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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)
Autoren: Ronald Malfi
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und erstarrten zuletzt an meinen Wangen. Je näher ich dem Ufer kam, desto steiler fiel die Böschung ab, und der Schnee war nicht mehr so tief. Beim Auftreten durchbrach ich eine dünne Eisschicht und sank mit meinem Turnschuh etwas ein. Augenblicklich sickerte kaltes Wasser hinein und ließ meinen Fuß erstarren.
    »Shit.«
    Mein Schuh gab ein Schmatzen von sich, als ich meinen Fuß aus dem frostigen Schneematsch befreite. Indem ich mich an einen Baum lehnte, bemühte ich mich, das Bein meiner Schlafanzughose auszuwringen. Meine Zehen waren bereits taub. Direkt mir gegenüber im See öffnete sich die Eisschicht und reflektierte. Die seltsame Struktur darin ragte kerzengerade aus dem Eis und wirkte im schwachen Mondlicht milchig. Erst aus dieser neuen Perspektive wurde mir bewusst, wie groß sie wirklich war, wobei es sich weder um einen Fels noch um eine Steinformation handelte. Sie war eindeutig von Menschen erschaffen worden.
    Vom Ufer aus befand sie sich nur ungefähr zwanzig Meter weit draußen und ich musste sie mir einfach genauer anschauen. Wider besseres Wissen trat ich auf die Eisdecke des gefrorenen Sees. Ich prüfte zaghaft, ob mich die Schicht tragen konnte. Für den Bruchteil einer Sekunde zogen Bilder an meinem geistigen Auge vorüber, auf denen ich in schwarzem Wasser versank, gefangen unter dem Eis und nach Luft ringend, bis meine Lungenflügel zu zerreißen drohten. Ich stellte mir vor, wie ich kurz vor der Ohnmacht nach oben in die Freiheit drängte und verzweifelt mit dem Kopf gegen die gefrorene Schicht stieß, um dem unvermeidlichen Tod zu entgehen.
    Aber das Eis schien meinem Gewicht standzuhalten. Ich bewegte mich weiter vorwärts, wobei ich mehr rutschte als ging, weil ich zu viel Angst hatte, die Füße anzuheben.
    Beim Näherkommen nahm das Ungetüm Gestalt an: ungefähr zehn Fuß hoch und vier breit, robust aus verblichenen Brettern gebaut. Sie war geschichtet – schräg – auf einer Seite.
    Es war eine Treppe.
    Wenige Fuß davor blieb ich verblüfft stehen.
    Eine Treppe erhob sich geradewegs aus dem See.
    Die Planken glichen dem Holz, mit dem man eine Veranda baute. Sie waren verwittert und schienen mit frostig weißem Schimmel überzogen. Die Treppe stand nicht auf dem Eis, sondern erhob sich hindurch , wie Jodie es am Nachmittag vom Schlafzimmer aus richtig abgeschätzt hatte. Das Eis am Fuß der Stufen war geschmolzen, hinterließ ein offenes Loch matschig schwarzen Wassers, dass die Konstruktion zwei bis vier Finger breit umgab.
    Ich machte einen weiteren Schritt und brach ein.
    Mein Atem stockte, und ich hörte, wie mein Fuß ins Wasser platschte. Schlagartig spürte ich mein Bein bis zur Mitte taub werden. Ich kippte vornüber und konnte den Fall nicht bremsen. Mein Herz schlug unregelmäßig, als ich die Hände instinktiv ausstreckte und es schaffte, mich am Rand der aufragenden Treppe festzuhalten. Es bewahrte mich davor, tiefer im Eis zu versinken. Während ich mich an das Holz klammerte, kam ich wieder zu Atem. Dann hob ich mein nasses und nahezu gelähmtes Bein aus dem Loch und richtete mich vorsichtig auf.
    Die eisige Nachtluft ließ das Wasser an meinem Bein sofort gefrieren und der dünne Stoff meines Schlafanzugs lag darauf wie eine zweite Haut. Ein frierendes Brennen lief mein Bein herauf bis in den Schritt, und meine Kronjuwelen zogen sich erneut zurück. Mein ganzer Körper zitterte.
    Dummerweise verlor ich das Gleichgewicht und fiel der Länge nach auf meine linke Seite. Ich fiel unsanft, meine Zähne schlugen aufeinander. Ich hörte, wie etwas brach, und wusste nicht, ob es das Eis unter meinem Gewicht war oder meine Knochen. Der Stummel meiner Zigarette flog weg, und ich sah in Zeitlupe, wie die Glut durch die Luft wirbelte. Eiswasser schwappte gegen meine Rippen und meine Arme. Wie im Traum neigte sich der Grund unter mir: Die Oberfläche war aufgesprungen und brach auseinander.
    Ich äußerte eine Reihe deftiger Flüche und wälzte mich auf den Rücken, um dem immer breiter werdenden Spalt zu entrinnen. Selbst beim Rollen hörte ich es weiter wie ein Holzfeuer knacken.
    Ich robbte von der Bruchstelle weg, bis mir mein Gefühl vermittelte, dass ich in Sicherheit war und liegen bleiben konnte. Also tat ich es. Ich hielt die Augen geschlossen, obwohl ich mich gar nicht daran erinnern konnte, sie überhaupt zugemacht zu haben. Rasselnd holte ich Luft, meine Kehle war wie zugeschnürt.
    Dann, aus welchen Gründen auch immer, fing ich zu lachen an.
    Ich verdammter
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