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Die Waschmaschinentragödie

Die Waschmaschinentragödie

Titel: Die Waschmaschinentragödie
Autoren: Stanislaw Lem
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fördern solle. Ein solcher Roboter, so hieß es, könne höchstens ein Dutzend Taschentücher aufnehmen oder einen einzigen Bettbezug, da der übrige Raum von einer Maschinerie ausgefüllt ist, die mit dem Waschen nichts, aber auch gar nichts gemein habe.
      Appelle dieser Art fanden nicht den geringsten Widerhall.
      Der Kult der schönen Waschmaschinen wurde zur Lawine
    und verdrängte sogar einen beträchtlichen Teil der Zuschauer von den Fernsehgeräten.
      Aber das war erst der Anfang.
      Die Waschmaschinen, die mit völliger Spontanität des
    Handelns begabt waren, bildeten in aller Stille Gruppen, ja Banden, die dunkle Machenschaften ausheckten. Sie knüpften Beziehungen zur Unterwelt, traten Gangsterorganisationen bei und bereiteten ihren Besitzern ungeahnte Kümmernisse.
    Der Kongreß erkannte, daß es an der Zeit war, mit einem
    gesetzgeberischen Akt einzugreifen, um dem Chaos der freien Konkurrenz ein Ende zu bereiten.
      Aber noch ehe die Beratungen ein Ergebnis zeitigten, hatten unwiderstehlich geformte Wringmaschinen mit Sex-Appeal den Markt erobert, dazu geniale Frottiermaschinen und eine besondere, gepanzerte Ausgabe der Waschmaschine »Shotomatic«. Dieses Modell – angeblich ein harmloser Zeit- vertreib für Indianer spielende Kinder – war nach einer kleinen Veränderung in der Lage, jedes beliebige Ziel durch Dauerfeuer zu vernichten.
      Während einer Straßenschlacht der Gang Struzzeli gegen die Bande Phums Byron, die ganz Manhattan terrorisierte – Sie erinnern sich, das war damals, als das Empire State Building in die Luft flog –, fielen auf beiden Seiten mehr als hundertzwanzig bis an die Deckel bewaffnete Waschmaschinen.
      Damals trat das Gesetz des Senators MacFlacon in Kraft. Es
    besagte, dass niemand für die rechtswidrigen Handlungen seiner vernunftbegabten Maschinen verantwortlich sei – vorausgesetzt, daß die Verfehlungen ohne sein Wissen und ohne seine Zustimmung begangen wurden.
      Leider öffnete diese Verordnung sträflichem Mißbrauch Tür und Tor.
      Die Besitzer schlossen mit ihren Wasch- und Wringmaschinen geheime Abkommen, stifteten sie zu kriminellen Delikten an, blieben aber selbst völlig unbehelligt, weil sie sich auf das Mac-Flacon-Gesetz beriefen.
      Es erwies sich als unumgänglich, die Bestimmung zu verändern.
      Die neue Fassung, das sogenannte Mac-Flacon-GlumbkinGesetz, verlieh den vernunftbegabten Mechanismen mit gewissen Einschränkungen den Status von »juristischen Personen«, vornehmlich im Bereich des Strafrechts. Es sah Bußen für die Dauer von fünf, zehn, fünfundzwanzig und zweihundertfünfzig Jahren vor – Zwangswäsche beziehungsweise Zwangsfrottieren, verschärft durch den Vorenthalt von Öl –, aber auch physische Strafen, einschliesslich des Kurzschlusses.
      Wider Erwarten stieß man bei der praktischen Anwendung dieses Gesetzes auf Hindernisse, wie wohl am besten der Fall Humperlson beweist:
      Eine Waschmaschine – man bezichtigte sie mehrerer räuberischer Überfälle – wurde vom Eigentümer, ebendiesem Humperlson, in ihre Bestandteile zerlegt und dem Gericht als ein Haufen von Drähten und Spulen vorgelegt.
      Der Kongreß sah sich deshalb gezwungen, das Gesetz durch eine Novelle zu ergänzen, die als Mac-Flacon-GlumbkinRamphorney-Novelle bekannt wurde. Sie erklärte die geringste technische Veränderung an einem Elektronenhirn, gegen das ein Verfahren lief, als strafbare Handlung.
      Damals kam es zu der Strafsache Hindendrupel. Ein Geschirrspüler hatte des öfteren Kleidungsstücke seines Herrn angezogen, den verschiedensten Frauen die Ehe versprochen und vielen von ihnen Geld entlockt. Von der Polizei in flagranti ertappt, zog er sich vor den Augen der staunenden Detektive aus, verlor dadurch das Erinnerungsvermögen und konnte nicht bestraft werden.
      Das bewog den Kongreß zur Verabschiedung des MacFlacon-Glumbkin-Ramphorney-Hmurling-Piaffka-Gesetzes, in dem es hieß: Elektronengehirne, die sich entkleiden, um der gerichtlichen Verfolgung zu entgehen, werden zum Verschrotten verurteilt.
      Anfangs schien das Gesetz die Haushaltsroboter abzuschrecken, denn auch in ihnen lebte – wie in allen vernunftbegabten Wesen – der Selbsterhaltungstrieb. Schon bald stellte sich aber heraus, daß bestimmte Interessenten verschrottete Waschmaschinen aufkauften und sie
    rekonstruierten.
      Der sogenannte Antiauferstehungsentwurf der Novelle zum Mac-Flacon-Gesetz, der daraufhin von einem
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