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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars
Autoren: Klaus Frühauf
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er sich höllisch beeilt. Aber da ist der Fleck.
    Er reißt sich zusammen und geht hinüber zu der dunklen Fläche. So unregelmäßig, wie sie aus der Ferne aussah, ist sie nicht. Eher ziemlich exakt oval. Sie ist nicht nur dunkel, sondern tief rot, fast dunkelrot, wenn auch die Farbe von einem matten Grau überlagert wird. Als er sich bückt, sieht er an vielen Stellen den Sand unter dem Ding hervorschimmern. Aus der Nähe betrachtet, wirkt es wie ein vielfach verzweigtes feines Netz, wie ein Myzel, das sich an den Sand schmiegt. Ein Gefühl des Ekels steigt in ihm auf, und er vermag nicht zu sagen, warum. Kann man sich vor etwas ekeln, das man nicht kennt, das an keiner Stelle des Erfahrungsschatzes als ekelhaft verankert ist? Kann man sich vor irgendeinem toten Gebilde einer toten Welt ekeln?
    Er blickt kurz auf, und da sieht er, daß es noch mehr dieser Flecke gibt, drei, sechs, zehn, immer einer in einem bestimmten Abstand vom anderen. Er fühlt, wie sich ihm die Kopfhaut zusammenzieht, fühlt eine Gänsehaut auf den Armen.
    Das ist Leben! Ein ekelhaftes Leben, das beginnt, ihn mit tödlicher langsamer Sicherheit zu attackieren. Er ist nahezu eingeschlossen. Sie waren es, die seine Spuren verwischten, sie haben dafür gesorgt, daß man weder ihn noch seine Spuren finden wird.
    Und wieder beginnt er zu laufen. Humpelt im Zickzack um die völlig bewegungslosen Flecken herum, den fernen Bergen entgegen. Hält erst inne, als er weit und breit nur noch unberührten Sand sieht. Ängstlich blickt er über die Schulter zurück nach seinen Fußstapfen und sieht, daß sie weiterhin verschwinden, daß es wieder näher kommt, immer näher. Unter dem Sand verfolgen sie ihn also, feige, mordlustige Bestien.
    Nach einer weiteren Viertelstunde hastigen Laufens ist er fertig. Er kann nicht mehr. Sein Atem geht pfeifend, und der Schweiß in den Augen macht ihn fast blind.
    Als er wieder sehen kann und die Kreise vor seinen Augen sich langsam auflösen, sieht er vor sich, nur zwei, drei Meter entfernt, wieder einen der Flecke. Ist es der kaum vergangene Schwindel, oder bewegt sich das Ding auf ihn zu? Er starrt und starrt, aber da ist keine Bewegung. Sie halten ihn zum Narren, diese Viecher, verfolgen ihn, und wenn er sie beobachtet, verhalten sie sich still, wie tot. Aber er wird es ihnen zeigen, so leicht gibt er nicht auf.
    Mit einem Wutschrei springt er einen, zwei Schritte nach vorn, registriert im Unterbewußtsein, daß der dunkelrote Fleck nicht die geringste Reaktion zeigt, dann springt er mit den schweren Stiefeln seines Schutzanzuges mitten hinein, wühlt brüllend mit dem gesunden Fuß im Sand und hört erst auf, als der Fleck eine zertrampelte, verwüstete Fläche ist.
    Das Ding ist verschwunden, über dem Staub schwebt eine feine dunkelrote Wolke.
    Er wartet nicht, bis sich die Staubwolke setzt. Vielleicht hat das Tier sich in diesen rötlichen Staub verwandelt, und wenn er aufhört, es zu vernichten, setzt es sich wieder und bildet erneut eines dieser tödlichen Netze. Mit gesenktem Kopf trottet er weiter, der fernen Hügelkette entgegen. Er geht langsam, schleppenden Schrittes. Der Fuß schmerzt wieder.
    Nach zwei Stunden Marsch hat er keine weiteren Netze gesehen. Die fernen Hügel sind näher gerückt, und Kronert ist jetzt fast bereit, an eine Halluzination zu glauben. Er ist am Ende seiner Kraft. In den vergangenen Stunden hat er sich nicht mehr umgeblickt, hat nicht gesehen, daß seine Fußspuren nach wie vor verschwinden.
     
    Als die Sonne zum zweitenmal während seines Marsches den Horizont erreicht, beginnt der Boden anzusteigen. Die Füße berühren blanken Fels. Er verschwendet eine Menge Zeit damit, in den Hügeln nach einer Höhle zu suchen, in der er die Nacht zubringen kann, aber die abgerundeten Buckel zeigen nicht die geringsten Auswaschungen. Nach einer halben Stunde gibt er auf.
    Nichts kann ihn mehr retten. In dieser Nacht wird er erfrieren. Er schaltet den Regler der Anzugheizung auf kleinste Leistung. Bereits jetzt beginnt die Kälte in seinen Beinen emporzusteigen. Zwischen zwei Felsen rollt er sich zusammen. Irgendwann wird man seinen Leichnam finden. Vielleicht nach Tagen, vielleicht auch nach Wochen oder Monaten. Man wird ihn in der Nähe von Ares 1 bestatten und seinen Namen auf mehrere Tafeln meißeln. Tafeln, die die Erinnerung an Menschen wachhalten sollen, die im Kosmos umgekommen sind. Eine Tafel wird nur seinen Namen tragen, und sie wird auf seinem Grab stehen. Eine weitere wird
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