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Die Vergessenen Schriften IV

Die Vergessenen Schriften IV

Titel: Die Vergessenen Schriften IV
Autoren: Markus Heitz
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Buchstäblich.
    „Aklán! Ein Geschenk erwartet dich“, rief sie ihm verheißungsvoll nach.
    „Ach ja. Tirîgon erwähnte es. Mit Brandflecken.“ Er sah sich um. Seine Neugier war von den Überlegungen zum Tonikum vorübergehend erstickt worden. Nun loderte sie wieder. „Wohin stellte er es?“
    Serîdai wies auf die beschlagene, dicke Tür zu den Verließen. „Dort hinein.“
    „Kein Elb?“
    „Kein Elb. Und er … verbat mir, darüber zu sprechen.“
    Sisaroth runzelte die Stirn, schritt auf den Eingang zu und betätigte die Kurbeln, welche die dicken, schweren Eisenbolzen aus den Halterungen zogen. Nur ein Drache oder ein schwereres Wesen würde dank seiner Masse und der Wucht aus dem Verließ ausbrechen können, alle anderen blieben auf die Gnade der Drillinge angewiesen.
    Klickend entriegelten die armdicken Zapfen.
    Sisaroth öffnete das gewaltige Schott spielend leicht dank der findigen Lagerung der Scharniere. Der Gang dahinter war von Öllampen beleuchtet, das schwache Licht genügte den Albaugen vollkommen.
    Er ging los, seine Neugier stieg mit jedem lautlosen Schritt.
    Nach zwei weiteren Gittern, deren Schlösser er mit seinem Siegelring aufsperrte, gelangte Sisaroth in den Sammelraum, wo sich zurzeit nur ein einziger Gefangener befand.
    Angekettet an einer Haltung am Boden saß ein älterer Zwerg, der seiner schmalen Statur nach dem Stamm der Vierten entsprang. Er trug nichts als ein versengtes Untergewand sowie ein Lederwams darüber, die Haare im Gesicht und auf dem Kopf waren von Lohen weggesengt worden. Sisaroth vermochte das verschmorte Horn zu riechen.
    Das Geschenk meines Bruders. Gespannt näherte er sich dem Unterirdischen. Was macht dich so besonders, Bergmade?
    Der Gefangene hockte trotzig im Schneidersitz auf dem kalten Boden, die Arme vor der Brust überkreuzt. „Ah, Schwarzauge! Das kannst du vergessen, dass ich für euch etwas tue wie die anderen Verräter!“, grummelte er in der Allgemeinsprache.
    Sisaroth lachte leise und böse. „Weswegen sollten wir die grobe Arbeit eines Unterirdischen wie dir benötigen?“
    „Na, weil ich der beste Gemmenschneider der Vierten bin?“, hielt der Gefangene verblüfft dagegen. „Ist das nicht der Grund, weswegen ihr mich entführt habt?“
    Jedenfalls nicht der Grund, weswegen Tirîgon dich mitnahm. „Wie ist dein Name?“
    „Bendolín Drusenfinder aus dem Clan der Drusenberger vom Stamm der Vierten“, erwiderte er und staunte noch mehr. „Dann wusstet ihr nicht mal, wen ihr bei eurem Überfall mitnahmt?“ Er lachte und schlug sich auf die Oberschenkel, dass die Ketten klirrten. „Das ist mir in meinen vierhundertelf Zyklen nicht geschehen! Ich, der Meister der Gemmenkunst, und ….“
    „Schweig!“ Ein altes Exemplar! Sisaroths Gesicht nahm einen freudigen Ausdruck an. Er erinnerte sich, dass er seinem Bruder gestanden hatte, die Tinkturen und Tränke bislang an Unterirdischen von geringerem Alter ausprobiert zu haben. Tirîgon schien der Meinung zu sein, dass die Versuchsreihe mit einem Unterirdischen jenseits von vierzig Teilen der Unendlichkeit beginnen sollte. Er riecht nach Talg, Feuer und Schweiß. Widerlich. „Woher rühren die Brandspuren?“
    Bendolín hatte die Hände gestikulierend erhoben. „Ich stand an der Esse und arbeitete an einer Ringfassung, als die Verräter des dritten Stammes über mich herfielen und sich einer den Spaß machte, fest auf den Blasebalg zu treten“, grollte er.
    „Warte. Ich gebe dir etwas gegen die Schmerzen.“
    Der Unterirdische lachte schallend. „Du denkst doch nicht, dass ich von dir etwas annehme? Du willst mich vergiften!“
    Sisaroth betrachtete ihn mit verächtlicher Miene. „Wir verschonen dein Leben, um dich in unserem Reich zu vergiften. Sag, klingt das schlüssig?“
    „Es … könnte ein Serum sein, um mir Geheimnisse zu entreißen“, weigerte sich Bendolín beharrlich.
    „Schon besser. Und es wäre klug von uns, nicht wahr?“ Sisaroth erhob sich und bewegte sich auf den Ausgang zu. „Ich komme wieder.“
    „Ja, komme wieder!“, rief der Unterirdische spöttisch. „Sieh mir ruhig zu, wie ich verhungere und verdurste! Das werde ich nämlich, bevor ich …“
    Der Alb schloss die Tür hinter sich, und die schreckliche Unstimme des Gefangenen war verschwunden. Noch eine Silbe mehr, und ich hätte ihn umgebracht.
    Die Weigerung der Bergmade wäre bald dahin. Und ich kann meine Tränke an ihm ausprobieren! Innerlich jubelte Sisaroth – gleichzeitig wusste er: Sollte das
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