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Die Waffen des Lichtboten

Die Waffen des Lichtboten

Titel: Die Waffen des Lichtboten
Autoren: Hans Kneifel
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nichts, wenn der Shallad zornig war. Einmal aber, sagte sich Algajar, während er aus dem Palast ging und den Unterführern seiner Krieger knappe Befehle zurief, würde selbst Hadamur seinen letzten Befehl geben müssen. Er dachte sicherlich bereits an diesen Tag, denn sonst würde er nicht so viel Mühe auf den Bau seines Mausoleums verwenden.
    Die ersten Orhakoreiter verließen bereits Hadam und ritten den einzelnen Stationen entlang der Pilgerstraße entgegen.
    *
    Jedes Dutzend Schritte, die sie weiter auf der Pilgerstraße zurücklegten, war ein weiteres Vordringen ins Unbekannte. Luxon war alles andere als ahnungslos, was die unmittelbare Zukunft betraf. Er witterte Unheil. Seine Gedanken kreisten um Verrat, Tod und Kampf. Und er gedachte, sich mit seinen Mitteln den Gefahren zu entziehen. Seine besten Möglichkeiten waren List, Betrug und Tarnung.
    Luxon beugte sich aus dem Sattel und rief hinüber zu Syreno: »He, Vogelreiter! Erzähle mir, was ich noch nicht weiß! Bist du sicher, dass wir auf der richtiger, Straße sind?«
    »Bei meiner Ehre!« bekräftigte der Pfader Socorra grimmig. »Siehst du die Knochen auf den Pfählen?«
    »Ich sehe sie deutlich!« sagte Luxon. »Was hält eigentlich die Länder, die sich ›das Shalladad‹ nennen, trotz ihrer Eigenarten zusammen?«
    »Es ist ohne jeden Zweifel der gemeinsame Glaube daran, dass der Shallad als verkörperte Person des Lichtboten, als inkarnierte Vorstellung einer Legende existiert.«
    »Nützt Hadamur seine Stellung aus?« fragte Luxon, obwohl er die Antwort bereits ahnte. Der Pfader und Syreno, der Vogelreiter aus der Kriegerschar des Hodjaf, brachen in ein bösartig klingendes Gelächter aus.
    »Er entfaltet seine persönliche Macht auf Kosten seiner Stellung. Er bereichert sich unangemessen. Seine Vorgänger haben sich damit begnügt, geringen und womöglich wohltuenden Einfluss auf andere Länder zu nehmen. Der Shallad nützt seine Macht aus – er eroberte und erobert noch immer. Deswegen gibt es auch uns, die Rebellen. Wir haben ihm, als es noch möglich war, Widerstand geleistet. Umsonst. Es hat niemals wirklich Krieg gegeben.«
    »Erstaunlich«, sagte Luxon und nickte. Teile dessen, was ihm die Männer über den Zustand im Süden berichteten, kannte er natürlich. Aber er fragte weiter und hörte sich geduldig alle Antworten an. Er konnte nur lernen.
    »Es gab und gibt Länder, die eine gewisse Eigenständigkeit behalten haben. In ihnen sind die Herrscher entweder völlig entmachtet worden, oder es sind Marionetten des Shallad. Das Wort des Shallad hat ein geradezu magisches Gewicht. Um seine Person ranken sich mehr Legenden, Märchen, Wahrheiten und halbe Wahrheiten, als du dir vorstellen kannst.«
    »Ich kann mir eine gewaltige Menge verschiedener Dinge vorstellen«, erklärte Luxon. »Wie verhält sich das Volk, die Menge der einfachen Menschen, Syreno?«
    »Es versteht nicht viel von diesen Zusammenhängen. Wenn der Herrscher wechselt, verändert sich für den Bauern und Hirten nichts. Nicht einmal für den Krieger. Und derjenige, der es wagen würde, ein lautes Wort gegen den Shallad Hadamur zu sprechen, lebt nicht lange. Auch in den Augen des einfachen Mannes ist er ein Frevler.«
    »Du hast dir eine schwere Aufgabe gestellt, Luxon!« brummte Socorra.
    Die Karawane ritt seit eineinhalb Tagen auf der Pilgerstraße. Die verwundeten Vogelreiter, die zu Algajars kleiner Truppe gehört hatten, waren von den Hodjaf -Rebellen in die Gefangenschaft geführt worden. Niemand zweifelte daran, dass Hodjaf sie zu seiner Art des Kampfes bekehren würde. Jedenfalls konnten sie nicht mehr verraten, was die Angehörigen von Luxons Karawane wussten – er, der Sohn des ermordeten Shallad Rhiad, würde ohne jeden Zweifel von Hadamurs Truppen bis zu seinem letzten Herzschlag gehetzt werden. Das war sicher, niemand gab sich irgendwelchen Träumen hin.
    Irgendwo vor ihnen zog eine andere Karawane, eine Pilgergruppe oder ein Zug von Gefangenen, die in Logghard als Söldner kämpfen sollten. Auf welche Weise und wogegen, das würde sich am Ende der Reise herausstellen.
    Falls einer von uns überlebt, dachte Luxon düster. Trotzdem warf er sein aufmunterndes Lächeln rundum. Er wusste, wie schnell die Stimmung der Karawane innerhalb kurzer Zeit wechseln konnte. Solange der Anführer Entschlossenheit und Kraft zeigte, wurden die anderen davon mitgerissen.
    »Und«, wagte Socorra in seiner praktischen, direkt den Problemen zugewandten Art zu sagen, »wenn du,
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