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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung
Autoren: Jemima Montgomery
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das Fenster öffne?“
    „Überhaupt nicht. Sie können ein Dutzend rauchen, wenn Sie wollen.“
    Hamilton öffnete das Fenster und beugte sich hinaus, um das Schauspiel im Garten zu beobachten, der voller Menschen war und mit Kerzen erleuchtet wurde, die durch Glaskugeln vor dem Wind geschützt wurden. Das Murmeln der Stimmen und leises Gelächter drangen zu ihm herauf, und wenn er nicht immer noch gehofft hätte, Isabelle doch noch zu sehen, dann wäre er wohl hinunter gegangen. Nicht in der Hoffnung auf ein besonderes Vergnügen, sondern um sich abzulenken und die unangenehmen Gedanken zu verdrängen, die ihn in einen Zustand nervöser Gereiztheit versetzten. Isabelles bei ruhiger Überlegung mehr als verständliches Verhalten ärgerte ihn – es stand einfach in zu großem Gegensatz zu seinem eigenen fieberhaften Verlangen. Die alte Eifersucht auf seinen Rivalen Zedwitz stieg wieder in ihm auf. Es war mehr als wahrscheinlich, dass Isabelle ihre Stellung als Gouvernante bald hassen würde. Wenn Zedwitz im richtigen Moment auftauchen und erneut um ihre Hand anhalten würde – was sollte sie daran hindern, seinen Antrag erleichtert anzunehmen. Hatte sie nicht selbst gesagt, dass er sie mehr liebe als jeder Andere, mehr als sie es verdiene? Die quälenden Gedanken ließen ihm keine Ruhe, er ging unruhig im Zimmer auf und ab. Schließlich klopfte er erneut.
    „Isabelle, das Musikkorps wird gleich im Garten spielen – wollen Sie nicht herauskommen, um zuzuhören?“
    „Nein, ich danke Ihnen.“
    „Aber Sie sind doch sicher noch nicht zu Bett gegangen?“
    Sie antwortete nicht.
    „Sie sind doch sicher noch auf? Ich möchte mit Ihnen sprechen – öffnen Sie bitte die Tür … Ich flehe Sie an!“
    „Sie können morgen mit mir sprechen.“
    „Ich möchte es Ihnen jetzt sagen.“
    „Und ich möchte es lieber morgen hören.“
    Hamilton wusste, dass es sinnlos war, sie weiter zu bedrängen. Er ging zurück zum Fenster und stand dort über eine Stunde, in Gedanken versunken, ohne von dem Geschehen im Garten viel mehr mitzubekommen als einige vom Wind verwehte Musikstücke. Er schloss das Fenster, sah sich deprimiert in dem Zimmer um, das als Schlafgemach wenig Bequemlichkeit verhieß, löschte die Lichter und warf sich der Länge nach auf das Sofa. Aber an Schlaf war nicht zu denken, denn die Ungewissheit, ob Isabelle etwas für ihn empfand oder nicht, zehrte an seinen Nerven. Er wollte nicht bis morgen warten, um es zu erfahren. Isabelle hatte nicht das Recht, ihn auf diese Weise zu quälen. Er stand auf und tastete sich durch das dunkle Zimmer bis zu ihrer Tür. Er klopfte erneut und sagte leise: „Isabelle, ich kann nicht schlafen.“
    „Das tut mir sehr leid“, sagte sie. Offensichtlich war sie noch wach. „Wahrscheinlich ist es das Sofa ...“
    „Ja, das Sofa“, sagte Hamilton.
    „Ich wollte, ich könnte Ihnen dieses Zimmer abtreten, aber ...“
    „Das ist nicht nötig“, antwortete er. „Geben Sie mir nur ein paar von den Kissen, die Sie nicht brauchen, dann werde ich es ganz bequem haben.“
    „Wie dumm von mir, dass ich nicht selbst daran gedacht habe“, rief sie und öffnete die Tür. „Mir ist in den letzten Stunden so viel durch den Kopf gegangen ...“
    „Mir geht es genauso“, sagte Hamilton, der sich gar nicht um die Kissen kümmerte, die sie für ihn zusammensuchte. „Lassen Sie uns darüber sprechen.“
    „Nicht jetzt, morgen!“
    „Jetzt, in diesem Augenblick!“ ,sagte er ungeduldig und setzte sich aufs Sofa.
    Sie schüttelte den Kopf und blieb stehen.
    „Was wollen Sie mir mit Ihrer kühlen Zurückhaltung zu verstehen geben, Isabelle? Wollen Sie mich kränken?“
    „Nein, wirklich nicht“, antwortete sie gequält. „Aber es ist bald Mitternacht, das ist wirklich nicht die richtige Zeit, um zusammen auf dem Sofa zu sitzen. Sie wissen selbst sehr gut, dass ich nie mit Ihnen allein hätte reisen dürfen, ich dürfte nicht mit Ihnen in diesem Hotel sein, wir dürften keine Stunde allein hier verbringen … Falls jemand zufällig davon erfahren sollte, wäre mein Ruf für immer ruiniert … Ich werde Gelegenheit genug haben, diesen Fehler zu bereuen.“
    „Gütiger Himmel!“, rief Hamilton. „Was habe ich denn gesagt oder getan ...“
    „Oh nein, nichts“, unterbrach ihn Isabelle.
    „Was werfen Sie mir denn vor, wenn ich gar nichts getan habe, um Ihr Vertrauen zu mir zu erschüttern?“   
    „Ich werfe Ihnen gar nichts vor“, antwortete sie und seufzte. „Es ist nur
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