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Die Waschmaschinentragödie

Die Waschmaschinentragödie

Titel: Die Waschmaschinentragödie
Autoren: Stanislaw Lem
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kosmischen Fliegerei zu einer entsetzlichen Plage. Eine kleine Nachlässigkeit – zum Beispiel das Zuknallen einer Tür – genügte, um einen
    Bordkühlschrank in Aufruhr zu versetzen.
      So geschah es jedenfalls mit jenem berüchtigten Deep Freezer des Transgalaktikers »Horda Tympani«. Jahrelang flösste der Name Deep Freezer den Piloten im Raum der Milchstraße Angst und Schrecken ein. Er überfiel Raumschiffe, versetzte die Passagiere mit seinen stählernen Schultern und seinem eisigen Atem in Panik, raubte Pökelfleisch, hortete Geld und Juwelen. Gerüchten zufolge soll er einen ganzen Harem von Rechenmaschinen besessen haben, aber es lä8t sich nicht sagen, was daran stimmte. Seine blutige Piratenkarriere endete erst durch den gezielten Schuß eines Polizisten, der einer kosmischen Patrouille angehörte. Der Polizist, ein gewisser Constablomatic XG-17, wurde zur Belohnung in der Vitrine eines New Yorker Büros der Lloydschen Interstellargesellschaften ausgestellt, wo man ihn heute noch sehen kann.
      Während der Weltraum vom Schlachtenlärm und von verzweifelten SOS-Rufen überfallener Raumschiffe widerhallte, machten die Meister des »Elektro-Jitsu«, des »Judomatic« und anderer Arten der Selbstverteidigung glänzende Geschäfte.
      Sie zeigten, wie man mit einem gewöhnlichen Büchsenöffner
    oder mit einer Kneifzange auch die gefährlichste Waschmaschine zur Strecke bringen kann.
      Sonderlinge und Originale braucht man bekanntlich nicht zu säen, sie keimen seit je von selbst. Auch in jener Zeit fehlten sie nicht. Sie verkündeten Thesen, die sich weder mit dem gesunden Menschenverstand noch mit der herrschenden Meinung vereinbaren ließen.
      Ein gewisser Kathodius Mattrass, Philosoph mit hausbackener Bildung und Fanatiker von Geburt, gründete die Schule der sogenannten Kybernophilen. Ihre Lehre besagte, daß die Menschheit von ihrem Schöpfer erschaffen worden sei, um den Zweck zu erfüllen, den auch ein Baugerüst zu erfüllen habe: Hilfsmittel zu sein, Werkzeug – Werkzeug, um die vollkommenen Elektronenhirne zu entwickeln.
      Die Mattrass-Sekte hielt das Weiterbestehen der Menschheit für ein reines Mißverständnis. Sie schuf einen Orden, der sich der Kontemplation des elektronischen Denkens widmete, und gewährte, soweit dies möglich war, allen Robotern Zuflucht, die etwas auf dem Kerbmetall hatten.
      Kathodius Mattrass selbst, unzufrieden mit dem Erfolg seines Wirkens, beschloß einen radikalen Schritt auf dem Wege zur völligen Befreiung der Automaten vom Joch des Menschen. Zu diesem Behufe holte er zu- nächst den Rat einer Reihe hervorragender Juristen ein, erwarb ein Raumschiff und flog zu dem verhältnismäßig nahe gelegenen Nebelfleck des Krab.
      In dessen leeren Gefilden, die nur von kosmischem Staub erfüllt waren, vollführte er schwer zu beschreibende Handlungen, die einen unvorstellbaren Skandal auslösten. Am Morgen des 29. August brachten alle Zeitungen die geheimnisvolle Kunde:
      PASTA POLKOS VI/221 berichtet: Im Nebelfleck des Krab wurde ein Objekt von der Größe 520 mal 80 mal 37 Meilen entdeckt. Das Objekt macht schwimmähnliche Bewegungen. Die Beobachtungen werden fortgesetzt.
      Die Nachmittagsausgaben brachten nähere Erklärungen: Das Patrouillenschiff VI/221 der kosmischen Polizei habe in einer Entfernung von sechs Lichtjahren einen »Menschen im Nebel« gesichtet. Der »Mensch« – er entpuppte sich aus der Nähe als Riese von mehreren hundert Meilen Länge, bestehend aus Kopf, Rumpf, Händen und Füßen – sei von einer dünnen Staubhülle umgeben. Er habe dem Patrouillenschiff zugewinkt und sich dann abgewandt.
      Die Aufnahme der Funkverbindung bereitete keine Schwierigkeiten. Das seltsame Wesen gab vor, der ehemalige Kathodius Mattrass zu sein. Vor zwei Jahren sei er an diesen Platz gekommen und habe sich, die lokalen Rohstoffreserven nutzend, in Roboter verwandelt. Er werde sich auch weiterhin, langsam, aber stetig vermehren, denn das sage ihm zu, und er bitte sich aus, ihn nicht daran zu hindern.
      Der Patrouillenkommandant tat, als akzeptiere er diese Erklärung, und verbarg seine kleine Rakete hinter einer Meteorenwolke. Nach einiger Zeit beobachtete er, daß sich der gigantische Pseudomensch allmählich in kleine Stücke teilte – jedes so groß wie ein gewöhnlicher Mensch. Die einzelnen Individuen verbanden sich miteinander, vereinigten sich zu einem kugelförmigen Gebilde, das aussah wie ein kleiner Planet.
      Das
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