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Die Waschmaschinentragödie

Die Waschmaschinentragödie

Titel: Die Waschmaschinentragödie
Autoren: Stanislaw Lem
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Kongreßausschuß angenommen wurde, scheiterte am Widerstand des Senators Guggenshyne. Kurze Zeit später kam man dahinter, daß dieser Senator eine Waschmaschine war.
      Von Stund an wurde es gang und gäbe, die Abgeordneten vor jeder Sitzung abzuklopfen. Traditionsgemäss wird dafür auch heute noch ein zweieinhalb Pfund schwerer Eisenhammer verwendet.
      In jenen Tagen kam es zum Fall Murderson. Verhandelt wurde gegen eine Waschmaschine, die ihrem Herrn böswillig die Hemden zerriß, die durch Pfeiftöne in der gesamten Umgebung den Radioempfang störte, die Greisen und Minderjährigen anstössige Angebote machte und mehreren Personen Geld entlockte, indem sie sich am Telefon als Stromlieferant ausgab. Unter dem Vorwand, sich gemeinsam Briefmarken anzusehen, lud sie die Wring- und die Waschmaschinen aus der Nachbarschaft ein und beging an ihnen perverse Handlungen. In ihrer Freizeit widmete sie sich dem Vagabundentum und der Bettelei.
      Dem Gericht legte sie das Attest eines DiplomingenieurElektronikers vor, eines gewissen Eleaster Crammphouss, der ihr zeitweilig gestörte Zurechnungsfähigkeit bescheinigte und glaubhaft bezeugte, dass sie sich für einen Menschen hielt. Die Richtigkeit dieses Gutachtens wurde von Experten bestätigt, und damit war die Unschuld der Angeklagten erwiesen. Nach dem Urteilsspruch zog die soeben Freigesprochene eine Pistole der Marke »Luger« aus der Tasche und beförderte mit drei Schüssen den Assistenten des Staatsanwalts ins Jenseits, weil er für eine Bestrafung – Kurzschluß! – plädiert hatte. Sie wurde zwar verhaftet, aber schon bald gegen Kaution freigelassen.
      Die Justizbehörden standen vor einem Problem, denn die
    gerichtsnotorisch festgestellte Unzurechnungsfähigkeit schloß die Möglichkeit aus, die Waschmaschine strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Der Ausweg, sie in einem Asyl unterzubringen, kam ebensowenig in Betracht, weil es keinerlei Bestimmungen für die Behandlung geisteskranker Waschautomaten gab.
      Eine juristische Lösung dieser akuten Frage gestattete erst das Mac- Flacon - Glumbkin – Ramphorney - Hmurling - Piaffka - Snowman- Fitolis-Birmingdraque- Phootley- Caropka- Phalseley- Groggerner - Maydansky - Gesetz, und zwar zur rechten Zeit, denn die Affäre Murderson weckte in der Öffentlichkeit einen gewaltigen Bedarf an unzurechnungsfähigen Elektronengehirnen. Mehrere Firmen begannen sogar, absichtlich defekte Apparate zu produzieren, zunächst in den Varianten »Sadomat« für Sadisten und »Masomat« für Masochisten.
      Nuddlegg, der phänomenale Gewinne verbuchte, seit er als erster fortschrittlicher Fabrikant dreissig Prozent Waschmaschinen mit beratender Stimme in die Generalversammlung der Aktionäre aufgenommen hatte, brachte das Universalgerät »Sadomatic« heraus, das sich ebensogut zum Schlagen wie zum Geschlagenwerden eignete. Es war mit einem leicht brennbaren Zusatz für Pyromaniker versehen und mit eisernen Füßen für Personen, die unter Pygmalionismus litten. Gerüchte, nach denen er ein besonderes Modell unter der Bezeichnung »Narcissmatic« in den Handel lancieren wolle, waren böswilligerweise von der Konkurrenz in Umlauf gesetzt worden.
      Das obenerwähnte Gesetz, das diesen Auswüchsen einen Riegel vorschob, sah die Schaffung von Asylen vor, in die abseitig veranlagte Waschmaschinen und ähnliche Automaten eingeliefert werden sollten. Einmal als »juristische Personen« anerkannt, begannen die geistig rührigen Massen der Nuddleggschen und Snodgrassschen Produkte, in breitem Umfang von ihren konstitutionellen Rechten Gebrauch zu machen. Ihre Zusammenschlüsse vollzogen sich immer spontaner. Wie Pilze schossen Organisationen aus dem Boden – die »Gesellschaft der Menschenfreien Anbetung« zum Beispiel oder die »Liga für Elektronische Gleichberechtigung« –, ja es kam sogar zur Wahl einer »Miß Waschmaschine« und zu ähnlichen Veranstaltungen.
      Der Kongreß tat alles, dieser stürmischen Entwicklung entgegenzuwirken. Senator Groggerner nahm den vernunftbegabten Maschinen das Recht, Immobilien zu erwerben, sein Kollege Caropka entzog ihnen die Autorenrechte auf dem Gebiet der schönen Künste (was eine weitere Welle von Gesetzesübertretungen zur Folge hatte, denn die musisch veranlagten Automaten schickten sich nun an, weniger talentierte Literaten für ein geringes Entgelt zu dingen, um sich ihrer Namen bei der Herausgabe von Essays, Romanen oder Dramen zu bedienen).
      In einer
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