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Die Unsterblichen

Die Unsterblichen

Titel: Die Unsterblichen
Autoren: Alyson Noël
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ich es deutlicher denn je vor mir, jetzt, da es nicht länger durch Schuldgefühle getrübt wird, jetzt, da ich nicht mehr dafür verantwortlich bin.
    Als ich fühle, wie meine Kraft in mir aufwallt, hebe ich sie glatt von mir herunter und schleudere sie quer durch die Küche. Sehe, wie sie gegen die Wand fliegt und ihr Arm in einem unnatürlichen Winkel absteht, als ihr Körper zu Boden rutscht.
    Mit schockgeweiteten Augen sieht sie mich an, aber gleich darauf ist sie wieder auf den Beinen und lacht, während sie sich den Staub abklopft. Und als sie sich auf mich stürzt, schleudere ich sie abermals fort, sehe sie durch die Küche und bis ins Wohnzimmer fliegen; sie kracht durch die geschlossene zweiflügelige Glastür und lässt Scherben durchs ganze Zimmer spritzen.
    »Einen richtig schönen Tatort fabrizierst du hier«, bemerkt sie und zieht sich spitze Glasscherben aus Armen, Beinen und Gesicht; die Wunden schließen sich augenblicklich. »Sehr beeindruckend. Ich kann's gar nicht erwarten, morgen in der Zeitung darüber zu lesen.« Sie lächelt, geht erneut auf mich los, gänzlich wiederhergestellt und wild entschlossen zu gewinnen. »Du hast dir zu viel vorgenommen«, flüstert sie. »Und, mal ganz ehrlich, deine jämmerliche kleine Kraftprotzerei wird allmählich ein wenig überflüssig. Im Ernst, Ever, du bist vielleicht eine miese Gastgeberin. Kein Wunder, dass du keine Freunde hast. Behandelst du deine Gäste alle so?«
    Ich stoße sie von mir, bin bereit, sie durch tausend Fenster zu schleudern, wenn es sein muss. Doch kaum habe ich den Gedanken zu Ende gedacht, da trifft mich völlig unerwartet ein grauenhafter, scharfer, zermalmender Schmerz. Ich sehe, wie Drina vortritt, das Gesicht zu einem Grinsen verzogen, und mich lähmt, so dass ich sie nicht aufhalten kann.
    »Das ist der gute alte Trick mit dem Namen Kopf im Schraubstock mit gezackten Backen.« Sie lacht. »Klappt jedes Mal. Obwohl, der Fairness halber, ich habe ja versucht, dich zu warnen. Du wolltest bloß nicht hören. Aber, wirklich, Ever, du hast die Wahl. Ich kann den Schmerz steigern ...« Mit zusammengekniffenen Augen sieht sie zu, wie mein Körper vor Qual zusammenklappt und zu Boden sinkt, während mein Magen sich vor Übelkeit windet. »Oder du kannst einfach loslassen. Ganz ohne Stress. Du hast die Wahl.«
    Ich versuche, mich auf sie zu konzentrieren, sehe, wie sie auf mich zukommt, doch ich nehme alles verzerrt wahr, und meine Glieder sind so schwach und kraftlos; sie ist wie ein blitzschneller, verschwommener Schemen, gegen den ich nicht bestehen kann, das weiß ich.
    Also schließe ich die Augen und denke: Ich kann sie nicht gewinnen lassen. Diesmal nicht. Nicht nach dem, was sie meiner Familie angetan hat.
    Und als ich mit der Faust nach ihr schlage und mein Körper so schwach, so unbeholfen und besiegt ist, bin ich erstaunt, dass der Schlag mitten auf ihrer Brust landet. Ich taumele zurück, habe keinen Atem mehr, und weiß, dass das nicht annähernd genug war, dass es überhaupt nichts genützt hat.
    Unwillkürlich schließe ich die Augen und krümme mich zusammen, warte auf das Ende, und jetzt, da es unvermeidlich ist, hoffe ich, dass es schnell geht. Aber als mein Kopf wieder klar wird und sich mein Magen beruhigt, öffne ich die Augen wieder und sehe, wie Drina rückwärts auf die Wand zutorkelt, die Hände gegen die Brust presst und mich anklagend anstarrt.
    »Damen!«, jammert sie und schaut an mir vorbei. »Lass nicht zu, dass sie mir das antut, dass sie uns das antut.«
    Ich drehe mich um und sehe ihn neben mir stehen. Kopfschüttelnd mustert er Drina. »Es ist zu spät«, sagt er, nimmt meine Hand und verschränkt die Finger mit meinen. »Es ist Zeit für dich zu gehen, Poverina.«
    »Nenn mich nicht so!«, gellt sie, und ihre ehemals erstaunlich grünen Augen sind jetzt rot unterlaufen. »Du weißt doch, wie ich das hasse!«
    »Ich weiß«, antwortet er und drückt meine Finger, während sie zusammenschrumpft und altert und dann vor unseren Augen verblasst und verschwindet. Ein schwarzes Seidenkleid und Designerschuhe sind der einzige Beweis dafür, dass sie jemals existiert hat.
    »Wie ... ?« Auf der Suche nach einer Antwort wende ich mich Damen zu.
    Doch er lächelt nur und sagt: »Es ist vorbei. Absolut, vollkommen, für alle Zeit vorbei.« Damit zieht er mich in seine Arme, bedeckt mein Gesicht mit einer Reihe warmer, wunderbarer Küsse und verspricht: »Sie wird uns nie wieder belästigen.«
    »Habe ich sie ...
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