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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd
Autoren: Emile Zola
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Erzieher; die Herzogin von Rozan in einem kleinen Coupé, mit ihrer weiß bepuderten Dienerschaft; der Graf von Chibray im Dog-Cart; Herr Simpson in tadellosem Jagdwagen, sowie die ganze amerikanische Kolonie. Und zum Schluß zwei Akademiker im Fiaker.
    Endlich konnten sich die ersten Wagen in Bewegung setzen und allmälig, einer nach dem andern, kam die ganze Linie ins Rollen. Es war wie das Erwachen aus einem Traum. Tausend tanzende Lichter sprühten auf, blitzend drehten sich die Räder und die von den Pferden geschüttelten Geschirre sandten Funken nach allen Richtungen. Ueber den Boden und die Baumstämme glitten spiegelnde Flächen dahin. Dieses Geräusch der Räder und Pferdegeschirre, das Schimmern der lackirten Wagenwände, in welchen sich die sinkende Sonne spiegelte, die heiteren Töne der reichen Livréen und der durch die Kutschenschläge sichtbaren prächtigen Toiletten, – all' Dies versank sozusagen in einem fortgesetzt dumpfen Getöse, welchem das Stampfen der Pferdehufe etwas Taktmäßiges verlieh. Und so zog die Wagenreihe unter demselben Geräusch, bei demselben Licht, ohne Unterbrechung dahin, als würden die ersten Wagen die übrigen nach sich ziehen.
    Renée war der leichten Erschütterung des sich wieder in Bewegung setzenden Wagens gefolgt und ihr Binocle sinken lassend, lehnte sie sich von Neuem in die weichen Kissen zurück. Ein wenig fröstelnd zog sie einen Theil des Bärenfells über ihre Kniee, welches das Innere des Wagens wie mit weißer Seide erfüllte. Ihre feinbeschuhten Hände verschwanden in den langen, krausen Haaren des Fells. Ein leichter Wind hatte sich erhoben. Der laue Oktobernachmittag, der dem Bois etwas Frühlingsartiges verlieh und die vornehmen Damen verleitet hatte, in offenem Wagen auszufahren, drohte mit einem empfindlich kühlen Abend zu enden.
    Eine Weile verharrte die junge Frau in sich zusammengekauert, die angenehme Wärme ihrer Ecke genießend und sich dem wohlthuenden Gefühl überlassend, welches diese sich um sie her drehenden Räder in ihr erregten. Dann aber wendete sie sich zu Maxime, der kritischen Auges in aller Ruhe die Frauen entkleidete, die sich in den zahllosen Wagen seinen Blicken darboten.
    »Ist es wahr,« fragte sie, »daß Du diese Laura d'Aurigny hübsch findest? Ihr habt sie ja neulich, als man von dem Verkaufe ihrer Diamanten sprach, in den Himmel gehoben! ... Beiläufig, Du hast das Halsband und die Haarkrone nicht gesehen, welche Dein Vater bei diesem Verkaufe für mich erstand?«
    »Ja, er macht seine Sache gut,« sagte Maxime mit einem häßlichen Lachen, ohne auf ihre Frage zu antworten. »Er bringt es zu Wege, Laura's Schulden zu bezahlen und seiner Frau Diamanten zu schenken.«
    Die junge Frau zuckte leicht mit den Schultern.
    »Taugenichts!« murmelte sie lächelnd.
    Der junge Mann aber hatte sich nach vorne gebeugt, um mit den Augen einer Dame zu folgen, deren grüne Toilette sein Interesse erweckte und Renée blickte mit zurückgelehntem Kopfe und halb geschlossenen Augen lässig um sich, ohne etwas zu sehen. Zur Rechten glitten Büsche und niedrige Hecken mit rothen und gelben Blättern und verdorrenden Zweigen an ihr vorüber, zuweilen auch, auf dem für die Reiter reservirten Wege schlanke Herren, deren Pferde im Dahinsprengen feine Staubwolken aufwirbelten. Zur Linken, am Fuße der abfallenden und mit Sträuchern und Blumen bestandenen Rasenflächen lag der Teich regungslos, spiegelglatt, ohne jede Falte da, als hätte der Gärtner mit der Harke seine Grenzen gezogen. Am jenseitigen Rande dieser Kristallfläche sah man die beiden Inseln, zwischen welchen die sie verbindende Brücke wie ein grauer Balken erschien und deren Bäume sich wie eine Theaterdekoration von dem bleichen Himmel abhoben, während der Wasserspiegel die Aeste derselben gleich einem gewandt angebrachten Vorhange erscheinen ließ. Dieser Winkel der Natur, der an eine frisch gestrichene Kulisse gemahnte, schwamm in leichtem Schatten, in einem bläulichen Dunst, der den köstlichen Reiz, die liebenswürdige Täuschung noch erhöhte. Auf dem anderen Ufer funkelte und glitzerte das Inselschloß gleich einem neuen Spielzeug, als hätte es gestern einen neuen Anstrich erhalten, während die mit gelbem Sand bestreuten Wege, die engen Gartenalleen, die sich über die Rasenflächen schlängelten und sich längs des Teiches hinzogen, dessen Uferränder mit einem Eisengitter umfriedet waren, sich zu dieser Stunde von dem zarten Grün des Wassers und des Rasens seltsam
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