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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd
Autoren: Emile Zola
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Gitterwerk aus vergoldetem Schmiedeeisen versehen. Es war das eine geschmacklose Verschwendung, eine prahlerische Schaustellung des vorhandenen Reichthums. Das Hotel selbst verschwand unter der Menge der sein Mauerwerk bedeckenden Skulpturen. Um die Fenster, längs der Gesimse zogen sich Laub- und Blumenguirlanden hin; die Balcone glichen Fruchtkörben, die von großen nackten Frauen mit gespannten Hüften und hervorspringenden Brustwarzen gehalten wurden. Des Ferneren waren hier und dort Phantasie-Wappen angebracht: Weintrauben, Rosen, all' das Pflanzenwerk, das in Stein gemeißelt werden kann. Und je höher das Auge kam, je blühender erschienen die Außenwände. Rings um das Dach zog sich eine Ballustrade hin, auf welcher in gleichmäßigen Abständen Urnen aufgestellt waren, in welchen Flammen aus Stein züngelten. Zwischen den Mansardenfenstern, um die sich eine unglaubliche Menge von Früchten und Blätterwerk schlängelte, breiteten sich die abschließenden Prunkstücke dieser erstaunlichen Verzierungsmanier aus: die Schlußkränze der Pavillons, zwischen welchen die großen nackten Frauen neuerdings zum Vorschein kamen, mit Aepfeln spielend oder sonstige Künste treibend. Das Dach, welches sich all' diese Ornamente, zwei Blitzableiter und vier ungeheure Rauchfänge die ihrerseits reich verziert waren, gefallen lassen mußte, schien gleichsam die Krone dieses architektonischen Feuerwerkes zu sein.
    Zur Rechten befand sich ein geräumiges Gewächshaus, welches sich eng an das Hotel anschmiegend, durch die Glasthür eines Salons mit dem Erdgeschoß verbunden war. Der Garten, den ein durch eine Hecke verdecktes niedriges Gitter vom Park Monceaux schied, war ziemlich abschüssig. Zu klein für das Hotel, kaum groß genug, um einem Rasenplatz und einigen Baumgruppen Raum zu bieten, glich er einfach einem Erdhügel, einem grünen Sockel, auf welchem sich das Hotel stolz erhob. Vom Parke gesehen, über dieser tadellosen Rasenfläche, diesen Sträuchern, deren Blätterwerk leuchtete, erweckte dieses Gebäude, welches mit tausend Stimmen verkündete, daß es noch ganz neu sei, mit seinem schweren Schieferdach, seinem vergoldeten Gitterwerk und den überreichen Blumengewinden, ganz den Eindruck eines Emporkömmlings. Es war das ein neuer Louvre in kleinerem Maßstabe, eine der am meisten charakteristischen Stichproben des unter dem dritten Napoleon gebräuchlichen Stiles, welcher eben ein Bastard sämmtlicher Bauarten war. An den Sommerabenden, wenn die untergehende Sonne das Gold der Rampen, Gitter und Guirlanden erglänzen machte, blieben die Spaziergänger des Parkes stehen, betrachteten die rothen Seidenvorhänge an den Fenstern des Erdgeschosses und durch die Fensterscheiben, die so groß und glänzend waren, wie die Glasscheiben der modernen Verkaufsläden und nur vorhanden zu sein schienen, um von außen auch das Innere sehen zu lassen, gewahrten die kleinen Bürgerleute Theile einzelner Möbelstücke, Gardinen, Stücke reichverzierter Zimmerdecken und von Neid und Bewunderung erfüllt, blieben sie inmitten des Weges stehen.
    Heute aber senkte sich bereits tiefe Dunkelheit hernieder, die glänzende Außenseite schlief. Auf der anderen Seite, im Hofe, hatte der Kammerdiener Renée respektvoll geholfen, den Wagen zu verlassen. Zur Rechten sah man die gebräunten Eichenthüren der Stallungen, einen weit geöffneten Wagenschuppen, zur Linken, gleichsam als Gegenstück, eine sich an die Mauer des Nachbarhauses lehnende reich geschmückte Nische, in welcher Tag und Nacht ein Wasserstrahl einer von zwei Amoretten gehaltenen Muschel entsprang. Einen Augenblick blieb die junge Frau auf dem Perron stehen, mit ihrer Toilette beschäftigt, die sich beim Absteigen vom Wagen ein wenig verschoben hatte. Der Hof versank wieder in seine, durch das Rollen des Wagens einen Augenblick unterbrochene aristokratische Stille, in welcher blos das ewige Geplätscher der Wassermuschel vernehmbar war. Von der schwarzen Masse des Hotels, in welchem das erste der großen Herbstdiners alsbald die Kronleuchter entzünden sollte, hoben sich vorerst nur die erleuchteten Fenster des Erdgeschosses ab, die einen blendenden Schimmer auf das Pflaster des regelmäßigen Hofes warfen.
    Als Renée die Thür des Vestibüls öffnete, befand sie sich dem Kammerdiener ihres Gatten gegenüber, der mit einem silbernen Theekessel in den Küchenraum hinabgehen wollte. Der Mann hatte ein tadelloses Aeußeres; er war ganz in Schwarz gekleidet, groß, stark, hatte
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