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Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas
Autoren: Christoph Marzi
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Museum zurückgekehrt, um Miss Monflathers und den Black Friars zu danken, die uns die Engel gesandt haben.
    Wie immer ist es Emily, um die ich mich sorge. Emily und ihre kleine Schwester, die wir im Abgrund zurücklassen mussten, weil Lycidas es uns befohlen hatte. Es gäbe keine andere Lösung, hatte er beteuert.
    Mièville schweigt.
    Sieht nachdenklich nach draußen.
    Es schneit, wie es immer geschneit hat. Dicke Flocken wirbeln schwer durch die Nacht.
    Ich nippe an meinem Tee.
    Die Unruhen in London haben aufgehört.
    »Der Nyx«, hatte Lycidas uns erklärt, »musste sich auf die Kämpfe konzentrieren.«
    Die Golemkrieger waren zwar vom Nocnitsa gelenkt worden, hatten ihre Kraft aber vom Nyx erhalten, der lediglich ein Medium benötigt hatte, das die Lehmkreaturen befehligte.
    »Und weil er sich auf die Kämpfe in der uralten Metropole und in London konzentrieren musste, waren ihm die Kinder mit den Spiegelscherbenaugen entgangen.« Nicht unbedingt entgangen, aber er hatte keine Gefahr in ihnen gesehen. Sie waren nur Kinder ohne Seele, die er ohnehin bloß undeutlich wahrgenommen hatte. »All die Wesen, die ihren Lebensfunken dem Nyx verdanken«, war Lycidas mit einem boshaften Lächeln fortgefahren, »werden verenden.«
    Und so war es geschehen.
    Die Legionen Manderleys, die überall in der uralten Metropole und in London gegen die Söldner Mushroom Manors gekämpft hatten, waren siegreich gewesen. Der Tod des Nyx hatte jeglichen Kampfeswillen in den gegnerischen Heeren zerstört. Die Söldner waren in Scharen aus der uralten Metropole geflohen, und die Golems waren zu dem Staub zerfallen, aus dem man sie einst erschaffen hatte. Die Horuskrieger waren nach Kensington Gardens zurückgekehrt, nachdem sie die Toten aus ihrer Pflicht entlassen hatten. In der Zwischenzeit ruhten alle wieder dort, wo man ihre Gebeine einst hingebettet hatte, und die Friedhöfe Londons waren wieder bewohnt. Keiner der Leichname oder Horuskrieger war zum Boden des Abgrunds vorgedrungen, weil sie dem Elfen Rückendeckung hatten geben müssen. Während sie an den Wänden des Abgrunds Rattlinge getötet hatten, war es Maurice Micklewhite gelungen, durch die feindlichen Linien in den Abgrund zu entwischen.
    Dorthin, wo er seine eigene Hölle gefunden hatte.
    Wo ihn Emily Laing, meine Schutzbefohlene, zur großen Halle von Manderley Manor geführt hatte.
    »Es gibt keine Zufälle.« Der Tee schmeckt bitter.
    Mièville sieht auf.
    »Die Black Friars haben zu guter Letzt doch noch die richtige Entscheidung getroffen.«
    Miss Monflathers, deren Kontakte zur Black-Friars-Bruderschaft weiterhin im Verborgenen lagen, war zum Orden hinabgestiegen. Hatte den Mönchen Bericht erstattet. Vom Nyx und dem Aufbegehren des Hauses Mushroom. Vom Verrat, den die Ratten unter der Federführung Lord Brewsters einst begangen hatten. Sie hatte ihnen die Dinge, so wie sie waren, dargelegt und sie gebeten, die Engel anzurufen.
    »Wer hätte gedacht, dass die Black Friars einmal etwas Gutes tun würden.«
    Mièville und seine Tunnelstreichermeinung!
    »Sie haben es getan.«
    »Niemals haben sich die Urieliten um die Belange der Menschen gekümmert.« Jedenfalls konnte sich Mièville nicht an eine solche Zeit erinnern. »Und doch sind sie uns erschienen.«
    »Die Black Friars konnten Lord Uriel überreden.«
    Vielleicht, so dachte ich, musste er auch gar nicht überredet werden.
    Wer konnte schon eines Engels Absichten durchschauen?
    Am Ende waren die Engel vom Oxford Circus jedenfalls in den Abgrund hinabgestiegen und hatten unsere kleine Gruppe dort unten vorgefunden. Lord Uriel, dessen Augen voll lodernden Feuers waren, hatte mit seinem Bruder Worte gewechselt, die keiner von uns verstehen konnte. In einer Sprache, die schon gesprochen wurde, noch bevor die Menschen auch nur eine Idee im Bewusstsein des Träumers gewesen waren.
    Mit den Tätowierungen in ihren Gesichtern waren die Lichtengel gar furchtbar anzusehen gewesen.
    »Die Mädchen bleiben bei mir.« Der Lichtlord hatte keine Zweifel daran gelassen, dass er in dieser Angelegenheit nicht bereit war, Widerspruch zu dulden. »Denn das, was nun zu tun ist, bleibt Engelswerk.« Er hatte mich angesehen. Winzige Flammen loderten noch immer in seinen Augen. »Sie vertrauen mir doch, Wittgenstein?!«
    Ich zog eine Grimasse.
    »Fragen Sie nicht!«
    Eine Wahl hatte ich ohnehin nicht gehabt.
    Dann übergab Lycidas uns der Obhut der Urieliten.
    Und Emily, die weinend am Boden kniete und die Gesichtszüge ihrer
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