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Die Unsterblichen

Die Unsterblichen

Titel: Die Unsterblichen
Autoren: Alyson Noël
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Sehr, sehr rührend.«
    Ich bücke mich und wische über meine Zehen, die ein halbes Pfund Vanilla Swiss Almond abgekriegt haben, während ich mit offenem Mund eine vollendet gestylte Drina anstarre - die Beine vornehm gekreuzt, die Hände gefaltet, eine richtige, sittsame Lady. Sie sitzt direkt vor mir an dem Frühstückstresen.
    »Das war ja so süß, wie du nach Damen gerufen hast, nachdem du dir diese keusche Liebesszene ausgemalt hast.« Sie lacht und lässt den Blick an mir hinauf- und hinunterwandern. »Ah, ja, ich kann immer noch in deinen Kopf gucken. Dein kleiner Schutzschild? Dünner als das Turiner Laken, fürchte ich. Jedenfalls, was die Nummer angeht, dass ihr beide, Damen und du, glücklich bis ans Ende eurer endlosen Tage lebt?« Sie schüttelt den Kopf. »Also, du weißt ja, das kann ich nicht zulassen. Wie sich herausstellt, war es mein Lebenswerk, dich zu vernichten, und was glaubst du denn? Ich kann das immer noch tun.«
    Ich sehe sie an und konzentriere mich auf meinen Atem, ganz langsam und gleichmäßig, während ich versuche, alle diskriminierenden Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen; ich weiß, dass sie dergleichen bloß gegen mich verwenden wird. Doch die Sache ist die, zu versuchen, Gedanken zu verbannen, ist ungefähr so effektiv, als würde man jemandem befehlen, nicht an Elefanten zu denken - von diesem Moment an denkt der Betreffende an nichts anderes.
    »Elefanten? Wirklich?« Sie stöhnt auf, ein leiser, böser Laut, der im Raum vibriert. »Mein Gott, was findet er nur an dir? Dein Intellekt oder deine Schlagfertigkeit sind es ganz sicher nicht, da wir noch immer auf Beweise dafür warten, dass sie überhaupt existieren. Und deine Vorstellung von einer Liebesszene? So was von Disney, so was von Kinderfernsehen, so was von grauenvoll langweilig. Wirklich, Ever, darf ich dich daran erinnern, dass Damen schon seit hunderten von Jahren auf der Piste war, einschließlich der Sechziger mit all der freien Liebe?« Kopfschüttelnd sieht sie mich an.
    »Wenn du Damen suchst, der ist nicht hier«, sage ich schließlich; meine Stimme klingt kratzig und heiser, als wäre sie tagelang nicht benutzt worden.
    Sie zieht die Brauen hoch. »Glaub mir, ich weiß, wo Damen ist. Ich weiß immer, wo Damen ist - das ist meine Aufgabe.«
    »Dann bist du also eine Stalkerin?« Ich presse die Lippen zusammen; mir ist klar, dass ich sie nicht gegen mich aufbringen sollte, aber, hey, was habe ich schon zu verlieren? Sie ist so oder so hier, um mich umzubringen.
    Sie verzieht die Lippen, hält eine Hand in die Höhe und begutachtet ihre perfekt manikürten Fingernägel. »Wohl kaum.«
    »Na ja, wenn du beschlossen hast, die letzten dreihundert Jahre oder so mit so was zu verbringen, dann könnten manche Leute vielleicht sagen -«
    »Eher sechshundert, du grässliche kleine Kröte, sechshundert Jahre.« Sie sieht mich an und zieht ein finsteres Gesicht.
    Sechshundert Jahre? Ist das ihr Ernst?
    Sie rollt die Augen und steht auf. »Ihr Sterblichen, so öde, so dumm, so berechenbar, so gewöhnlich. Und doch inspiriert ihr trotz all eurer offenkundigen Mängel Damen anscheinend immer wieder dazu, die Hungrigen zu speisen, der Menschheit zu dienen, die Armut zu bekämpfen, die Wale zu retten, die Umwelt nicht zu verschmutzen, zu recyceln, für den Frieden zu meditieren, Nein zu Drogen, zu Alkohol, zum Geldrausschmeißen und überhaupt zu allem zu sagen, was sich lohnt - ein grauenvoll langweiliges altruistisches Streben nach dem anderen. Und wozu? Lernt ihr jemals dazu? Hallo! Globale Erwärmung! Anscheinend nicht. Und trotzdem, und trotzdem, irgendwie scheinen Damen und ich das immer wieder durchzustehen, obwohl es viel zu lange dauern kann, ihn umzuprogrammieren, wieder den lüsternen, hedonistischen Damen aus ihm zu machen, den ich kenne und liebe. Aber glaub mir, das hier ist bloß abermals so ein kleiner Umweg, und ehe du es dich versiehst, sind wir beide wieder ganz obenauf.«
    Sie kommt auf mich zu, ihr Lächeln wird mit jedem Schritt breiter, wie eine Siamkatze streicht sie um den großen Granittresen herum. »Ganz ehrlich, Ever, ich verstehe einfach nicht, was du an ihm findest. Und ich meine nicht das, was jedes andere weibliche Wesen, und, seien wir ruhig aufrichtig, die meisten Männer an ihm finden. Nein, ich meine, es liegt doch an Damen, dass du anscheinend immer leidest. Wegen Damen machst du das alles jetzt hier durch. Hättest du doch nur diesen verdammten Unfall nicht überlebt.« Sie schüttelt
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