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Die Waschmaschinentragödie

Die Waschmaschinentragödie

Titel: Die Waschmaschinentragödie
Autoren: Stanislaw Lem
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Zusatzklausel zum Mac-Flacon-GlumbkinRamphorney-Hmurling-Piaffka- Snowman-FitolisBirmingdraque-Phootley-Caropka-Phalseley- GroggernerMagdansky-Gesetz wurde deshalb festgelegt, daß Haushaltsroboter keinerlei Besitzrechte an sich selbst geltend machen können, sondern daß sie den Menschen gehören, die sie erworben oder gebaut haben. Ihre Nachkommenschaft gehe entweder in den Besitz des neuen Käufers über, oder er verbleibe beim Eigentümer der Elterngeräte. Der radikale Gesetzestext berücksichtigte, so glaubte man wenigstens, alle Eventualitäten und beugte der Entstehung von Situationen vor, die sich juristisch nicht entscheiden ließen.
      Dennoch war es ein Hintertreppengeheimnis, dass Elektronengehirne, die mit Börsenspekulationen oder mit dunklen Geschäften zu Geld gekommen waren, weiterhin gut lebten, weil sie ihre Machenschaften mit dem Firmenschild fiktiver, angeblich aus Menschen zusammengesetzter Aktiengesellschaften oder Korporationen tarnten – gab es doch bereits unzählige Menschen, die materiellen Nutzen daraus zogen, daß sie sich an die intelligenten Maschinen verkauften – sogar Sekretäre, Lakaien, Techniker und Rechenmeister.
    Die Soziologen konnten auf diesem Gebiet zwei typische
    Entwicklungstendenzen beobachten. Einerseits erlagen viele Küchenroboter den Verlockungen des menschlichen Lebens und waren bemüht, sich soweit wie möglich den Formen der vorgefundenen Zivilisation anzupassen, andererseits erstrebten die bewußteren, geistig flexibleren Individuen eine neue, von Grund auf elektronifizierte Zivilisation.
      Was die Gelehrten jedoch am meisten beunruhigte, war die ungehemmte natürliche Vermehrung der Roboter. Die sogenannten Anti-Erotisatoren und Triebbremsen, die sowohl von Snodgrass als auch von Nuddlegg produziert wurden, vermochten den enormen Zuwachs nicht einzudämmen.
      Das Problem der Roboterkinder wurde auch für die Waschmaschinenproduzenten akut, denn es war augenscheinlich, dass sie diese unaufhörliche Perfektionierung ihrer Artikel nicht vorausgesehen hatten.
      Einflußreiche Fabrikanten begannen, der Gefahr einer Küchenmaschinen-Invasion entgegenzuwirken, indem sie einen Geheimvertrag über die Begrenzung der Ersatzteillieferungen abschlossen. Die Folgen ließen nicht auf sich warten. Jedesmal, wenn in Kaufhäusern und Geschäften neue Warenlieferungen eintrafen, bildeten sich lange Schlangen humpelnder, stotternder, ja sogar ganzseitig gelähmter Wasch-, Wring- und Frottiermaschinen.
      Vielerorts kam es zu Unruhen, und schließlich wagte sich nach Einbruch der Dunkelheit kein ehrlicher Roboter mehr auf die Stra8e, denn er musste gewärtig sein, von Räubern überfallen, zerlegt und edler Körperteile beraubt zu werden.
      Wenn sich die gewissenlosen Maschinen aus dem Staube
    machten, blieben auf dem Straßenpflaster nur die leeren Blechhüllen der Opfer zurück.
      Im Kongreß erörterte man die Frage des langen und des breiten, aber man kam zu keinem konkreten Ergebnis.
      Unterdessen schossen, wie Pilze nach dem Regen, illegale Ersatzteilfabriken aus dem Boden, die teilweise von Waschmaschinengesellschaften finanziert wurden. Nuddleggs Modell »Washomatic« erfand ein Herstellungsverfahren aus Ersatzmaterialien, aber auch das brachte keine hundertprozentige Lösung.
      Die Waschmaschinen bezogen Streikposten vor dem Kongress, sie verlangten verbindliche Antitrustgesetze, um den Diskriminierungen Einhalt zu gebieten.
      Abgeordnete, die die Interessen der Großindustrie vertraten, erhielten anonyme Briefe, worin ihnen die Entwendung lebenswichtiger Organe angedroht wurde. Das war – wie die Zeitschrift »Time« mit Recht betonte – eine ausgesprochene Niedertracht, zumal sich menschliche Körper nicht beliebig auswechseln lassen.
      Soviel Staub diese Affäre auch aufwirbelte – sie verblaßte angesichts eines völlig neuen Problems, das durch die Rebellion der Bordrechenmaschinen auf dem Raumschiff »Gottesgabe« akut wurde. Besagter Kalkulator erhob sich bekanntlich gegen Besatzung und Passagiere, entledigte sich ihrer, vermehrte sich und gründete einen Staat der Roboter.
      Wer meine Reisetagebücher kennt, wird sich erinnern, daß ich damals selbst in die Affäre mit der Rechenmaschine verwickelt war und in gewisser Weise zu ihrer Entwirrung beitrug. Als ich jedoch auf die Erde zurückkehrte, mußte ich bedauerlicherweise feststellen, daß der Fall »Gottesgabe« kein Einzelfall war. Revolten von Automaten wurden in der
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