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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle
Autoren: Christoph Hardebusch
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In den Nischen standen Krieger, auf deren Waffenröcken stolz Ionnas Rabe prangte.
    All die Wandteppiche der Masriden waren verschwunden, und dahinter waren die alten Mosaiken wieder zum Vorschein gekommen. Unter Zorpads Herrschaft waren sie zu großen Teilen zerstört und abgeschlagen worden, doch inzwischen hatten Handwerker damit begonnen, sie wieder in Stand zu setzen. Über dem Eingang zu dem großen Saal entstand ein neues Bildnis, dessen Umrisse Ionna zeigten, wie sie auf ihrem Ross saß, Leuenfang über den Kopf erhoben, den erschlagenen Zorpad zu ihren Füßen. Grimmig blickte der junge Krieger auf die noch gesichtslose Gestalt des Marczegs. Wenigstens hattest du den Anstand, in der Schlacht zu sterben, dachte er.
    »Sieht schon recht gut aus, nicht wahr?«, riss Flores ihn aus seinen Gedanken. » Ionna triumphiert über Zorpad, ist doch ein wohlklingender Titel.«
    »Ja«, stimmte ihr Sten zu. »Arkas erschlägt Tirea, und Ion-na erschlägt Zorpad. Nach zweihundert Jahren ist unser Volk wieder frei!«
    »Zum Teil. Noch ist der Osten von Wlachkis im Besitz der Masriden«, erinnerte ihn seine Schwester.
    »Ja«, stimmte Sten zu. Dann fragte er vorsichtig: »Weißt du, ob es noch weitere Ausschreitungen gab?«
    »In Teremi?«, fragte Flores und fuhr fort, als Sten nickte. »Es gab Übergriffe auf Masriden und Szarken. Aber Ionna hat rasch wieder für Ordnung gesorgt, und seitdem ist es verhältnismäßig friedlich.«
    »Wir leben noch immer in unsicheren Zeiten«, stellte Sten fest. Dann grinste er: »Aber heute ist ein Tag zum Feiern!«
    Gemeinsam gingen die Zwillinge in den großen Saal, der von hunderten von Personen gefüllt war. Es herrschte eine feierliche Stimmung, ein leises Murmeln von gedämpften Stimmen hing in der Luft, und es schien, als hätten alle Anwesenden ihre besten Kleider angezogen.
    Rasch warf Sten einen Blick an sich herunter. Auch er trug, dem Anlass angemessen, ein gutes, dunkles Leinenhemd und ebensolche Hosen, und sein Umhang war aus grauer Wolle und mit Pelz verbrämt. Hinten im Saal, in der Nähe des Thrones, entdeckte er Viçinia, die in einer kleinen Gruppe stand und sich unterhielt.
    Stens Herz machte einen Satz, als er sie sah. Zur Feier des Tages hatte sie ein dunkelgrünes Kleid angezogen, das wundervoll zu ihren langen roten Haaren passte. Als die junge Frau Sten und seine Schwester sah, lächelte sie erfreut, löste sich aus dem Gespräch und kam zu ihnen herüber. Einen Augenblick stand für Sten die Zeit still, während er sie betrachtete und jede Kleinigkeit in sich aufnahm, ihr Lächeln, ihre Augen und ihren Gang. Plötzlich stand sie vor ihm, und er nahm sie in die Arme. Noch immer verwirrte ihn ihr Duft, und ihre Nähe machte ihn atemlos.
    »Liebster«, flüsterte sie in sein Ohr. »Schön, dass du wieder bei mir bist!«
    »Mein Herz«, antwortete Sten und küsste sie sanft auf die Stirn.
    Noch einmal drückte er sie an sich, dann trat Viçinia einen Schritt zurück, maß ihn mit Blicken und sagte mit einem Lächeln: »Ihr seht gut aus, Baron Sten! Wie geht es in Dabrân?«
    »Ich habe Costin dort zurückgelassen, damit er sich um alles kümmert. Burg Rabenstein wird bestens vorbereitet sein für unsere Ankunft. Und die Leute in der Stadt freuen sich auf die Bojarin«, gab er strahlend zurück.
    Bevor Viçinia etwas erwidern konnte, flogen die Türflügel auf, und Druan betrat den Saal. Er musste sich ein wenig bücken, um einzutreten, doch dann richtete er sich zu seiner ganzen beeindruckenden Größe auf, und die Gespräche im Saal verstummten, als sich alle Blicke auf den Troll richteten. Ungeachtet der Aufmerksamkeit, die man ihm zollte, und der Angst, die sich auf vielen Mienen widerspiegelte, schritt Druan quer durch den Saal und gesellte sich zu Sten, Flores und Viçinia.
    »Sten«, sagte der Troll erfreut. »Wann bist du angekommen?«
    »Gerade eben erst, die Schneeschmelze hat den Fluss anschwellen lassen und eine Fähre davongespült, weswegen ich auf die Rückkehr der zweiten warten musste.«
    »Ist in deiner Heimat alles in Ordnung?«
    »Es gibt viel zu tun in Dabrân, aber das war zu erwarten. Ansonsten ist alles friedlich.«
    »Es war sehr weise von Ionna, den Masriden freies Geleit und Abzug in den Osten zu gewähren«, warf Flores ein. »Das hat uns so manchen Kampf erspart.«
    »Ja«, pflichtete ihr Sten bei und warf einen Blick auf Viçinia, die sacht lächelte. Der Vorschlag, den Masriden in Teremi und den anderen Städten und Dörfern im Sadat
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