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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars
Autoren: Klaus Frühauf
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Das Wasser des Mars
     
    Die grünlich leuchtende Schlange aus Flüssigkristallen kriecht langsam über das Koordinatennetz. Viel zu langsam. Seit Stunden ist er unterwegs, seit Stunden zieht das eintönige Panorama der grauroten, unmerklich gewellten Landschaft unter der Transportrakete hindurch.
    Einen Augenblick lang beobachtet Bernd Kronert die gleitenden Bewegungen des Lenkhebels, der ein eigenes Leben zu führen scheint. Bereits kurz nach dem Start von der Station Ares 1 hatte er weisungsgemäß die Leitstrahlsteuerung und das Konturenfolgegerät eingeschaltet, und seitdem fliegt der Raketoplan sowohl in absoluter Zielrichtung als auch in gleichbleibender Bodenentfernung, automatisch jede Unebenheit des verkarsteten Bodens nachzeichnend. Und seitdem kommt Bernd Kronert sich überflüssig vor.
    Es erscheint ihm unsinnig, die Raketoplane auch heute noch zu bemannen, nur um Eventualitäten vorzubeugen. Die Technik ist fortgeschritten genug, um diese Dinger mit einer Startautomatik zu versehen und auf Kurs zu bringen. Dann könnten sie von einem Leitstrahl übernommen werden und so die Zielstation erreichen. Die Landung würde dann genauso automatisch erfolgen wie der Start. Das alles ist kein technisches Problem, zumal ein Großteil des Fluges ohnehin schon automatisch verläuft, nein, technisch ist die Sache lösbar.
    Das Problem liegt auf einer ganz anderen Ebene. Auf der menschlichen. Er, der Pilot Bernd Kronert, kann das beurteilen. Wie oft hat er eigentlich schon vorgeschlagen, diese Umstellung an den Transportern vorzunehmen? Vier-, fünfmal bestimmt, vielleicht sogar öfter. Aber die Antwort ist immer die gleiche. Die Automaten seien nicht in der Lage, selbständige Entscheidungen zu treffen, wie sie bei unerwarteten Schwierigkeiten nötig werden könnten. Sie vermögen nur, sich nach ihrem Programm zu richten, und wenn das keinen für die auftretenden Schwierigkeiten eingerichteten Komplex enthalte, würden sie kläglich versagen.
    Welche Schwierigkeiten das denn seien, hatte er sie gefragt, diese Büromenschen in ihren weißen Overalls, aber sie hatten die Schultern gezuckt. »Wenn wir das wüßten, könnten wir es ja ins Programm aufnehmen. Aber wir wissen’s eben nicht.«
    Basta! Da hast du’s, Kronert. Zerbrich dir nur den Kopf! Wenn du zu uns kommst, werden wir dir klarmachen, daß es so nicht geht.
    Wie die Kletten hängen sie an ihren Vorschriften und brüten Gefahrensituationen aus, die nur in ihrer Einbildung existieren. Und die Piloten haben sich dann mit den Sicherheitsbestimmungen herumzuschlagen. Sie sollten ihre Nasen öfter aus den Stationen in die Marsluft hinausstecken, dann wüßten sie, was sie von einer Beeinflussung der Optik durch Stickstoffreif oder vom Ausfall der Sensoren durch Windhosen zu halten hätten. Nichts, aber auch gar nichts!
    Wie oft sind denn derartige Situationen entstanden, seit er auf dem Mars ist? Ein- oder zweimal in mindestens acht Wochen. Und die aufgetretenen Gefahren wären programmierbar gewesen.
    Kronert blickt aus dem Panoramafenster. Von Horizont zu Horizont erstrecken sich langwellige Dünen, graurot, eintönig. Kronert lacht. Es klingt deplaciert in der engen Kabine. Wer nur hat die so weit verbreitete Ansicht aufgebracht, der Mars sei eine Art Bruder der Erde. Ein schöner Bruder ist das, steinig, staubig und trist.
    Vielleicht hat es an der Tatsache gelegen, daß der Mars in den Refraktoren der Erde gewisse jahreszeitliche Veränderungen auf seiner Oberfläche zeigt. Vielleicht meinten sie, Veränderung müsse gleichbedeutend mit Leben sein. Aber diese Funktion ist nicht umkehrbar, meine Freunde. Bruder der Erde? Ein kosmischer Felsbrocken ist das, ein Fels, der langsam zerfällt, zu rötlichen Steinen, rötlichem Staub. Wenn der Sand wenigstens noch die Farbe irdischen Sandes hätte…
     
    Die leuchtende Schlange auf dem Bildschirm nähert sich der Formation des Cerberus, eines in Jahrmillionen rund und blank gescheuerten Bergrückens, der sich wie der Rist eines mächtigen Wales aus der Einöde des Sandes reckt.
    Kronert zählt die senkrechten Linien auf dem Schirm, die sich zwischen dem Kopf der Schlange und dem durch einen blauen Fleck markierten Ziel befinden. Es sind noch vier Striche, also rund zweihundert Kilometer, ein Katzensprung. In weniger als einer Viertelstunde hat er es geschafft, den Sicherheitsfimmel des Büropersonals ein weiteres Mal ad absurdum geführt.
    Hinter dem Cerberus beginnt eine eintönige Wüste, die Mortula, und
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