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Die Waschmaschinentragödie

Die Waschmaschinentragödie

Titel: Die Waschmaschinentragödie
Autoren: Stanislaw Lem
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Kurz nachdem ich von der elften Sternreise zurückgekehrt
    war, entbrannte zwischen zwei großen Produzenten von Waschmaschinen, Nuddlegg und Snodgrass, ein Konkurrenzkampf, dem die Presse immer mehr Raum widmete.
      Nuddlegg hatte wohl als erster vollautomatische Waschmaschinen auf den Markt gebracht, die nicht nur selbständig zwischen Weiß- und Buntwäsche unterscheiden konnten, nicht nur wuschen, auswrangen, trockneten, bügelten, stopften und säumten, sondern den Besitzer auch durch kunstvolle Monogramme erfreuten.
      Auf die Handtücher stickten sie erbauliche Sinnsprüche, etwa in der Art: Glück und Segen früh und spat schenkt Dir Nuddleggs Automat!
      Snodgrass reagierte, indem er Waschmaschinen anbot, die sogar Vierzeiler verfaßten, wobei sie sich ganz dem kulturellen Niveau und den ästhetischen Bedürfnissen des Käufers anpassten.
      Das nächste Modell von Nuddlegg stickte bereits Sonette; Snodgrass beantwortete diese Herausforderung mit einem Gerät, das während der Fernsehpausen die Konversation im Schosse der Familie nährte.
      Nuddlegg versuchte zunächst, diesen Coup zu torpedieren. Sicherlich kennt noch ein jeder die ganzseitige Reklamebeilage in den Zeitungen, auf denen eine spöttisch grinsende, glotzäugige Waschmaschine abgebildet war, mit den Worten: Wünschst Du, dass Deine Waschmaschine intelligenter ist als Du? Gewiss nicht!
      Snodgrass ignorierte diesen Appell an die niederen Instinkte der Öffentlichkeit und überraschte die Fachwelt im darauffolgenden Quartal mit einer Neuentwicklung, die waschen, wringen, bürsten, spülen, bügeln, stopfen, stricken und sprechen konnte, nebenbei die Schularbeiten der Kinder erledigte, dem Familienoberhaupt ökonomische Horoskope erteilte und selbsttätig die Freudsche Traumanalyse anstellte, indem sie im Handumdrehen Komplexe durch Gerontophagie einschließlich des Patrizids liquidierte.
      Nun konnte sich Nuddlegg nicht länger zurückhalten. Er warf einen Superbarden auf den Markt – eine Waschmaschine, die reimte, rezitierte, mit herrlicher Altstimme Wiegenlieder sang, Säuglinge abhielt, Hühneraugen besprach und den Damen ausgesuchte Komplimente machte.
      Diesen Schachzug beantwortete Snodgrass mit einer dozierenden Waschmaschine unter der Losung: Deine Waschmaschine macht aus Dir einen Einstein! Wider Erwarten ging das Modell sehr schwach: Bis Ende des Quartals fiel der Umsatz um fünfunddreißig Prozent.
      Snodgrass entschloß sich deshalb – alarmiert durch die Meldung seiner Informationsabteilung, dass Nuddlegg eine tanzende Waschmaschine vorbereite – zu einem wahrhaft revolutionären Schritt.
      Er erwarb für die Summe von 350000 Dollar die entsprechenden Rechte und konstruierte eine Waschmaschine für Junggesellen, einen Roboter mit den Formen der bekannten Sexbombe Mayne Jansfield in Platinfarbe, danach eine zweite, schwarze, nach dem Ebenbild von Phirley Mac-Phaine. Sogleich erhöhten sich die Umsätze um siebenundachtzig Prozent.
      Sein Widersacher richtete unverzüglich Appelle an den Kongreß, an die öffentliche Meinung, an die Liga der Töchter der Revolution und an den Bund der Jungfrauen und der Matronen. Als er jedoch hörte, daß Snodgrass unterdessen ungerührt den Markt mit Waschmaschinen beiderlei Geschlechts überschwemmte – eine immer attraktiver und anziehender als die andere –, schickte er sich drein und konterte, indem er das individuelle Bestellsystem einführte. Er verlieh seinen WaschRobotern die Gesichtszüge, den Leibesumfang und die Statur, die der Kunde wünschte – man brauchte lediglich ein Foto
    einzusenden.
      Während sich die beiden Potentaten der Waschmaschinenindustrie bekämpften – wobei ihnen jedes Mittel recht war –, begannen ihre Produkte unerwartete, ja sogar schädliche Tendenzen zu zeigen.
      Die Waschmaschinen-Ammen waren noch lange nicht das Schlimmste, übler waren schon die Waschmaschinen, für die die Jeunesse doree sich ruinierte, Modelle, die zur Sünde verleiteten, Jugendliche depravierten und Kindern ordinäre Ausdrücke beibrachten. Sie bedeuteten ein ernstes Erziehungsproblem – ganz zu schweigen von den Waschmaschinen, mit denen man die Frau oder den Mann betrügen konnte!
      Die wenigen Produzenten, die der übermächtigen Konkurrenz noch nicht erlegen waren, bezeichneten die Waschmaschinen »Mayne« und »Phirley« vergebens als Verstoß gegen die erhabene Idee, wonach das automatisierte Waschen den Familiensinn entwickeln und
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