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Die Waschmaschinentragödie

Die Waschmaschinentragödie

Titel: Die Waschmaschinentragödie
Autoren: Stanislaw Lem
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anzugreifen, und kehrte zur ursprünglichen Bezeichnung zurück, in der das Wort »Fortsetzung« durch das Wort »Gebilde« ersetzt wurde.
      Der Advokat unterbreitete dem Gericht daraufhin eine neue Erklärung, in der sein Klient zu verstehen gab, daß es sich bei den sogenannten Robotern in Wahrheit um seine Kinder handele.
      Das State Department verlangte die Vorlage der Adoptionsakte, aber dieses Manöver war allzu durchsichtig, denn die Adoption von Robotern war gesetzlich unzulässig.
    Mattrass’ Anwalt erläuterte denn auch gleich, es gehe nicht
    um Adoption, sondern um wirkliche Vaterschaft.
      Das Department ließ prompt verlautbaren, die geltende Vorschrift setze bei Kindern die Existenz eines Vaters und einer Mutter voraus.
      Der Anwalt, darauf vorbereitet, bereicherte die Akten um ein weiteres Dokument: Ein weiblicher Elektroingenieur namens Melanie Fortinbrass enthüllte darin ihre »enge Zusammenarbeit« mit Mattrass bei der Schaffung der umstrittenen Individuen.
      Das State Department stiess sich an dem Charakter jener »Zusammenarbeit« und hob hervor, eine solche Verbindung entbehre aller natürlichen Merkmale der Zeugung. Im vorliegenden Fall – so hieß es im Expose – könne man lediglich im übertragenen, geistigen Sinne von Vater- beziehungsweise Mutterschaft reden. Das Familienrecht beziehe sich jedoch ausdrücklich auf die leibliche Nachkommenschaft.
      Mattrass’ Anwalt forderte das Department auf, präzise zu definieren, wodurch sich geistige Elternschaft von leiblicher unterscheide. Darüber hinaus wollte er die Behauptung begründet wissen, daß die Verbindung zwischen Kathodius Mattrass und Melanie Fortinbrass keiner physischen Vereinigung gleichzusetzen sei.
      Das Department entgegnete, daß die Zeugung im Sinne des Familienrechts als physische Tätigkeit anzusehen sei, zumal sie nur geringfügigen geistigen Einsatz verlange. Bei der Angelegenheit Mattrass-Fortinbrass träfe das jedoch nicht zu.
      Der Anwalt legte daraufhin ein Gutachten von Experten der
    kybernetischen Gebärhilfe vor. Er wies nach, daß es Kathodius und Melanie ohne erhebliche physische Anstrengungen nicht gelungen wäre, ihre selbsttätige Nachkommenschaft in die Welt
    zu setzen.
      Das State Department liess nun alle moralischen Bedenken fahren und entschloß sich zu einem radikalen Schritt. Es erklärte: Der Zeugungsvorgang, der im kausalfinalen Sinne der Geburt von Kindern vorausgehe, unterscheide sich grundsätzlich von der Programmierung von Robotern.
      Darauf hatte der Anwalt nur gewartet. Gewisse einleitende Handlungen bei der Zeugung, so sagte er, seien genaugenommen auch nichts anderes als Programmierungen. Deshalb schlage er dem State Department vor, exakt festzulegen, wie man denn eigentlich Kinder zu zeugen habe, damit dies mit den Buchstaben des Gesetzes im Einklang stehe.
      Das Department rief Experten zu Hilfe und bereitete ein umfassendes, reich illustriertes Werk vor, das sogenannte Rosabuch mit entsprechenden Anschauungstafeln und topographischen Skizzen. Verfasser der Schrift war der neunundachtzigjährige Professor Truppledrack, Senior der amerikanischen Geburtshilfekunde.
      Mattrass’ Anwalt griff sogleich ein, indem er auf das weit vorgerückte Alter des Autors verwies und ihm jegliche Kompetenz absprach. Er bezeichnete es als höchst unwahrscheinlich, dass sich ein Greis wie Truppledrack noch an Einzelheiten erinnere, die für die Klärung des Problems entscheidend seien. Man müsse deshalb als sicher annehmen, daß der Inhalt des Buches auf Gerüchten beziehungsweise auf Aussagen dritter Personen beruhe.
      Das Department beschloss daraufhin, den Text des Buches Rosa durch eidesstattliche Erklärungen vieler Väter und Mütter zu untermauern, aber dabei stellte sich heraus, daß ihre Aussagen zum Teil beträchtlich voneinander abwichen, das heißt, die Elemente der einleitenden Phasen stimmten in vielen Punkten nicht überein. Als man im Department merkte, dass dieses Schlüsselproblem allmählich im Nebel der Unklarheit zu versinken drohte, schickte man sich an, das Material anzuzweifeln, aus dem die sogenannten Kinder des Mattrass und der Fortinbrass bestanden.
      Diesen Plan ließ man jedoch rasch wieder fallen, als gewisse Gerüchte auftauchten, die, wie sich später herausstellte, der Anwalt selbst verbreitet hatte. Mattrass, so hieß es, habe bei der Corned Beef Company vierhundertfünfzigtausend Tonnen Kalbfleisch bestellt. Der
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