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Die Waschmaschinentragödie

Die Waschmaschinentragödie

Titel: Die Waschmaschinentragödie
Autoren: Stanislaw Lem
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Unterstaatssekretär im State Department hielt es daraufhin für das beste, auf sein Vorhaben zu verzichten. Statt dessen erlag er bedauerlicherweise den Einflüsterungen eines Theologieprofessors, des Superintendenten Speritus, und berief sich auf die Heilige Schrift.
      Das war äußerst unüberlegt, denn Mattrass’ Anwalt parierte diesen Hieb mit einem weitschweifigen Elaborat, in dem er anhand von Bibelzitaten nachwies, daß Gott die Eva programmierte, indem er nur von einem Teil ausging und dabei sogar ausgesprochen extravagant verfuhr, verglichen mit den Methoden des Menschen. Dennoch sei nicht zu bestreiten, dass er Menschen geschaffen habe, denn niemand, der über einen klaren Kopf verfüge, könne Eva als Roboter bezeichnen.
      Das Department bezichtigte Mattrass und seine Nachfolger nun der widerrechtlichen Aneignung eines Himmelskörpers. Damit, so hieß es, habe er gegen das Mac-Flacon-Gesetz und ausserdem gegen eine Reihe anderer Rechtsgrundsätze verstossen.
      Der Anwalt unterbreitete dem Obersten Gericht daraufhin alle Akten und verwies auf die Widersprüchlichkeit der vom Department erhobenen Anschuldigungen. Vergleiche man einzelne aktenkundige Behauptungen miteinander, so sei sein Klient mal Vater und mal Sohn, mal Roboter und mal Himmelskörper. Er, der Anwalt, sehe sich deshalb gezwungen, das Department der willkürlichen Auslegung des Mac-FlaconGesetzes anzuklagen. Besonders absurd sei es, den Körper einer Person, des Bürgers Kathodius Mattrass, zum Planeten zu erklären – absurd in juristischer, logischer und semantischer Hinsicht.
      So hatte es begonnen.
      Bald schrieb die Presse nur noch über den »Vater-Sohn
    Planetenstaat«. Die Behörden leiteten neue Verfahren ein, aber sie wurden von dem unermüdlichen Anwalt des Kathodius Mattrass samt und sonders im Keime erstickt.
      Das State Department wusste genau, dass sein durchtriebener Gegenspieler nicht nur zum Scherz im Nebelfleck des Krab herum schwamm. Mattrass wollte einen Präzedenzfall schaffen, gegen den es keine gesetzliche Handhabe gab, und man war sich darüber im klaren, dass sein Schritt unabsehbare Konsequenzen nach sich ziehen würde, wenn es nicht gelänge, ihn als strafbar zu deklarieren.
      So brüteten denn die findigsten Köpfe Tag und Nacht über den Akten, verfielen auf immer gewagtere juristische Winkelzüge, emsig bemüht, ein feinmaschiges Netz zu knüpfen, in dem sich Mattrass verfangen und ein unrühmliches Ende finden sollte. Aber was sie auch immer ersannen – jeder ihrer Verstösse wurde durch Gegenaktionen des Anwalts vereitelt.
      Ich selbst verfolgte den Verlauf der Kämpfe mit lebhaftem Interesse, als ich eines Tages – völlig unerwartet – von der Anwaltskammer zu einer außerordentlichen Plenarsitzung eingeladen wurde, und zwar zur Debatte über die Affäre »Vereinigte Staaten kontra Kathodius Mattrass et Fortinbrass alias Planet im Nebelfleck des Krab«.
      Die Elite der Anwälte füllte die gewaltigen Logen, die Etagen und die Reihen im Parkett. Ich hatte mich ein wenig verspätet, die Beratungen waren bereits im Gange. So nahm ich in einer der letzten Reihen Platz und lauschte dem ergrauten Herrn, der gerade sprach.
      »Werte Kollegen!« sagte er und hob theatralisch die Hände. »Ungewöhnliche Schwierigkeiten harren unser, wenn wir zu einer juristischen Analyse dieses Problems schreiten! Ein gewisser Mattrass hat sich mit Hilfe einer gewissen Fortinbrass in Roboter verwandelt und sich im Maßstab eins zu einer Million vergrößert. So sieht die Angelegenheit vom Standpunkt des Laien aus – ein Standpunkt kompletter Ignoranz, heiliger Unschuld, denn ein Laie ist au8erstande, den Abgrund juristischer Probleme auch nur zu ahnen, der hier vor unserem entsetzten Auge klafft! Als erstes müssen wir entscheiden, mit wem wir es zu tun haben – mit einem Menschen, mit einem Roboter, mit einem Staat, mit einem Planeten, mit Kindern, mit einer Räuberbande, mit Verschwörern, mit Demonstranten oder mit Aufrührern. Bedenken Sie, meine Kollegen, wieviel von dieser Entscheidung abhängt! Erklären wir zum Beispiel, daß es sich nicht um einen Staat, sondern um eine usurpatorische Roboterbande handelt, um einen elektronischen Auflauf sozusagen, dann können wir uns nicht auf die Normen des Völkerrechts berufen, sondern nur auf Paragraphen wie »Störung der Ordnung auf öffentlichen Wegen«. Behaupten wir, daß Mattrass nach wie vor existiere, Kinder habe, dann resultiert daraus,
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