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Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)
Autoren: Greg Smith
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Ermangelung asymmetrischer Informationen – auf sich allein gestellt und ohne unlautere Vorteile – ist der Erfolg eben nicht mehr garantiert.
    Die Reformen, gegen die sich die Wall Street am heftigsten sträubt, betreffen die ihrer Erfahrung nach lukrativsten Bereiche: undurchsichtige Derivate und Eigenhandel. Zufällig sind das genau die Bereiche mit den größten Risiken für die Stabilität des Finanzsystems. Die Wall-Street-Lobby hat bereits über 300 Millionen Dollar ausgegeben, um Vorstöße zur Regulierung von Derivaten zu kippen (die Licht in solche Konstrukte bringen und sie durch Handel an der Börse transparenter machen würden). Gleiches gilt für die Volcker-Regel gegen den Eigenhandel, damit Banken nicht länger unter Nutzung ihres Informationssprungs gegen ihre eigenen Kunden wetten können. Die Wall Street verabscheut Transparenz und wird sich nach Kräften dagegen wehren.
    Ich bin bekennender Kapitalist. Ich bin sehr dafür, dass Menschen reich werden und Unternehmen möglichst viel Geld verdienen. Das ist der Treibstoff, der unsere Wirtschaft wachsen lässt. Wohlstand sollte Motivation und Anreiz für Unternehmer in aller Welt sein. Ich möchte aber, dass das unter fairen Voraussetzungen geschieht. Ich glaube nicht, dass Kapitalismus automatisch bedeuten muss, ethische Grenzen so weit wie möglich auszudehnen. Und auch nicht, dass es notwendig ist, Kunden zu täuschen, um größtmögliche Erträge zu erzielen.
    Ich glaube an ein Geschäftsmodell, das langfristig ausgerichtet ist – dem eine treuhänderische Verantwortung innewohnt, die darauf beruht, dass man Kunden anständig behandeln muss, damit sie wiederkommen. Das ist nicht nur moralisch richtig, sondern auch besser fürs Geschäft. Damit kann man genauso viel verdienen – nur eben langsamer, stetiger und nachvollziehbarer. Das sollte auch den Aktionären gefallen, die sich berechenbare Ertragsströme und eine stabilere Auftragslage wünschen. Das heute übliche Modell der schnell realisierten Gewinne ist weder verantwortungsbewusst noch nachhaltig.
    Wie kann es sein, dass vier Jahre nach der Krise noch immer nichts geschehen ist, um diese Missstände zu beseitigen? Die Menschen sollten außer sich sein vor Empörung darüber, dass der politische Wille fehlt, ein Problem aus der Welt zu schaffen, das allen schadet – ausgenommen einer kleinen Elite, die sich bereichert, weil sie weiß, wie sie das Spiel manipulieren kann, und die mit ihrem verantwortungslosen Spiel die Welt jederzeit in das nächste große Schlamassel stürzen kann.
    Jeder weiß, dass das System verhängnisvolle Mängel hat, doch nur wenige können diese klar benennen. Nach dem Crash von 1929 führte der US-Senat die Pecora-Anhörungen durch, um den Ursachen für den Kursrutsch auf den Grund zu gehen. Diese Untersuchung führte zu echten Reformen. Banken wurden zur Verantwortung gezogen, und die missbräuchlichen Praktiken, die zum Börsencrash geführt hatten, wurden abgeschafft. Darauf folgten Jahrzehnte der Sicherheit im Finanzsystem. Mit diesem Buch möchte ich vor allem eines erreichen: Ich möchte dem einen oder anderen so viel Einsicht vermitteln, dass er seinem Vertreter oder seiner Vertreterin in der gesetzgebenden Versammlung seines Landes folgende Frage stellt: Warum haben Sie zu Reformen nicht den Mumm?

Nachbemerkung
    Die Darstellungen in diesem Buch entsprechen meinen Erinnerungen an meine zwölfjährige berufliche Laufbahn bei Goldman Sachs. Ich wollte meine Karriere und meine Erfahrungen bei Goldman Sachs nutzen, um eine Geschichte über ein System und einen Wirtschaftszweig zu erzählen, in dem der Einzelne dazu verleitet und geradezu gezwungen wird, moralische Grenzen zu überschreiten, um erfolgreich zu sein.
    Ich wollte ein Schlaglicht auf ein System werfen – nicht auf einzelne Personen. Deshalb habe ich manche Namen und Beschreibungen verfremdet.
    Ich berichte aus dem Gedächtnis und habe mich bemüht, Dialoge so genau und korrekt wie möglich zu rekonstruieren, damit ihr ursprünglicher Sinn erhalten bleibt. Etwaige Irrtümer, Fehler, Versäumnisse gehen allein auf mein Konto.
    Als es darum ging, den Artikel über Goldman Sachs in der New York Times zu veröffentlichen, hatte ich durchaus Bedenken – nicht was den Inhalt, sondern vielmehr was die Form betraf, denn ich fragte mich, ob ich mich derart pauschal äußern durfte über ein Unternehmen und eine Branche mit Abertausenden ehrlichen Mitarbeitern, die jeden Tag zur Arbeit gehen und ihre
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