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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)
Autoren: Jocelyne Godard
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sagte sie flehentlich. »Ihr müsst jetzt schlafen. Der kleinen Valentine geht es gut. Ihr dürft nur noch an sie denken.«
    Die Bertille und Mathias sahen sich erstaunt an.
    »An welches andere Kind sollte sie denn denken?«
    »An den kleinen Louis!«, schrie da Alix.
    Die Bertille verstand gar nichts mehr, und Mathias wurde wieder aschfahl. Musste diese lange, schreckliche Reise Alix weiter wie ein Albtraum verfolgen? Würde sie diesen Florentiner nie aus ihrem Gedächtnis verbannen? Stand dieser Mann auch jetzt noch als unüberwindliches Hindernis zwischen Alix und ihm? Gerade begann er sich an die Gegenwart der kleinen Valentine zu gewöhnen, da fing Alix plötzlich von einem kleinen Louis an!
    »Die Kanonen! Oh, mein Kopf! Der kleine Louis!«
    »Sie bringt alles durcheinander, Dame Bertille«, jammerte Tania, »sie bringt alles durcheinander. Das kommt, weil sie sich einen Sohn gewünscht hat und ihn Louis nennen wollte.«
    Tania bekam einen Nervenzusammenbruch. Sie war aufgesprungen und schlug mit dem Kopf wieder und wieder gegen einen Balken, während sie ständig wiederholte, dass Alix sich einen Sohn gewünscht habe. Mathias zog sie von dem Balken weg, hielt sie fest und verpasste ihr eine heftige Ohrfeige, um den hysterischen Anfall zu beenden. Vor Schreck hörte sie auch sofort auf zu schreien.
    »Und jetzt sagst du mir, was Alix durcheinanderbringt«, verlangte er und duzte sie einfach vor lauter Ungeduld und Zorn. »Alix ist doch nicht verrückt und verwechselt eine Tochter mit einem Sohn.«
    Als Tania zögerte und wieder anfangen wollte, hysterisch zu schreien, schlug er sie noch einmal ins Gesicht.
    »Halt, Mathias!«, rief da die Bertille empört. »Eine Ohrfeige genügt!«
    Dabei wusste sie auch, dass es nicht anders ging, und wollte selbst mehr erfahren.
    »Sag uns doch bitte, was sie durcheinanderbringt, schönes Kind«, versuchte sie es auf die freundliche Tour.
    Tania hätte vielleicht alles gestanden, aber die Ohrfeigen hatten sie ein wenig beruhigt, und sie beschloss, nichts mehr zu sagen.
    »Alix wünschte sich einen Sohn«, wiederholte sie mit schwacher Stimme, »und sie wollte ihn Louis nennen.«
    »Du lügst!«, entgegnete Mathias. »Sie bringt gar nichts durcheinander, sondern redet von einem anderen Kind. Wenn du uns nicht sagst, was du weißt, sperre ich dich so lange ein, bis du redest.«
    »Bitte, Mathias«, versuchte ihn die Bertille zu beschwichtigen. »Mit Gewalt erreichst du gar nichts.«
    »Du hast recht, Bertille«, sagte er und zwang Tania, ihm in die Augen zu sehen, »aber Alix hat uns erzählt, dass du eine byzantinische Sklavin warst, und die wirst du auch ganz schnell wieder, wenn du noch länger schweigst.«
    Bei dem Wort »Sklavin« fuhr Tania entsetzt zusammen und keuchte, bis sie schließlich aufgab.
    »Es ist meine Schuld! Es ist alles meine Schuld!«, wimmerte sie und rang verzweifelt die Hände.
    »Was ist deine Schuld? Alix hat gesagt, dass du ihr geholfen hast, das Kind zur Welt zu bringen. Woran gibst du dir die Schuld?«
    »Ich bin an allem schuld!«
    »Armes Kind«, sagte die Bertille. »Lass sie in Ruhe, Mathias. Die Kleine ist genauso durcheinander wie unsere Alix. Man hat die beiden in einen Wagen geworfen, gefesselt und geknebelt, ihnen tagelang nichts zu essen oder zu trinken gegeben, während um sie herum die Kanonenkugeln einschlugen und die Körper durch die Luft flogen, ehe sie zerfetzt auf dem Boden landeten. So wie auch ihr Alessandro gestorben ist.«
    »Ruhig, Bertille!«, schrie Mathias. »Kein Wort mehr! Ich will diesen Namen nie wieder hören.«
    Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es fehlte nicht mehr viel, und auch Mathias hätte vollends die Nerven verloren.
    »Ich kenne Alix besser als du, Bertille, und es muss schon etwas Tragisches geschehen sein, wenn sie so die Fassung verliert. Nur weil ihr jemand körperliche Gewalt antut, bricht sie nicht zusammen.«
    Voller Wut wandte er sich wieder an Tania.
    »Was dich betrifft, so bin ich ebenfalls anderer Meinung als die Bertille. Du verheimlichst uns etwas, und ich will wissen, was. Sonst gehst du ganz schnell wieder dahin, wo du herkommst, das schwöre ich! Also rück endlich damit raus!«
    Tania sah keinen Ausweg mehr und begann wieder zu zittern. Schluchzend und jammernd gestand sie: »Es waren zwei Kinder!«
    »Was!«, riefen Mathias und Bertille wie aus einem Mund. »Was soll das heißen?«
    »Alix hat Zwillinge bekommen.«
    »Du lieber Himmel!«
    Entsetzt ließ sich die alte Frau auf
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