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Die verschollene Symphonie

Die verschollene Symphonie

Titel: Die verschollene Symphonie
Autoren: James A. Owen
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nächsten standen einfach statt fünf Menschen zwanzig im Raum, und von diesen hatten siebzehn zum einen oder anderen Zeitpunkt den Namen Juda getragen.
    »Seien Sie gegrüßt«, sagte Eins. »Wir würden uns gern mit Ihnen unterhalten, wenn es Ihnen recht ist.«

 
KAPITEL ZWÖLF
Walhalla
     
    Die erste Reaktion auf die plötzlich aufgetauchten Neuankömmlinge zeigte überraschenderweise das Huhn Henrietta. Es kreischte freudig auf und flatterte dem Sprecher, der die Bezeichnung Eins trug, direkt in die Arme.
    »Hallo, mein Mädchen«, sagte er liebevoll, schnalzte mit der Zunge und kraulte das Huhn am Hals. »Haben sie gut auf dich Acht gegeben?«
    »Es hat ihr an nichts gefehlt«, sagte Marisa, die sich wieder einigermaßen gefasst hatte. »Wir haben ihr frisches Wasser und Kräcker gegeben.«
    »Vielen Dank«, sagte Eins. »Sie sind immer noch genauso entgegenkommend, wie ich Sie in Erinnerung habe.«
    »Wer sind Sie?«
    »Ist das nicht offensichtlich?«, sagte er und lächelte. »Ich bin genau der, für den Sie mich halten – schieben Sie alle Logik beiseite und sprechen Sie es aus. Sie wissen, dass es die Wahrheit ist.«
    »Juda«, sagte sie. »Sie sind Juda – Sie alle.«
    »Ja, jeder Einzelne von uns. Allerdings ist der Juda, den Sie kennen, der Einzige, der tatsächlich in diese Zeitschlaufe gehört. Wir nennen ihn ›Vierzehn‹. Mein Name ist Eins.«
    Galen blickte zu Doktor Syntax hinüber. »Deshalb hat er Sie ›Zwei‹ genannt.«
    Doktor Syntax und drei der anderen Judas nickten.
    »Aber wie ist das möglich?«, fragte Maddox. »Wie können Sie alle hier sein? Und wie können Sie alle Juda sein?«
    »Weil wir glauben, dass die Gegenwart das ist, was man aus ihr macht. Und ebenso steht es mit der Vergangenheit und der Zukunft. Als Vierzehn – der Juda, den Sie kennen – Ihnen von der Zwischenzeit erzählt hat, hat er Ihnen verschwiegen, dass es sich dabei um einen Ort handelt, den es wirklich gibt. Vor einigen Jahren hat ein Physiker namens Julian Barbour die Theorie aufgestellt, dass es eine Art zeitloses Universum geben könnte – einen Ort, den er Platonia genannt hat. Bei Barbour ist Platonia das Land der Gegenwart, und diese Gegenwart ist ein erstarrter Augenblick, ein Schnappschuss des gesamten Daseins, so wie es in diesem Augenblick existiert und im nächsten und im nächsten. Und von all den Augenblicken, die dazwischen liegen. Die Gesamtheit dieser verschiedenen Augenblicke der Gegenwart macht Platonia aus. Mit Hilfe der Anabasis-Maschine konnten wir uns innerhalb von Platonia zu Punkten in verschiedenen Vergangenheiten bewegen, auf der Suche nach einer bestimmten Zukunft. In Platonia existieren Milliarden von Zukünften gleichzeitig, aber eine bestimmte Zukunft aufzuspüren, das ist nicht ganz einfach. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis Wirklichkeit wird, ist letztlich von vielen Einzelereignissen abhängig, und diese wiederum werden durch ihre Wechselwirkung mit anderen Ereignissen bestimmt. Jene Ereignisse, die die meisten Wechselwirkungen entfalten, haben also logischerweise die besten Aussichten, Wirklichkeit zu werden. Dabei ist die Identität einer Person ein wichtiger Faktor. Galen wurde zu Hagen, weil er zum damaligen Zeitpunkt Hagen näher stand als seiner eigenen Identität. Aus demselben Grund sind wir im Augenblick hier, weil wir beschlossen haben, diesem Zeitpunkt mehr Aufmerksamkeit zu widmen als anderen.«
    »Können Sie mit dieser Anabasis-Maschine tatsächlich nach Belieben durch die Zeit reisen?«, erkundigte sich Maddox.
    »Im Grunde schon«, sagte Acht. »Ganz so leicht ist es allerdings nicht gewesen. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man die Maschine nur dazu benutzt, Ereignisse zu beobachten oder sie tatsächlich zu beeinflussen. Wir haben beinahe zwei Jahrhunderte gebraucht, um die Technik zu vervollkommnen.«
    »Die Gesetze der Physik erzeugen die Illusion, dass der Zeitfluss wirklich existiert«, sagte Eins. »Das stimmt jedoch nicht. Er ist und bleibt eine Illusion. In Wirklichkeit ist das Universum zeitlos – das heißt, die Zeit fließt nicht, sie existiert einfach nur. Allerdings werden wir uns nie vollkommen von der zeitlichen Wahrnehmung lösen können. Wir werden die Zeit immer als fließend erfahren, weil wir den Unterschied wahrnehmen können, der sich zwischen unserer eigenen Lebensdauer und dem Verfall der Dinge um uns ergibt. Wenn jedoch alle ›Zeiten‹ gleichzeitig existieren, kann der Juda der Gegenwart problemlos zur gleichen Zeit
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