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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj
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entfernt war, fuhr etwas aus seiner linken Hand empor wie ein Stab oder eine Lanze, im nächsten Augenblick aber sah man dieses Geländerstück fallen, und hinter ihm Donald, gegen den Katarakt hinab.
    Zdenko hatte ihn fast genau im Augenblicke des Sturzes erkannt, vielleicht sogar an einer ausfahrenden Bewegung, mit welcher der Engländer noch zuletzt auf den übersprühten und feuchten Bohlen das Gleichgewicht wieder hatte gewinnen wollen.
    Sie eilten vorwärts, wurden aber von den Männern bei der Mühlhütte, welche den Abstürzenden gesehen hatten, und nun hinunter blickten, aufgehalten, mit warnend, ja beschwörend erhobenem Zeigefinger, wobei sie immer wieder das gleiche Wort wiederholten (es war der kroatische Ausdruck für ,Vorsicht!‘, also ,posor!‘). Sie zeigten, in der Richtung, aus welcher Donald gekommen war, den stäubenden Abgrund hinab, und hielten Zdenko an den Hüften, als er, sich ein wenig über das Geländer beugend, hinunter sah.
    Dort, nur wenige Meter unterhalb des Steges, der hier über einem flacher geneigten, teils moosbärtig glitschigen, teils zackigen Felsen hinlief, lag Donald auf dem Rücken, oder eigentlich er hing, ohne sich zu regen, denn an irgendetwas mußte er ja über dem Abgrunde hängen geblieben sein. Man sah, wohl nur wenige Handbreiten neben Donald, eine glasglatte Schlange Wassers von der Stärke eines großen Baumstammes vorbeischießen.
    Die Männer waren inzwischen rasch in die Hütte getreten und kamen mit zwei mächtigen Bündeln von Seilen wieder hervor. Sie bedeuteten den beiden Burschen, hinter ihnen zu gehen, und bewegten sich, so schnell es die Vorsicht erlaubte, auf den übersprühten Stegen gegen die Stelle des Unglücks zu.
    In der Tat lag Donald nicht viel mehr als einen Fußbreit neben dem Wasser, dort wo es sich heulend und donnernd in eine Tiefe von neunundzwanzig Metern hinabstürzte.
    Der älteste – nicht der jüngste – von den drei Kroaten legte, nachdem beide Seile in geordneten Schlingen bereit gemacht worden waren, das eine Ende unter seinen Armen durch, und schlug den Knoten, wie man das auch beim Felsklettern zu machen pflegt. Schon saß er am Rande des Steges. Die beiden anderen sicherten das Seil um einen jener senkrechten Pfosten, welche die Joche für den Steg trugen und zum Teil auch das Geländer; dieses allerdings fehlte jetzt auf der Seite des Absturzes von hier an für mehrere Meter. Der Sitzende hatte des zweiten Seiles Ende um seinen linken Arm geknüpft, jedoch locker. Nun ließen sie ihn rutschen, in kleinen Schüben nur. Es galt, den Retter links neben den Ohnmächtigen zu bringen, so daß um diesen das mitgeführte zweite Seil geschlungen und geknotet werden konnte, um ihn dann herauf zu ziehen. Doch wußte man ja nicht, wie und woran der Körper knapp vor dem Abgrunde hängen geblieben war, vielleicht an einer nur geringen Unebenheit. Eine einzige unrichtige Berührung und Bewegung konnte ihn sogleich hinabfahren lassen. Ein Vorteil war darin zu sehen, daß der Rücken auf den Steinen hohl zu liegen schien, und die Arme über den Kopf erhoben und nach rückwärts geworfen waren.
    Nun wirklich hing der alte Bauer knapp neben Donald.
    Zdenko sah zu, von donnerndem Lärme eingehüllt.
    Schon begann er sich daran zu gewöhnen.
    Während der ganzen Aktion blieb vor seinem inneren Auge der verzerrte Umriß Donald’s stehen, als dieser zuletzt versucht hatte, das Gleichgewicht wieder zu gewinnen: an der ausfahrenden und langstieligen Bewegung wirklich hatte er den Engländer erkannt.
    Hier nun, bei fortwährendem übermächtigen Donner und noch ganz unter der Gewalt plötzlich hereingebrochener Vorgänge, setzte der auf dem Stege noch strauchelnde Donald sich zurück in der Zeit, das Bild doppelte sich, und jetzt sah er ihn, wie er dort auf der Straße gestrauchelt war (über irgendeine Obstschale), von ihm und Heribert Wasmut abscheidend, und gleichsam mit einer durch ihn selbst dem Donald zugefügten nicht mehr rückgängig zu machenden Verletzung, und in dieser Weise entlassen auf seine Reise ,in den Vorderen Orient‘ nachdem man ihm noch gesagt hatte, daß Monica, während seines Aufenthaltes in England, in den Park und zu den Tennispartien gekommen war. Und nun hatte er Donald Clayton strauchelnd und stürzend wiedergesehen. Die beiden Bilder klammerten ein, was dazwischen war, und hoben es als ein Ganzes heraus. Und viel nachdrücklicher und unabweisbarer schien dieses vergangen als der M.C., die weiße Nelke in der Vase,
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