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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)
Autoren: Ronald Malfi
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selbst. Mir fiel ein, wie mir Dentman an jenem Abend im Mockingbird gedankt hatte, aber in Wirklichkeit war alles durch Elijah – oder zumindest einen Teil von ihm, der zurückgeblieben war – losgetreten worden.
    »Liebling, erzähl es mir.«
    Fast ließ ich mich dazu hinreißen, ihr zu gestehen, was mich plagte, doch am Ende setzte ich bloß ein Lächeln auf und schob vor: »Es ist verrückt; ich kann nicht glauben, dass wir uns über Geister unterhalten.«
    »Vergiss die Geister. Das alles ist Schnee von gestern.«
    »Ja«, pflichtete ich bei. Ohnehin konnte ich die gähnende Leere nicht fassen, die der untote Elijah unwissentlich in mir hinterlassen hatte. Wie es einen Wiedergänger geben konnte, während ein anderer unerreichbar blieb, weil er sich dazu entschlossen hatte, mich auf ewig leiden zu lassen …
    »Geht es dir nicht gut?«
    Mir blieb nur der Kampf mit mir selbst, um nicht innerlich zu zerbrechen. »Wie könnte es mir besser gehen?«
    Für den Rest des Abends schlief ich fest, doch mitten in der Nacht ließ mich ein Traum aufschrecken. Darin ertrank ich weit draußen im Ozean, nachdem ich lange gekämpft hatte, nicht unterzugehen. Jedes Mal, wenn mein Kopf wieder an der sturmumtosten Oberfläche der grauen See auftauchte, sah ich ein hölzernes Schwimmdock, dass nur knapp außer Reichweite dahintrieb. Ich schwamm darauf zu, schluckte Wasser und musste husten. Mein Körper wurde steif, und als ich wieder Luft schnappte, orientierte ich mich und stellte fest, dass sich meine Rettung weiter und weiter entfernte.
    Einschlafen konnte ich nicht mehr, also ging ich ins Dunkle nach draußen und rauchte ein paar Zigaretten, bis mir schummrig vom Nikotin wurde.
     
    Am Morgen fuhr ich bereits früh, noch ehe Jodie aus den Federn stieg, in die nächste Stadt, um in einer Werkstadt einen neuen Reifen zu kaufen. Ich wartete in einem Raum von der Größe einer Schuhschachtel, den Plastikboxen mit Country-Musik beschallten. Ein kleiner Fernseher mit Dipolantenne, dessen vertikaler Bildlauf dringend nachjustiert werden musste, stand auf stumm gestellt auf einem Klappstuhl. Eine offene Schale trockener Donuts lockte oben auf einem Regal, wo ansonsten Zeitschriften auslagen. Hier hockte ich vierzig Minuten lang, bis man mich aufrief und ich an der Kasse fürdie Reparatur löhnen durfte.
    Auf dem Rückweg schien mir die Sonne direkt in die Augen. Ich verfuhr mich und geriet auf eine kurvenreiche Straße durch den Wald. Gut gelaunt suchte ich einen Alternative-Rock-Sender, doch nachdem ich mehrere Minuten am Radio gefummelt hatte, musste ich mich geschlagen geben. Die Straße vor mir verengte sich zu einer Einzelspur, also bremste ich. Wie auf Kommando staksten zwei Rehe mitten auf die Fahrbahn, weshalb ich anhielt. So saß ich ruhig mit beiden Händen fest am Steuer und beobachtete sie. Ihre feuchten, tintenschwarzen Augen schienen mich wahrzunehmen, doch dann sprangen sie in die Richtung des dichten Graus der Fichten auf der anderen Seite.
    Gerade wollte ich den Fuß von der Bremse nehmen, als mir eine weitere Bewegung am Rande meines Gesichtskreises auffiel. Ich drehte den Kopf und kniff die Augen zusammen; es kam dem Versuch gleich, die Schatten im Dickicht voneinander zu unterscheiden. Deshalb fuhr ich links ran und stieg aus. Um mich herum roch es schwer erdig nach Wildnis, und ich verstrickte mich mit den Stiefeln in den Schlingpflanzen am Boden. Nachdem ich durchs Ried auf einen dunklen Punkt zugegangen war, der eine Lücke zwischen den Bäumen in Aussicht stellte, spähte ich voraus und erkannte eine Art Trampelpfad durchs Gestrüpp und Unterholz.
    Ich schlug mich hinein und folgte dem Weg.
    Bald stand ich am Rande eines tiefen Sturzes, an dessen Grund sich ein Teppich von Feldern ausbreitete. Ihr Grün, trotz Dunkelheit wie aus dem Bilderbuch, schien bis zum Horizont zu reichen. Zudem wand sich unmittelbar unter mir ein Fluss durchs Tal, der die Landschaft perfekt teilte. Am Ufer spross ein anmutiger Saum bunter Blumen, deren Farben ich teilweise noch nie gesehen hatte, weshalb mein Hirn eine Weile brauchte, um sie zuordnen zu können.
    Vorsichtig machte ich mich auf den Weg am Hang entlang nach unten. Der Fluss, dessen Oberfläche vollkommen still war, schlängelte sich nur wenige Zoll neben mir zwischen den zahlreichen Blüten hindurch, die sich im Wasser spiegelten. Ich verspürte den Drang, die Hand ins Nass zu halten, also streckte ich einen Zeigefinger aus und berührte es nur leicht, was jedoch
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