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Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Titel: Die Vergessenen. Thriller (German Edition)
Autoren: Mike Wächter
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auf, um den Mann mit der Maske zu fesseln.
     
    Fünf Minuten später schleifen sie gemeinsam den immer noch bewusstlosen Sebastian zu dem dunkelblauen Audi und verfrachten ihn auf die Rückbank.
    »Geht es wieder?«
    Carlo legt Eva eine Hand auf die Schulter.
    »Ich glaube schon.«
    Sie atmet tief durch.
    »Was machen wir jetzt mit ihm?«
    »Keine Ahnung. Wenn ich nur wüsste, wo Kimski sich herumtreibt.«
    In diesem Moment ertönt ein leises Kratzen vom Heck des Autos. Als sie den Kofferraum öffnen, finden sie zu ihrer freudigen Überraschung einen schlecht gelaunten Kimski vor.

Epilog
    November 1968
    Mannheim
     
    Klara irrte ziellos durch die Straßen der Stadt. Sie hatte geweint, so viel, dass keine Tränen mehr kamen. Der Arzt hatte ihr gesagt, dass nun endgültige Gewissheit bestehe, sie sei tatsächlich schwanger. Dies sei in ihrem Alter zwar ungewöhnlich, aber auch nicht unmöglich. Nachdem sie die Praxis verlassen hatte, fingen die Tränen an, unablässig zu laufen.
    Sie hatte den Besuch beim Frauenarzt so lange herausgezögert, wie es nur ging. Eugen kam als Vater ganz bestimmt nicht infrage. Nicht nur, weil sie all die Jahre ihrer Beziehung nicht schwanger geworden war, sondern weil sie auch während ihres Urlaubs und in den Wochen zuvor überhaupt nicht miteinander geschlafen hatten. Das Kind konnte nur von – nein, sie konnte es nicht mal denken!
    Wie sollte sie nur ihre Schwangerschaft Eugen erklären? Sie sprachen seit ihrer Rückkehr aus Spanien nur noch das Nötigste miteinander. Was er in der Zwischenzeit getrieben hatte, war nicht aus ihm herauszubekommen. Auch sie hatte begonnen, beharrlich zu schweigen. Und nun? Eugen würde sie mit Sicherheit vor die Tür setzen. Und vielleicht war es sogar besser so.
    Als sie merkte, wo sie sich befand, blieb sie stehen und sah sich um. Hier hatte alles begonnen. Wirklich alles. Links von ihr befand sich das Grundstück, auf dem die große Synagoge gestanden hatte. Wie lang war das jetzt her? Bald drei Jahrzehnte, mittlerweile hatten Wohnhäuser ihren Platz eingenommen, nichts ließ mehr darauf schließen, dass sich hier einst ein Gotteshaus befunden hatte. Klara blickte schräg über die Straße. Vor ihr auf der gegenüberliegenden Seite ragte der graue Betonturm der neuen Trinitatiskirche in die Höhe. Wie lange sie schon in keinem Gottesdienst mehr gewesen war. Die Erlebnisse der letzten Jahre, ihre Suche nach Antworten und nach Gerechtigkeit hatten ihren Glauben zur Nebensache werden lassen, zur Fußnote degradiert. Es war ein schleichender Prozess gewesen.
    Zunächst hatte sie nicht mehr so oft in der Bibel gelesen, nicht mehr so häufig gebetet, war nicht mehr regelmäßig in die Kirche gegangen, bis sie all dies irgendwann überhaupt nicht mehr tat. Glaubte sie überhaupt noch? Konnte sie nach all dem noch glauben, wo es doch nirgendwo auf dieser Welt Gerechtigkeit gab?
    Klara legte ihre Hände auf den Bauch und konnte doch wieder weinen. Dieses Kind zum Beispiel, es konnte doch für ihre Notlage überhaupt nichts. Sebastian, ein Opfer des Bösen, der Bösartigkeit dieser Welt. Sie trocknete sich die Augen und setzte sich auf die Stufen vor der Kirche. Sie musste an früher denken, an ihre Kindheit. Wie einfach es ihr damals gefallen war zu glauben. Damals hatte sie sich geborgen gefühlt, wenn sie den Worten des Pfarrers gelauscht hatte.
    Nach einigen Minuten stand sie auf und lief um die Kirche. Hinter dem Gebäude, zwischen dem Hintereingang und dem Zugang zum Gemeindehaus, fand sie einen Schaukasten, in dem die Gottesdienstzeiten angegeben waren, diese merkte sie sich. Danach schweifte ihr Blick über die anderen Aushänge, Einladungsschreiben zu Gebetstreffen, Bibelverse und Ankündigungen. Und dann war dort noch ein Gedicht angebracht. Die Zeilen waren von Dietrich Bonhoeffer, der sie im Winter 1944 in einer Gestapozelle geschrieben hatte, wenige Wochen vor seiner Hinrichtung im Konzentrationslager Flossenbürg. Von guten Mächten treu und still umgeben , war dort zu lesen. Auch kurz vor seinem Tod hatte Bonhoeffer den Halt in seinem Glauben nicht verloren. Wir erwarten getrost was kommen mag und Gott ist bei uns am Abend und Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag .
    Klara schloss ihre Augen und ließ die Worte auf sich wirken. Dann sah sie auf und las sie erneut. Vielleicht würde sie am Sonntag wirklich den Gottesdienst besuchen. Dann machte sie sich auf den Weg nach Hause.
     
    Sonntag, 4. Mai
    Flughafen Frankfurt
     
    »Und was, wenn du
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