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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle
Autoren: Christoph Hardebusch
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nach der Schlacht freien Abzug zu gewähren, war von ihr gekommen und hatte sich als kluger Plan erwiesen.
    Nach dem Tode Zorpads und der Zerschlagung seines Heeres herrschte Angst unter den Masriden und Szarken. Zwar saßen viele noch in ihren Häusern und Burgen, aber die Soldaten waren verstreut, und zu viele von ihnen hatten ihr Leben gelassen, sodass es kaum Hoffnung für sie gab, die Bollwerke längere Zeit halten zu können. Als Ionna ihnen einen Ausweg zeigte, kamen viele dem Angebot nach, und so fiel im Laufe des Winters fast das gesamte ehemalige Herrschaftsgebiet Zorpads kampflos an Ionna, bis auf einige Widerstandsnester.
    »Wie steht es unter der Erde?«, erkundigte sich Sten, der Druan schon längere Zeit nicht mehr gesehen hatte, seit er selbst nach Dabrân und der Troll zurück in die Gebeine der Erde gegangen war.
    »Es herrscht Krieg«, erwiderte Druan lakonisch. »Aber jetzt kämpft nicht mehr der Stein selbst gegen uns. Zwerge kann man töten.«
    »Das wohl«, pflichtete Flores ihm bei und rieb sich die Hüfte, an der sie schwer verwundet worden war. »Auch wenn sie verflucht harte kleine Bastarde sind.«
    »Pard ist da anderer Meinung«, entgegnete Druan, »er sagt, sie werden immer weicher!«
    Lächelnd nickte Sten, der sich Pards Gesichtsausdruck gut vorstellen konnte, die verächtlich hochgezogene Oberlippe, die zusammengezogenen Brauen, das bösartige Funkeln in den Augen. Bei den Geistern, ich bin so froh, dass der Troll wieder unter den Bergen ist, dort, wo er hingehört, dachte Sten erleichtert.
    »Voivodin Ionna!«, kündigte Istran mit einem lauten Ruf das Erscheinen der Herrscherin an, und tatsächlich schritt die Fürstin in einem hellen Gewand durch die kleine Tür hinter dem Thron und trat vor die versammelte Menge. Einige Herzschläge lang ließ sie den Blick über die Anwesenden wandern, die sich eingefunden hatten, um ihren Worten zu lauschen, dann erhob sie die Stimme.
    »Ich weiß, viele von euch erwarten, dass ich auf diesem Thron dort Platz nehme. Viele wollen, dass ich mich zur Königin ausrufe und dass ich Tireas Erbe antrete.«
    Ein wohlgefälliges Murmeln lief durch den Saal, aber Ion-na schnitt es mit einer knappen Handbewegung ab.
    »Aber das werde ich nicht tun! Dieser Thron dort steht für das geeinte Land unserer Vorfahren! Auf diesem Thron hat Radu der Heilige gesessen, als er unser Volk vereinigt hatte! Von diesem Thron aus konnte er herrschen, weil das gesamte Volk der Wlachaken es so wollte!«
    Verwundert blickte Sten Viçinia an, die ein ernstes Gesicht machte und ihm zunickte. Wie alle anderen hatte auch Sten vermutet, dass Ionna sich nun, da Zorpad besiegt war, zur Kralja ausrufen würde. Und es bestand kein Zweifel daran, dass sie die Unterstützung aller Freien Wlachaken besaß. Niemand hätte ihren Anspruch angezweifelt. Diese plötzliche Wendung überraschte den jungen Krieger, aber er konnte in Viçinias Augen erkennen, dass sie es gewusst hatte.
    »Wenn Wlachkis wieder ein Land der Wlachaken ist, wenn kein Wlachake mehr unfrei ist und unter fremder Herrschaft lebt, dann werden wir eine Versammlung einberufen und unseren Kralj wählen! So wie einst Radu von seinem Volk gewählt wurde!«
    Donnernder Applaus brandete auf, manche riefen Ionnas Namen, andere Tireas, doch die Fürstin verzog keine Miene, bis der Lärm sich wieder legte und Ruhe eingekehrt war.
    »Deshalb sind wir auch nicht zusammengekommen, um einen Sieg zu feiern. Wir sind hier, um jene zu ehren, die gewaltige Opfer gebracht haben, damit wir heute hier stehen können. Und um jener zu gedenken, welche ihr Leben für uns ließen! Männer und Frauen wie Natiole Târgusi und Linorel cal Doleorman und viele andere, die stets für die Freiheit gekämpft haben und dafür gestorben sind!«
    Hörst du das, Nati?, dachte Sten. Du hast es geschafft, es gibt wieder Hoffnung und ein Land, in dem Wlachaken frei leben können. Wo immer du auch bist, wir denken an dich!
    »Ich vermisse ihn noch immer«, flüsterte Flores neben Sten, und der junge Krieger griff nach ihrer Hand und drückte sie.
    »Viel verdanken wir unseren Verbündeten, die in der Stunde größter Not an unserer Seite standen. Mögen künftig die Geschichten über die Trolle neu erzählt werden, um ihnen gerecht zu werden!«
    Wieder wanderten alle Blicke zu Druan, der ungerührt zu Ionna schaute. Der mächtige Troll ballte die Fäuste und nickte der Fürstin zu, die fortfuhr: »Unsere Feinde sollen wissen, dass wir auch künftig
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