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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars
Autoren: Klaus Frühauf
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ihn diese Gedanken nicht losgelassen, die Gedanken an die Erde, die mit ihrem ruhigen bläulichen Licht langsam über den Himmel gewandert ist, als wolle sie Ausschau halten nach dem Abtrünnigen in der Mortula.
    Und da sind auch die Gedanken an Grind und Cortez auf Ares 4 gewesen. Noch einen Tag hat er zu leben, noch einen einzigen Tag, und vielleicht, wenn die Batterie so lange durchhält, noch einen Teil der nächsten Nacht.
    Vielleicht suchen ihn Grind und Cortez bereits, aber bei seinen Überlegungen in der vergangenen Nacht ist er zu der Überzeugung gelangt, daß es besser sei, erst am zweiten Tag nach dem Verschwinden mit der Aufnahme der Suche zu rechnen. Und wenn sie ihn suchen, wo sollen sie beginnen?
    Es ist ohnehin zu vermuten, daß sich die beiden nicht einigen können, auf welche Art und Weise die Suche in Gang gesetzt werden soll. Daß sie in der Zwischenzeit etwas bemerkt haben, traut er ihnen zwar zu, daß sie sofort etwas unternehmen werden, nicht. Es sind keine guten Gedanken, die er sich in der Nacht gemacht hat.
    Grind und Cortez sind typische Wissenschaftler, sagt er sich jetzt, Menschen, die bei jedem neuen Problem immer wieder beim Ursprung aller Dinge beginnen und die auch an den nicht so recht glauben, bevor sie ihn nicht gesehen und genau unter die Lupe genommen haben. Sie würden sich vorsichtig an die neue Situation herantasten, um über eine logische und exakte Analyse zu einer Anleitung zum Handeln zu kommen. In seinem Fall aber muß eine derartige Arbeitsweise unweigerlich scheitern.
    Langsam quält er sich hoch von dem bitterkalten Boden. Der stechende Schmerz im Fuß ist zu einem dumpfen Pochen geworden. Er stützt sich auf die Aluminiumstrebe und blickt sich um. Weit im Norden liegt der Cerberus, flimmernd in den aufsteigenden Schwaden des Kohlendioxids, das, selbst farblos, die Atmosphäre mit Schlieren anreichert.
    Seine Lippen angeln nach dem Schlauch und saugen einen Schluck belebender Flüssigkeit in den Mund. Er schluckt nicht, sondern läßt ihn langsam hinunterrinnen. Dann fällt ihm ein, daß er mit Nahrung nicht sparen muß, aber trotzdem schiebt er mit der Zunge den Schlauch aus dem Mund.
    Er wünscht sich so sehr, daß die beiden Wissenschaftler auf Ares 4 wenigstens einmal, wenigstens in seinem Fall, ihre Pedanterie und Unentschlossenheit ablegen möchten, daß nicht ausgerechnet er es ist, dem ihre verfluchte Exaktheit zum Verhängnis wird.
    Er sieht sie förmlich vor sich, die beiden ungleichen Typen. Grind, behäbig, groß und massig, mit langsamen Bewegungen, als fürchte er, mit einer unbeabsichtigten Geste Löcher in die Umwelt zu schlagen. Der mächtige, eckige Schädel bildet mit seinen blonden, schütteren Haaren einen geradezu lächerlichen Gegensatz zu den blauen Kinderaugen.
    Da ist ihm der wesentlich kleinere, schwarzhaarige Cortez schon weit sympathischer. Seine dunklen, wachen Augen sind einfach überall, und wenn er allein auf Ares 4 wäre, würde er sich wahrscheinlich keinen Augenblick bedenken, sondern sich sofort auf die Suche begeben. Aber zusammen mit Sven Grind wohl kaum. Grind wird zuerst versuchen, Fakten zu sammeln, und das ist bei der weiten Entfernung zu Ares 1 und der immer wieder zusammenbrechenden Funkbrücke nicht leicht. Dann aber wird er Cortez’ Initiative durch stundenlange Erörterungen zermürben und dadurch veranlassen, daß sie beide warten, bis es zu spät ist.
    Kronert fühlt selbst, daß ihm die Sorge um das eigene Leben böse Gedanken eingibt. Vielleicht irrt er sich wie bei seiner Einschätzung der Sicherheitsbestimmungen.
    Und plötzlich hofft er, daß die Wissenschaftler anders sind, als er es sich bisher eingeredet hat.
     
    Langsam wendet er sich nach Süden und beginnt tastend Schritt vor Schritt zu setzen. Nach wenigen Metern fühlt er das Pochen im Fußgelenk nicht mehr. Häufig bleibt er stehen und blickt zurück auf die Spuren seiner schweren Schuhe, die sich langsam auflösen, verschwinden im grauen Sand. Eben noch waren sie in seiner unmittelbaren Nähe scharf und deutlich, aber einige Meter von ihm entfernt verschwimmen sie schon. Er sieht, wie sich die Auflösung ihm nähert, wie sich seine Abdrücke auch in unmittelbarer Nähe verwaschen.
    Da wendet er sich um und läuft so schnell ihn seine Füße und die Aluminiumstrebe zu tragen vermögen. Plötzlich ist er bereit, an ein böses Omen zu glauben. Erst nach Minuten hat er sich so weit gefangen, daß er über sich und seine sinnlose Angst lachen
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