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Die verschollene Symphonie

Die verschollene Symphonie

Titel: Die verschollene Symphonie
Autoren: James A. Owen
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wieder und wieder gescheitert, trotz all unserer Bemühungen. Schließlich sind wir, das Quorum der Judas, zu einer bahnbrechenden Erkenntnis gelangt: Dass sich die Umkehrung unserer Kontrolle entzogen hatte, lag nicht an einem Fehler in der Vergangenheit, sondern an einem Fehler in der Umkehrung selbst. Wir haben uns buchstäblich auf den falschen Augenblick konzentriert. Die Ereignisse, die Sie heute Nacht erlebt haben«, sagte er mit Nachdruck, »bedeuten, dass wir uns dieses Mal auf den richtigen Augenblick konzentriert haben.«
    »Das hoffen Sie jedenfalls.«
    »Wir sind uns ziemlich sicher.«
    »Ich habe nur noch eine Frage«, sagte Marisa. »Wenn Sie diese ›Umkehrung‹ schon so viele Male wiederholt haben, warum ist der gegenwärtige Juda, ›Vierzehn‹, nicht hier geblieben, wo er Galen am besten hätte überwachen können?«
    »Er verfolgt seine eigenen Ziele, die er für genauso wichtig hält. Manche von uns mögen nicht seiner Meinung sein, aber letztlich ist dies seine Echtzeit und er kann tun und lassen, was er will.«
    »Ich dachte, er sei zum Anfang der Umkehrung zurückgesprungen, um zu verhindern, dass sie rückgängig gemacht wird?«
    »Nein«, sagte Doktor Syntax und schüttelte den Kopf. »Die Umkehrung ist bereits im Gange. Wenn wir einen neuen Endpunkt schaffen, könnte dieser sich positiv auf die Wende auswirken, anstatt sie zu verhindern. Es gibt keinen Endpunkt vor der Umkehrung, zu dem wir springen könnten, jedenfalls nicht ohne Kenntnis der richtigen Koordinaten. Zugegeben, man könnte sie durch Ausprobieren ermitteln, aber das würde Ewigkeiten dauern. Und bis dahin wäre es längst zu spät.«
    »Aber kann er… Sie… einer von Ihnen nicht zu einem Zeitpunkt vor der Umkehrung zurückreisen und ein paar Dinge verändern?«
    Doktor Syntax kicherte. »Meine Liebe, das hier ist nicht Die Zeitmaschine. Wir können nicht einfach nach Belieben in die Zukunft oder die Vergangenheit reisen, zu jedem Zeitpunkt, der uns passt. Oh, theoretisch ist das schon möglich – jeder Augenblick ist auf die eine oder andere Weise der Endpunkt einer Zeitschlaufe. Man muss also nur den entsprechenden Endpunkt ausfindig machen und hindurchspringen. Das Problem ist aber, dass es Milliarden und Abermilliarden von Endpunkten gibt, die keinen Anschluss zu einem anderen bedeutenden Endpunkt haben. Dies ist besonders in der Nähe von Umkehrungspunkten der Fall, die schließlich über einen solchen Anschluss verfügen.«
    »Sie wollen damit also sagen, dass es Jahrhunderte dauern könnte…«
    »Noch viel länger. Ich versichere Ihnen«, sagte Doktor Syntax und blickte wehmütig aus dem Fenster, »es könnte ein ganzes Leben dauern.«

 
EPILOG
Selbst ist der Mann
     
    Die Zeitwirbel, die der letzte Sprung ausgelöst hatte, wurden schwächer und sanken zu Judas Füßen hinab, während er in der Dunkelheit des Hauseingangs stand und wartete. Die Millionen von Jahren, die er nun schon durch die Zeitschlaufen gereist war, hatten endlich das gewünschte Ergebnis erbracht: einen Endpunkt, der weniger als zwanzig Jahre von der Umkehrung der Weltanschauung entfernt war. Ein Endpunkt, der ihn in eine schmutzige Straße führte, die ihm noch im selben Augenblick so vertraut war, als hätte er sie nie verlassen. Ein Gemisch aus Sinneseindrücken und Gerüchen strömte auf ihn ein, die er längst in die tiefsten Winkel seiner Erinnerung verbannt hatte.
    Und Schritte.
    Ein vertrauter Rhythmus, das Klappern von Absätzen, die über das Kopfsteinpflaster des Elendsviertels im östlichen London hasteten. Das hektische Tempo sagte ihm, dass sie sich noch nicht mit Alkohol versorgt hatte. Später, nach dem Wodka, waren ihre Schritte stets langsamer und hielten oft gänzlich in irgendeinem schützenden Hauseingang inne, wo sie ihren Rausch ausschlafen konnte.
    Eine schmale Gestalt, der man ihr Alter und das fehlende Korsett ansah, eilte vorüber, und unwillkürlich streckte Juda den Kopf aus dem Hauseingang, um ihr mit den Blicken zu folgen. Ihr dunkles Haar war sorgfältig hochgesteckt, und unter anderen Umständen hätte sie beinahe den Eindruck von mädchenhafter Naivität erweckt. Sie hielt kurz inne, als hätte sie seine Anwesenheit gespürt, und setzte dann ihren Weg in die Arme ihrer ureigensten Dämonen fort.
    Ach, Mutter, dachte Juda bei sich. Meine Mutter.
    Würde sie betrunken sein, wenn der Mann, der in Kürze auftauchen würde, in sie eindrang und seinen Samen hinterließ? Vielleicht würde sie auch einen Handel
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