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Die Tränen der Justitia (German Edition)

Die Tränen der Justitia (German Edition)

Titel: Die Tränen der Justitia (German Edition)
Autoren: Anne Gold
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ist oben in der Wohnung.»
    Nadine schob den Kommissär zur Seite, ging die Treppe hoch und klingelte. Eine junge, hübsche Frau mit dicken Tränensäcken öffnete zaghaft. Als sie Ferrari sah, rannte sie auf ihn zu und warf sich ihm in die Arme.
    «He … he … Julia, das wird schon wieder …»
    «Francesco, Gott sei Dank bist du da.» Sie drehte sich zu Nadine um. «Du bist Nadine, nicht wahr? … Kommt bitte rein. Setzt euch», sie deutete auf den Esstisch in der Küche. «Ich … ich … Francesco, ich habe Paps angefleht, dass er zu dir gehen soll. Er wollte nicht, meinte, er müsse den Dienstweg einhalten. Du seist für Mörder zuständig, nicht aber für Entführungen. Markus Stoll, ein guter Ermittler, würde unseren Fall übernehmen.»
    «Das ist er in der Tat.»
    «Dann … dann seid ihr nur privat hier? Nicht wegen Lena?»
    «Wir sind natürlich wegen Lena hier. Glaubst du wirklich, dass wir dich im Stich lassen? Dein Paps ist informiert. Wir bewegen uns zwar etwas auf dünnem Eis, aber das ist nicht das erste Mal. Schwierigkeiten ziehen wir förmlich an.»
    «Danke, Nadine … ich … ich verstehe das alles nicht … Wo ist meine Lena?»
    Ferrari wischte sich eine Träne ab. Mir fehlt die Distanz, ja, ganz entschieden. Diese Entführung betrifft mich persönlich. Ob das gut ist? Na ja, professionell ist es bestimmt nicht. Wortlos reichte ihm Nadine ein Papiertaschentuch.
    «Erzähl uns bitte, was am Tag der Entführung genau passiert ist. Auch Dinge, die vielleicht unbedeutend erscheinen.»
    «Ich … ich bin wie jeden Freitag um halb zwei mit Lena aus dem Haus gegangen. Ich wollte zu meiner Freundin Susi. Wir teilten uns das Zimmer im Bethesda-Spital. Sie bekam einen Jungen, Mathis, und ich meine Lena …», Tränen liefen über ihre Wangen. «Sie wohnt in der Thannerstrasse. Das ist bei der Schützenmatte. Wir treffen uns immer freitags um zwei. Ein Mal bei ihr, dann wieder bei mir.»
    «Jeden Freitag?»
    «Ja, ausser, wenn eines unserer Kinder krank ist. Mathis war vor zwei Wochen stark erkältet. Da liessen wir unseren Tag sausen. Warum fragst du, Nadine?»
    «Vermutlich haben dich die Entführer ausspioniert. An Zufall glaube ich nicht.»
    «Das war es bestimmt nicht. Ich bin mit Lena rausgegangen und habe im Vorgarten nach dem Kinderwagen Ausschau gehalten. Emma, das ist meine Schwiegermutter, stellt ihn mir immer in den Vorgarten. Ich dachte gerade, dass sie es wahrscheinlich vergessen hat und wohl meint, Susi komme heute zu mir, als mich ein Mann festhielt und ein anderer … er riss mir Lena aus den Armen …»
    «Kannst du die beiden beschreiben?»
    «Das … es ging alles so schnell … Der eine trug eine Bomberjacke und der andere einen langen, grauen Mantel. Beide waren grösser als ich. Ihre Gesichter … die kann ich nicht beschreiben. Aber es waren Basler, zumindest einer von ihnen.»
    «Bist du sicher?»
    «Er rief in reinem Baseldeutsch: ‹Hast du sie, dann nichts wie weg!› Der andere sagte kein Wort, er nickte bloss. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich habe dann wie wahnsinnig geschrien, doch es war niemand auf der Strasse, der mir helfen konnte. Lena … meine Lena …» Die letzten Worte gingen in heftiges Schluchzen über.
    Ferrari spielte gedankenversunken mit einem Kaffeelöffel. Die Entführung war hundertprozentig kein Zufall, keine Spontanaktion, sondern eine gut überlegte, geplante Tat. Die beiden Entführer lagen auf der Lauer und schlugen genau im richtigen Moment zu. Im Bericht des Kollegen Stoll stand, dass sämtliche Nachbarn befragt wurden, aber niemand hatte die Entführung beobachtet.
    «Hast du Feinde? Oder Lukas?»
    «Feinde? Das fragte Stoll uns auch. Nein, Nadine, als Familie leben wir zurückgezogen. Lukas ist nur für uns und für das Hotel da … Feinde? … Nein, ich kenne wirklich niemanden, dem ich eine Entführung zutraue. Weshalb auch? Bei uns gibt es nichts zu holen. Unser ganzes Geld steckt im Hotel. Es läuft zwar im Moment recht gut, aber wir sind noch lange nicht über dem Berg, und ohne Lukas’ Beziehungen zur Bank wäre das alles nicht möglich gewesen. Die stützen ihn, ja, sie glauben an ihn. Mit Recht, denn wir konnten bisher alle Raten des Kredits und die Zinsen der Hypothek termingerecht bezahlen. Darauf bin ich stolz. Natürlich hatten wir manchmal Mühe und mussten persönliche Einschränkungen in Kauf nehmen, doch in einigen Jahren sollten wir schuldenfrei sein. Eigentlich wollte Lukas den Betrieb seiner Eltern gar nicht
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