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Die Waffen des Lichtboten

Die Waffen des Lichtboten

Titel: Die Waffen des Lichtboten
Autoren: Hans Kneifel
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Hadamur empfand. Sie vertrauten einander, sie kannten sich seit langen Jahren, aber sie waren keine Freunde. Waren sie Feinde? Nein. Das Schicksal, das für Shallad Hadamur und ihn handelte, hatte sie auf Gedeih und Verderb mit dämonischer Strenge und Ausschließlichkeit aneinandergefesselt. Wenn die Macht des Shallad gebrochen war, würde auch er seinen Einfluss verloren haben. Also blieb ihm nichts anderes zu tun, als fortzufahren, wie es bisher immer wieder gewesen war. Luxon musste so schnell wie möglich gefangen werden.
    Algajar ließ den Vorhang zurückfallen und dachte nach einem letzten Blick auf die Mauern und Türme des Begräbnisturms, dass Shallad Hadamur wohl bald tief im Innern dieses gigantischen Bauwerks ruhen würde. Wieder zuckte er die Schultern und folgte dem Zug der Sklaven und Sklavinnen, die den Shallad hinwegschleppten.
    *
    Der Shallad war halb nackt. Sklavinnen wechselten die schweißnassen Gewänder. Feuchte Tücher lagen auf seinen Schultern. Als Algajar den Raum betrat, machte der unförmige Mann eine zornige Handbewegung. Sofort huschten die Sklavinnen hinaus. Hadamur deutete auf niedrige Polster, über denen kostbare Felle lagen. Die Männer setzten sich schweigend und schlugen die Augen nieder.
    »Berichte ihnen, Algajar, was sie wissen müssen«, brachte der Shallad hervor.
    Die Öffnungen der Fenster und Terrassentüren waren von dunklen Stoffen bedeckt. Im Raum herrschte ein kühles Halbdunkel. Über einen Teil des Bodens und eine Reihe von Säulen rieselte ein künstlicher Wasserfall. Überall standen Tische voller Kostbarkeiten. Die Soldaten, harte Männer mit Gesichtern, die Wetter und Sonne gegerbt hatten, hoben ihre Köpfe, als Algajar ihnen den Befehl des Shallad übermittelte.
    »Nehmt genügend Männer und Ausrüstung! Luxon hat mindestens zwei Begleiter, von denen er sich nicht trennen wird. Eine zierliche, hellhaarige Frau von zarter Gestalt und einen Jungen mit bräunlicher Haut. Kalathee und Samed. Ihr könnt sie behalten oder in die Sklaverei führen. Der Shallad will den Kopf Luxons und allen seinen Besitz. Besonders die Waffen. Es sind, soviel ich weiß…« Er schilderte das Aussehen der Lichtboten-Waffen so gut, wie er konnte. Dann stand er auf und fragte: »Wann werdet ihr die Patrouillen auf der Pilgerstraße verstärken können?«
    »Innerhalb von fünf Tagen.«
    »Ich bin vier Tage von Deneba hierher geritten. Es ist viel schneller zu schaffen. Ihr werdet in weniger als vier Tagen auf ausgeruhten Orhaken dort sein können. Geht jetzt.«
    Der Shallad schrie ihnen nach: »Jeder, der versagt, fällt meiner Strafe anheim.«
    Die Männer schlugen mit den Lederbändern, die ihre Handgelenke schützten, gegen die ledernen Brustpanzer, verbeugten sich und verließen das Gemach.
    Die schwammige Haut des alten, unförmigen Männerkörpers war bleicher als sonst. Die Augen, hinter dicken Wülsten aus Haut fast unsichtbar, gingen ziellos hin und her. Hadamurs Lippen öffneten sich und entließen ein gewaltiges Rülpsen. Dann keuchte er, von stoßweisem Husten immer wieder unterbrochen: »Du hast es niemandem gesagt?«
    »Nein, Herr«, sagte Algajar. »Aber alle in Luxons Karawane müssen das Geschrei des Alten gehört haben.« Dass auch Hodjaf Shakars letzte Worte gehört hatte, verschwieg er.
    »Dann sorge dafür, dass niemand übrigbleibt, der Shakars Geschwätz weitererzählen kann!«
    »Das habe ich bereits vorhergesehen«, erklärte Algajar. »Nachdem ich ausgeschlafen habe, breche ich mit meinen besten Männern auf.«
    »Er darf weder Logghard noch Hadam erreichen!« flüsterte Hadamur heiser und sank zurück. »Mein Wein, Algajar!«
    Der Krieger ergriff zögernd den Pokal und versuchte, den Rand zwischen die zitternden Lippen zu halten. Der Wein tropfte, während der Shallad schlürfend trank, auf die breiten Fleischwülste, die sich vom Hals bis zum Bauch hinzogen. Schweiß glänzte auf der fahlen, von Pusteln bedeckten Haut. Der Pokal war leer, und unwillig schob Hadamur Algajars Arm zur Seite.
    »Geh! Reite schnell. Töte Luxon! Er ist für uns die letzte Gefahr.«
    »Ich weiß es, Shallad«, sagte der Krieger. »Morgen bei Sonnenaufgang breche ich auf.«
    »Bringe mir seinen Kopf!«
    Auch Algajar verneigte sich knapp, bevor er den Raum verließ. Hinter sich ließ er ein Bündel aus Schrecken und Angst. Der Shallad zitterte, aber sein Verstand würde unablässig neue Mittel und Wege ersinnen, um jede Gefahr von seinem Thron fernzuhalten. Ein Menschenleben galt
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