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Die Vergessenen Schriften IV

Die Vergessenen Schriften IV

Titel: Die Vergessenen Schriften IV
Autoren: Markus Heitz
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würde ich diese Südbastarde dazu benutzen!
    Er erreichte das untere Stockwerk und begab sich sogleich in den Trakt, in dem Serîdai und er die Nachforschungen betrieben, die in ein Mittel münden sollten, das die Geschwister gegenüber den Unterirdischen in eine bessere Position brachte. Natürlich ohne Aiphatòns Wissen.
    „Serîdai, bist du schon bei der Arbeit?“, rief er durch die Vorhalle, eilte auf die vier Schritt hohe, mit Kupferblech beschlagene Flügeltür und öffnete sie.
    Dahinter lag das geräumige, vollgestellte Labor, in dem er und die Cîanai an unzähligen Tischen mit Apparaten und in Wäldern aus Glaskolben, -röhrchen und Destillen nach neuen Tränken forschten. Weißliche Schwaden waberten umher, der Ausgangspunkt lag in der linken hinteren Ecke des Raumes.
    Ein großer Abzug wie über einer Esse fing und leitete die Dämpfe hinaus, sodass die Albae nicht erstickten oder den schädlichen Ausgasungen ihrer eigenen Versuche zum Opfer fielen; dazu gab es kleinere, unzerbrechliche Glaskammern mit eigenen Abzugsschloten, wenn ein Gebräu zu sehr qualmte oder sie die Wirkung eines Gases an einem Wesen ausprobierten.
    Die weiteren Türen führten zu den Verließen, der Bibliothek, den Vorratsräumen und den Denkstuben, wie Sisaroth es nannte. Er und die Cîanai zogen sich zwischendurch dahin zurück, um in Ruhe zu schreiben, zu grübeln oder eine Erholungspause einzulegen.
    „Serîdai? Lebst du noch?“
    Die Albin tauchte aus weißlichen Schwaden auf und hob die Hand als Zeichen, dass alles in Ordnung war. „Hier bin ich, Aklán“, antwortete sie heiser. „Verzeih, ich hatte mehr Erfolg als berechnet.“
    Sisaroth grinste. Er mochte es, als Gott bezeichnet zu werden, ohne dass er darauf bestehen oder daran erinnern musste. Der schwache Geruch von Waldbeeren und Minze hing im Raum. „Was hast du gemischt? Pastillen zur Erfrischung?“
    Serîdai lachte und hustete gleichzeitig. „Nein, ich suchte nach einer Möglichkeit, den Geschmack des faulenden Blutdestillats zu übertünchen, doch es ist nicht leicht.“
    Sisaroth sah die spindeldürre Albin auf sich zukommen, die in dem weißfleckigen Gewand an einen schmutzigen Spuk erinnerte. Die langen blonden Haare trug sie in einem Zopf, den sie schalgleich um den Hals gelegt hatte. „Du solltest mehr essen, Serîdai. Sonst stirbst du mir an Entkräftung.“
    „Das würde ich niemals, Aklán“, widersprach sie entrüstet, und ihre helle Stimme klang wie das Rascheln des Windes. „Nicht bevor wir den Trank erschaffen haben, um die Unterirdischen stärker an uns zu binden.“
    „Auch dann nicht! Wir werden Nachschub benötigen.“ Sisaroth legte ihr eine Hand auf die Schulter und spürte nichts als Knochen und Haut. Sah sie von Beginn an ausgemergelt aus? Er schob es auf das unentwegte Einatmen der Ausdünstungen. Die Abzüge bewahrten nicht vor sämtlichen giftigen Stoffen.
    Serîdai nickte ehrfürchtig. „Das letzte Destillat, das wir vor siebenhundert Momenten der Unendlichkeit aufstellten, ist durch die Pulverfilter gelaufen, Aklán“, erstattete sie Bericht und wies nach links auf einen leergeräumten Tisch, auf dem eine verkorkte bauchige Phiole stand. „Beschaffenheit und Farbe sind einwandfrei, und wenn du es berührst, wirst du die enthaltene Magie darin fühlen. Das Tonikum ist enorm potent.“
    „Was uns nichts nützt, solange es keinen Träger findet, der eine Anwendung überlebt.“ Sisaroth blickte zum Gefäß, in der die Menge eines halben Bechers voll schwarzer, zäher Flüssigkeit schwamm. Mehr war von dem Eimer Elbenblut nicht übrig geblieben, das sie unter Zuhilfenahme verschiedener Substanzen verarbeitet hatten. „Das war das letzte Elbenblut?“
    „Ja. Im Eiskeller lagert nichts mehr. Wir brauchen dringend neue Spitzohren“, bestätigte Serîdai. „Dein Bruder sollte die Begehrer einsetzen, um Siedlungen aufspüren zu lassen, Aklán.“
    „Das sollte er.“
    „Und Untergründige bräuchten wir ebenso.“
    „Sicherlich.“ Sisaroth ging an ihr vorbei und steuerte auf seine Denkkammer zu. „Ich rede mit Tirîgon.“ Auch wenn es ein mehr als schwieriges Unterfangen wird.
    Nach dem Überfall auf das Elbendorf bei ihrem Auftauchen in Tark Draan hatten sie zwar Kenntnisse von weiteren Orten erhalten, an denen sich die Todfeinde aufhielten, aber die meisten waren schon wieder verlassen, sobald sie ihre Krieger dahin sandten. Den letzten Elb hatten sie vor einem Achtel Teil der Unendlichkeit gefangen und ausgeschlachtet.
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