Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj
Autoren:
Vom Netzwerk:
lange altbraune Mühlenbekrönung des Abbruches. Links schloß unmittelbar schon der Ort mit seinen Häusern an.
    Sie fanden da einen größeren Einkehrgasthof. Zdenko wünschte die Pferde loszuwerden und versorgt zu sehen. Das war hier möglich. Sofort, beim Anblick der festen und mit Geländern versehenen Stege von Mühle zu Mühle, von Fels zu Fels, zögerte er nicht, den Katarakt zu überschreiten. Er war nicht ängstlich, der Zdenko.
    Auch Ivo nicht. Sie gingen zu den aufgeregten Wassern hinunter und zu der ersten Brücke, die hier ansetzte. Der Bursche sorglich hinter dem jungen Herrn. Das Lärmen und Toben des Wassers wurde bald gewaltig. Hätte man sprechen mögen, wäre es nur schreiend möglich gewesen. Aber sie schwiegen, und achteten wohl, und kamen immer weiter hinaus, schon zur ersten Mühle. Sie war verschlossen. Man stand ja nicht in der Jahreszeit des Getreidemahlens. Die Brücken führten weiter, nicht ganz am Abbruche, sondern von diesem ein Stück zurückgesetzt. Es waren diese Stege so schmal freilich nicht, wie sie von weitem ausgesehen hatten. Da und dort führte der Weg auch, gangbar gehauen und mit anscheinend festem Geländer, über Klippen, welche die Fälle teilten. Zdenko und Ivo gingen bei solchen Stellen lieber auf des Pfades Bergseite, ohne das hölzerne Geländer in Anspruch zu nehmen.
    So näherten sie sich der Mitte der Fälle, ohne daß irgendwer ihnen begegnet wäre. Das Übermächtige an diesem Gange, der drohende Überhang gleichsam, unter welchem er sich vollzog, war die Wucht des Wasserlärmes, der, mochte er immerhin schon beim Passieren der ersten Mühle so angewachsen sein, daß jede Verständigung, außer durch Schreien, bereits ausgeschlossen blieb, bald eine weitaus gewaltigere Stärke erreicht hatte. Hier auch stäubten schon die Wasser allenthalben hoch auf, fielen in Schleiern nässend auf die Stege, unter welchen anderwärts wieder die Strömung in dicken Schlangen zwischen den Mühlen durchschoss, glatt und glashart aussehend infolge ihrer Geschwindigkeit. Der Lärm schien viele Lagen oder Schichten zu haben, höhere und tiefere, Donnern sowohl wie helles Pfauchen, dumpfes Mahlen ebenso wie schneidendes Gespritze; und darunter, als das eigentlich Schrecklichste, war ein ununterbrochenes Heulen hörbar.
    Hier, während Zdenko anhielt, und über die in weißem Schaum und Sonnenglanz sich erstreckende Planei oberhalb der Fälle hinblickte, wurde ihm voll bewußt – und mit ehrlichem, eingestandenem Staunen – daß er sich nicht fürchtete. Und, mehr als das: fast gleichzeitig wußte er auch, warum ihm die Furcht fernblieb. Sie hätte unter diesem Gedröhn sich rühren müssen. So weit kennt sich jeder, weiß, wo die Grenzen seines Mutes oder seiner Nerven sind, sei er jetzt ängstlich oder sei er’s nicht, wie Zdenko. Aber daß er hier so sehr gesammelt spazierte, das lag mindestens an jener Grenze, wenn nicht darüber. Nun wußte er bereits, was ihn befähigte: es war ein Fortfall, der Fortfall einer Erscheinung aus den letzten Tagen, aber schon in Wien gekannt – daß er nämlich den Sonnenglast oft als dunkel empfand, bei leichtem Schwindel. Wann jedoch war dieser Fortfall eingetreten? Seit heute morgen? Seit jenem Galoppe auf dem Waldweg? Plötzlich erkannte er’s mit voller Klarheit, daß der Gang hier über den Fall ihm hätte furchtbar werden können, wäre jenes dunkelnde und schwindlige Gedrücktsein gegen den Boden noch in ihm gewesen. Es war fort. Scharfen Lichtes, hell und glänzend, lag die Weiße des schäumenden Wassers in der Sonne. In diesem Augenblick empfand er hohe Sicherheit, ja Kraft. Was er vor sich sah, das hatte er gleichsam fest und bändigend in der Hand. Vielleicht lächelte Ivo eben deshalb, als Zdenko ihm jetzt in die Augen sah. Dieses Lächeln war anschmiegsam und unterwürfig zugleich.
    Sie erblickten auf einige Entfernung vor sich drei Männer bei einer Mühle, die daran etwas ausbessern mochten, man sah sie hämmern – doch freilich konnte man den Schlag nicht hören – und dann und wann verschwand einer von ihnen im Inneren der braunen Hütte. Es zeigte sich jetzt auch ein vierter Mensch, der von drüben, von der anderen Seite des Falles, aus größerer Entfernung auf die Mühle zu kam.
    Zdenko und der Reitbursche blieben stehen und schauten auf den Mann, der über die Stege sich näherte, die linke Hand dann und wann auf das Geländer legend. Als er von der Mühlenhütte und den werkenden Männern noch etwa zwanzig Schritte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher