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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung
Autoren: Jemima Montgomery
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… ich vertraue mir selbst nicht mehr.“
    „Wie meinen Sie das?“
    „Wenn Sie unbedingt die Wahrheit wissen wollen – ich habe Mainz nicht mit Ihnen verlassen, um einmal mit einem Dampfschiff zu fahren oder Köln zu sehen ...“
    „Sondern?“
    „Es war der Wunsch, bei Ihnen zu sein – noch ein paar Tage mit Ihnen zu verbringen … bevor wir uns für immer trennen.“
    „Wir werden uns nicht für immer trennen ...“, sagte Hamilton.
    „Es gibt keine Entschuldigung für das, was ich getan habe. Eine unverheiratete junge Frau darf niemals mit einem unverheirateten Mann allein reisen, sofern sie nicht verwandt sind. Es war nicht Ihre Schuld, dass ich es getan habe, sondern allein meine – weil ich es wollte, ohne es mir einzugestehen. Das Unanständige der Situation ist mir erst heute Abend deutlich geworden, als der Kellner ...“
    „Er hat Sie für meine Frau gehalten, weiter nichts! Finden Sie die Vorstellung so entsetzlich?“, fragte Hamilton.
    „Der Kellner hat mich daran erinnert, dass ich mit Ihnen weder verwandt noch verheiratet bin“, fuhr Isabelle unbeirrt fort. „Ich muss gleich morgen zu meiner Stiefmutter zurückkehren, obwohl es im Grunde schon zu spät ist. Aber meine Stelle bei der Baronin werde ich auf keinen Fall antreten.“
    „Es freut mich, das zu hören ...“
    „Mir tut es sehr leid.“
    „Sie wären als Gouvernante einfach nicht geeignet, glauben Sie mir, obwohl Sie eine ausgezeichnete Ausbildung genossen haben und hervorragend Französisch sprechen.“
    „Sie haben recht, ich bin als Gouvernante wirklich völlig ungeeignet – ich bin nicht berechtigt, die Erziehung eines jungen Mädchens wie das der Baronesse Walldorf zu übernehmen. Wir waren … ich war unverzeihlich leichtsinnig. Es ist am besten, wenn wir uns sofort trennen, bevor … Ich werde gleich morgen nach Mainz zurückkehren und Sie reisen weiter nach England.“
    „Ich würde auch nach Schottland gehen, wenn Sie mitkommen würden, Isabelle – und das ist kein Scherz“, antwortete Hamilton. „Ich habe Ihr ausführliches Selbstgespräch angehört, jetzt hören Sie bitte auch mir zu. Dass ich Sie bewundere und verehre, das wissen Sie, vermutlich wissen Sie auch längst, dass ich Sie aufrichtig liebe. Und wenn ich Ihnen nicht schon vor meiner Abreise aus München einen Heiratsantrag gemacht habe, dann liegt das vor allem daran, dass ich Angst hatte, abgewiesen zu werden und das Schicksal von Graf Zedwitz zu teilen.“
    Hamilton hielt kurz inne, konnte in der Dunkelheit aber nicht erkennen, ob sich Isabelles Gesichtsausdruck bei dieser Erklärung veränderte. Er schilderte ihr seine familiäre und finanzielle Situation und die Möglichkeiten, die sich ihm durch die Erbschaft von fünftausend Pfund boten, die er allerdings erst in einem Jahr erhalten würde. Ein Jahr aber kann quälend lang sein, wenn man durch eine große Entfernung getrennt ist, und auch wenn er nicht den geringsten Zweifel habe, dass er sie auch in zwölf Monaten noch genau so lieben werde wie heute, so würde er sie doch am liebsten sofort heiraten – und zwar in Schottland, in Gredna Green, wo sich jedes Paar auch ohne Zustimmung der Familie trauen lassen kann.
    Isabelle hörte ihm schweigend zu; ihre Kehle war wie zugeschnürt. Nie hatte sie geglaubt, dass Hamilton sie wirklich heiraten wollte, dass er sie so bald heiraten könnte. Er deutete ihr Schweigen falsch und fürchtete sofort, dass sie ihn doch nicht liebte, dass all seine Hoffnungen zerplatzen würden wie Seifenblasen.
    „Es … es ist vielleicht nicht das, was Sie hören wollten“, stieß Hamilton schließlich hervor. „Sie wissen vermutlich nicht, wie Sie mir sagen sollen, dass Sie mich gar nicht lieben ...“   
    „Nein, das nicht … Aber Sie haben mich so lange im Ungewissen gelassen … und nicht nur mich. Hätten Sie nicht auch Sophie heiraten können, wenn Sie gewollt hätten?“
    „Wenn ich es unbedingt gewollt hätte – ja. Aber ich habe sie nicht geliebt, ich habe nie daran gedacht … für Sophie ein solches Opfer zu bringen. Um Sie heiraten zu können, ist mir kein Opfer zu groß, Isabelle.“
    „Aber … Sie waren sich lange Ihrer Gefühle nicht sicher, nicht wahr?“
    „Isabelle – was verlangen Sie von mir?“, rief Hamilton ungewohnt heftig. „Ich habe Ihnen mein Herz zu Füßen gelegt, was wollen Sie noch? Warum quälen Sie mich?“
    „Ich will Sie weder quälen noch verletzen, Alexander“, sagte sie leise und zögernd, „aber – ich kann Ihr
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