Piepton. „Genau das biste, und sonst nix!“
    „Aber Frau Schäfer“, sagte die Moderatorin milde lächelnd. „Wollen wir nicht lieber versuchen, eine Lösung für Ihr Problem zu finden, anstatt uns gegenseitig zu beschimpfen?“
    Hedi schüttelte den Kopf und schaltete um.
    „Du bist doch viel zu schade für den Typen! Guck dir den doch mal an! Macht den Dicken und hat noch nix geschafft in seinem ganzen Leben!“
    Hedi schaltete um.
    „Wann kapierst du’s endlich? Du bist hässlich! Du bist fett! Du ödest mich an!“
    „Aber wir haben doch ... Ich dachte doch ...“ Der Rest ging in Tränen unter.
    Hedi schaltete den Fernseher aus und wünschte sich, für mindestens ein Jahr mit der Lächelnden Frau zu tauschen.

K APITEL 2
    D as Vierte Polizeirevier der Stadt Offenbach war ein schmuckloser Nachkriegsbau, von dem blassgrüne Farbe abblätterte. In der Toilette neben dem Spindraum im Obergeschoss zeugten schwarze Flecken von den vergeblichen Bemühungen, dem undichten Flachdach mit einem Eimer Teer beizukommen.
    Weil sich Landesregierung und Kommunalpolitiker nicht einigen konnten, ob eine Stadt mit mehr als einhundertzwanzigtausend Einwohnern drei oder vier Polizeireviere benötigte, wurde die Aufnahme des Vierten Reviers in das Modernisierungsprogramm von Jahr zu Jahr verschoben. Immerhin hatte es mit der Einführung der EDV ein paar neue Schreibtische gegeben.
    Dienstgruppenleiter Michael Stamm saß hinter dem Wachtisch und sah Fernschreiben durch, als Klaus um fünf vor sieben in Uniform hereinkam.
    „Kissel will dich sprechen“, sagte er. „Scheint dringend zu sein. Er war schon zweimal hier und hat gefragt, wo du bist.“
    Klaus verdrehte die Augen. „Was Erbaulicheres hast du mir um diese Uhrzeit nicht anzubieten, Chef?“
    Michael grinste. „Um acht tritt unsere neue Kollegin ihren Dienst an.“
    „Wenn sie es mit dem Kinderkriegen so eilig hat wie ihre Vorgängerin, haben wir nicht lange Freude an ihr.“ Klaus verließ den Wachraum. Er ging durch den schummrigen Flur zum Büro des Dienststellenleiters und klopfte.
    „Herein!“, rief eine herrische Stimme.
    Der Erste Polizeihauptkommissar Jochen Kissel saß aufgerichtet hinter seinem fast leeren Schreibtisch. Sein Büro war das größte im Haus und das einzige, das während der vergangenen Jahre frische Farbe gesehen hatte. Die Neonröhren an der Decke verbreiteten ein ungemütliches Licht. Kissel war seit zweiundvierzig Jahren bei der Polizei, seit mehr als siebzehn Jahren Leiter des Vierten Reviers und spätestens seit seinem zwanzigjährigen Dienstjubiläum figurlich außer Form geraten. Er galt als Choleriker. Unter den Schichtdienstbeamten kursierte die Wette, dass eher die Hölle gefröre, als dass Kissel mit einem freundlichen Morgengruß die Wache betrat.
    Er warf Klaus einen strengen Blick zu. „In Ihrem Bericht vom Donnerstag sind Rechtschreibfehler, Winterfeldt!“
    „Mhm“, sagte Klaus. Es war zwecklos, seinem Vorgesetzten zu erklären, dass das nachts um halb vier schon mal vorkommen konnte.
    Kissel zog die oberste Schublade seines Schreibtischs auf und holte drei Blätter heraus. „Ich dulde keine Schlampereien! Sie schreiben das noch mal! Verstanden?“
    Klaus nickte, nahm den Bericht entgegen und verließ das Büro. Er überflog die einzelnen Seiten, zerriss sie und warf die Schnipsel in den Altpapiersack, der neben der Ladekiste im Flur stand.
    „Na? Was war es diesmal?“, fragte Michael, als Klaus in die Wache zurückkam.
    „Zweimal Denn ohne Doppel-n. Unser Dienststellenleiter hält meinen Festnahmebericht vom Donnerstag deshalb
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