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Die Waschmaschinentragödie

Die Waschmaschinentragödie

Titel: Die Waschmaschinentragödie
Autoren: Stanislaw Lem
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Polizeischiff verließ sein Versteck. Der Kommandant fragte über Funk, was diese kugelige Metamorphose zu bedeuten habe und was er, Mattrass, denn eigentlich sei: Roboter oder Mensch?
      Mattrass antwortete, daß er die Formen annehme, nach denen es ihn gerade gelüste. Als Roboter könne man ihn nicht bezeichnen, denn er sei aus einem Menschen entstanden, als Mensch aber auch nicht, denn er habe sich ja verwandelt. Weitere Erklärungen lehnte er entschieden ab.
      Der Fall Mattrass, der in der Presse breiten Widerhall fand, begann sich langsam zu einem Skandal auszuweiten. Raumschiffe, die den Krab passierten, fingen Bruchstücke von Funksprüchen auf, in denen Mattrass als »Kathodius der Erste« auftrat. Aus dem wirren Geschwätz war nur so viel zu entnehmen, daß Mattrass alias Kathodius der Erste zu anderen (anderen Robotern?) sprach, und zwar so, als ob sie seine eigenen Körperteile wären, als ob sich jemand mit seinen eigenen Händen oder Beinen unterhielt.
      Kathodius der Erste oder die aus ihm entstandenen Roboter schienen einen Staat gegründet zu haben. Das State Department ordnete sogleich eine genaue Untersuchung an.
      Patrouillen kundschafteten aus, daß sich im Nebelfleck des Krab ein metallisches Gebilde bewege, ein fünfhundert Meilen langes menschenförmiges Wesen, das die merkwürdigsten Selbstgespräche führe und auf Fragen nach seiner Staatlichkeit ausweichende Antworten erteile.
      Die Behörden beschlossen, den Machenschaften des Usurpators ein Ende zu setzen. Die Aktion sollte offiziellen Charakter tragen – das mußte sein –, aber zu diesem Zweck brauchte sie einen Namen, das heißt eine rechtliche Grundlage. Und dabei tauchten die ersten Klippen auf.
      Das Mac-Flacon-Gesetz bildete einen Anhang zum Kodex des Zivilverfahrens über Mobilien, denn Elektronengehirne galten als Mobilien – unbeschadet der Tatsache, daß sie keine Beine haben. Das sonderbare Gebilde im Nebelfleck des Krab hatte indes die Ausmasse eines Planetoiden, und Himmelskörper wurden, obwohl sie sich bewegen, als Immobilien angesehen.
      Daraus ergaben sich Fragen über Fragen.
      Kann man einen Planeten verhaften?
      Ist eine Ansammlung von Robotern ein Planet?
      Ist dieser Mattrass ein zerlegbarer Roboter, oder muss man ihn als eine Vielfalt von Robotern betrachten?
      Der juristische Berater des Mattrass stellte sich den Behörden vor und unterbreitete ihnen eine Erklärung, in der sein Klient behauptete, er habe sich zum Nebelfleck des Krab begeben, um sich in Roboter zu verwandeln.
      Der Juristische Ausschluß des State Department schlug daraufhin vor, diesen Sachverhalt folgendermaßen auszulegen: Mattrass habe, indem er seinen lebenden Organismus vernichtete, Selbstmord begangen und sich somit keiner strafbaren Handlung schuldig gemacht. Der oder vielmehr die Roboter, die nun an Mattrass’ Statt existieren, seien von ihm erschaffenes Eigentum, und als solches sollten sie dem Staat zufallen, zumal der Verblichene keine Erben hinterlassen habe. Gestützt auf diese Theorie, entsandte das State Department einen Gerichtsvollzieher zum Nebelfleck des Krab, und zwar mit der Weisung, alles zu beschlagnahmen und zu versiegeln, was sich dort rege.
      Mattrass’ Anwalt legte Berufung ein. Er behauptete, die Anerkennung einer Kontinuation des Mattrass schliesse einen Selbstmord aus, denn jemand, der kontinuiert werde, existiere, und wer existiere, könne keinen Selbstmord begangen haben. Mithin gebe es keine Roboter als Eigentum des Mattrass, sondern nur den Kathodius Mattrass, der die Form angenommen habe, die ihm zusage. Körperliche Verwandlungen seien nun einmal nicht strafbar, außerdem dürfe man gerichtlich keine Körperteile beschlagnahmen – einerlei ob es sich um Goldzähne oder Roboter handele.
      Das State Department wehrte sich entschieden gegen diese Auslegung, zumal es sich auf die These gründete, daß ein lebendes Individuum, im vorliegenden Falle ein Mensch, durchaus aus toten Teilen, nämlich aus Robotern, bestehen könne.
      Mattrass’ Advokat aber legte den Behörden das Gutachten namhafter Physiker der Universität Harvard vor. Die Wissenschaftler erklärten einstimmig, daß sich jeder lebende Organismus – auch der menschliche – aus Atomteilchen zusammensetze, und die müsse man zweifellos als tot ansehen.
      Angesichts dieser besorgniserregenden Wendung ging das State Department davon ab, »Mattrass und Söhne« von der physikalischbiologischen Seite
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