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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd
Autoren: Emile Zola
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Fahrstraße schritten verspätete Spaziergänger, Gruppen schwarzer Punkte vergleichbar, gemächlich der Stadt zu. Und ganz am Ende dieses Gewimmels von Menschen, Wagen und Pferden hob sich der schief gestellte Arc-de-Triumphe weiß vom schwarzen Nachthimmel ab.
    Während der Wagen in rascherem Trabe dahinfuhr, betrachtete Maxime, dem der englische Anstrich des Bildes gefiel, rechts und links die niedlichen, bizarr erbauten und mit kleinen Vorgärten versehenen Hotels, die sich zu beiden Seiten der Avenue erhoben, während Renée sinnend die Gasflammen des Place de I'Etoile sich entzünden sah, die nach einander am Horizonte sichtbar wurden und in dem Maße, wie die flackernden Lichtblitze das Dunkel des sinkenden Tages durchbrachen glaubte sie geheime Stimmen zu vernehmen, schien es ihr, als erglänze dieses verführerische Paris für sie, als bereite es für sie die unbekannten Genüsse vor, nach welchen es sie verlangte.
    Die Equipage schlug die Avenue de la Reine-Hortense ein und hielt am Ende der Rue Monceaux, einige Schritte vom Boulevard Malesherbes entfernt, vor einem zwischen Hof und Garten gelegenen großen Hotel. Die mit vergoldeten Verzierungen versehenen Flügel der Gitterthür, die in den Hof führte, waren zu beiden Seiten von je zwei Laternen flankirt, die die Form einer Urne hatten, gleicherweise mit goldenen Verzierungen beladen waren und in welchen mächtige Gasflammen brannten. Seitwärts von der Gitterthür hatte der Thorwart einen eleganten Pavillon inne, der an einen kleinen griechischen Tempel erinnerte.
    Als der Wagen in den Hof rollen wollte, sprang Maxime leicht zur Erde.
    »Du weißt,« sagte Renée, ihn an der Hand zurückhaltend, »daß wir um halb acht Uhr zu Tische gehen. Du hast also mehr als eine Stunde für's Umkleiden. Laß nicht auf Dich warten.«
    Und mit einem Lächeln fügte sie hinzu:
    »Wir haben die Mareuils zu Gast ... Dein Vater wünscht, Du mögest Luisen gegenüber sehr galant sein.«
    Maxime zuckte die Achseln.
    »Das ist Frohndienst!« murmelte er ärgerlichen Tones. »Ich bin ja bereit, sie zu heirathen; doch ihr den Hof zu machen, ist zu dumm, wahrhaftig! ... Ach, Renée, wie nett wäre es von Dir, wenn Du mir Luise heut Abend vom Halse schaffen wolltest.«
    Er nahm seine drollige Miene, die Grimasse und den schmeichelnden Ton an, welchen er jedesmal ins Treffen führte, so oft er einen seiner gewohnten Scherze anbringen wollte und sagte:
    »Willst Du, theure Stiefmama?«
    Renée schüttelte ihm die Hand wie einem Kameraden und rasch, mit einer plötzlichen nervösen Kühnheit warf sie hin:
    »Wahrlich, wenn ich nicht Deinen Vater geheirathet hätte, würdest Du mir, glaube ich, den Hof machen!«
    Dem jungen Manne mochte diese Zumuthung offenbar sehr drollig dünken, denn er war schon um die Ecke des Boulevard Malesherbes gekommen, als er noch immer lachte.
    Die Equipage rollte in den Hof und hielt vor dem Perron.
    Die Stufen desselben waren breit und niedrig; den Perron selbst überragte ein mit goldenen Fransen und Troddeln besetztes Schutzdach. Die beiden Stockwerke des Hotels erhoben sich über Kellerräumlichkeiten, deren mit matten Scheiben versehene viereckige Fenster sich dicht über dem Erdboden befanden. Vom Perron führte eine Thür ins Vestibül, welche auf beiden Seiten von schmächtigen Säulen flankirt war, die eine Art Vorbau bildeten, der sich auf jedem Stock wiederholend, bis zum Dache fortgeführt ward, wo er mit einem Delta abschloß. Auf beiden Seiten hatte jedes Stockwerk fünf Fenster in gleichmäßiger Entfernung von einander, die von einem einfachen steinernen Rahmen umgeben waren. Das steile Dach war in breite Felder getheilt und mit Fenstern versehen.
    Auf der Gartenseite aber entfaltete die Facade eine viel größere Pracht. Ein herrlicher Perron führte zu einer schmalen Terrasse, die sich längs des ganzen Erdgeschosses hinzog; die im Stile der Gitterarbeiten des Monceau-Parkes gehaltene Brüstung derselben war noch mehr mit Gold überladen, als das Schutzdach und die Laternen. Sodann kam das Hotel, zu beiden Seiten von zwei Pavillons wie von Thürmen flankirt, die zur Hälfte dem Gebäude eingefügt waren und in ihrem Inneren runde Gemächer bargen. In der Mitte ragte ebenfalls ein bescheidenes Thürmchen hervor. Die Fenster der Pavillons waren hoch und schmal, die der flachen Theile der Facade hingegen geräumiger und beinahe quadratförmig; im Erdgeschoß waren sie mit steinernen Ballustraden und in den oberen Stockwerken mit
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