Die Toten von Crowcross
sah einer Krähe zu, die auf der alten Gartenmauer saß und sich das Gefieder zauste. Dann ging er. Sein Wagen stand nicht mehr in der Einfahrt von Groves Haus; er hatte ihn an der Straße geparkt, um eventuelle Komplikationen zu vermeiden.
Die Wache, ein gelangweilt dreinblickender junger Constable, würde in der nächsten halben Stunde abziehen, und danach würde das Grundstück kein Tatort mehr sein, zu dem nur die Polizei Zugang hatte. Im Gegenteil, dann durfte Kerr ebenso wenig dort parken wie jeder andere, der nicht ausdrücklich eingeladen war.
Er stieg ein und ließ den Motor an. Er wollte weg sein, bevor Maureen Bright auftauchte, mit ihrer Reisetasche und ihrem traurigen, anklagenden Blick.
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Endlich war Jacobson auf A Smith gestoßen . Einer von DCI Hunters Leuten hatte alle, die zum Zeitpunkt des Mordes im Cottage wohnten, darauf durchleuchtet, ob sie vorbestraft oder polizeibekannt waren, was in den Zeiten vor Online-Datenbanken und nationalen Computernetzwerken eine mühevolle Fieselarbeit dargestellt hatte. Die Ergebnisse waren alles andere als aufregend gewesen ế Landfriedensbruch bei politischen Demonstrationen war am häufigsten vermerkt. Dazu kamen ein paar Verhaftungen wegen Drogenbesitzes und einige Verkehrsdelikte. Andrew Smith stach schon deswegen heraus, weil er in Borstal gesessen hatte. Zudem hatte er weitaus mehr Verurteilungen vorzuweisen als alle anderen, hauptsächlich war es um Einbrüche und Autodiebstähle gegangen. Glück gehabt, hatte Jacobson gedacht, dass Hunter sich so schnell auf Grove eingeschossen hat und keinen anderen Kandidaten mehr brauchte, dem er ein freiwilliges Geständnis entlocken konnte.
Selbst da hatte ihn der Name noch nicht stutzig gemacht. Die Welt war voller A. Smiths, von denen wimmelte es nur so. B. Smiths, C. Smiths, D. Smiths … Aber das jahrelange automatische Abgleichen vieler Informationen hatte in seinen Denkmustern natürlich Spuren hinterlassen, und als DC Phillips ihm die Daten von Nigel Copelands Fahrer mailte, war es gerade mal zehn Minuten her, dass er die alte Vorstrafenliste überflogen hatte. Das war vermutlich das nötige Quäntchen Glück gewesen. Hätte Nigel Copelands Sekretärin DC Phillips die Angaben gleich nach seiner Anfrage geschickt, wäre A ế Smith womöglich bereits wieder in den Falten des jacobsonschen Gedächtnisses weggetaucht gewesen, versteckt unter den nachfolgenden Ermittlungsdaten. Aber jetzt, noch bevor es ihm wirklich bewusst wurde, registrierten Jacobsons Augen das übereinstimmende Geburtsdatum, und siehe da, als er Smith mittels seiner derzeitigen Adresse in der Datenbank der Führerschein- und Zulassungsbehörde nachschlug, zeigte sich, dass auch der Geburtsort jeweils derselbe war. Daraufhin genügten zwei Anrufe.
Mit dem ersten holte er Hilary Watson aus einer Fachbesprechung und erfuhr, dass ihr früherer Geliebter von Nigel Copeland vor dem Aus durch Alkohol bewahrt worden war und inzwischen für Copeland arbeitete. Beim zweiten Anruf fragte er Copelands Sekretärin, wo Andrew Smith sich aufhielt, während ihr Chef außer Landes war. Die junge Frau gab ihm eine ehrliche Antwort.
»Arsch«, dachte Jacobson laut, als er aufgelegt hatte, und meinte Copeland.
Der Mann war nicht blöd, so viel stand fest, und doch hatte er vergessen zu erwähnen, wer sein Fahrer war. Prakash Mishra hatte ausgesagt, er habe einen Lexus in der Einfahrt zu Martin Groves Haus gesehen, aber einen hinter dem Steuer vor sich hin dösenden Chauffeur hatte er nicht erwähnt. War Smith also mit im Haus gewesen und hatte dem Zusammentreffen seines Chefs mit Martin Grove beigewohnt? Aber warum auch nicht? Auf jeden Fall wurden damit jetzt auch Smiths DNA und Fingerabdrücke wichtig, genauso wichtig wie die von Copeland. Das Ganze kommt am Ende einer Behinderung der Ermittlungen gleich, dachte Jacobson. Er musste nur beschließen, die Sache nicht auf sich beruhen zu lassen.
»Arsch«, sagte er noch ein zweites Mal.
Er kochte ein paar Minuten lang und bekam damit den Ärger aus seinem System. Fast schon wieder ruhig, holte er sein Notizbuch hervor und wählte die Nummer von Inspektor Wilhelm Herzog von der Kripo Zürich. Herzog musste ihm mit den Fingerabdrücken und der DNA-Probe von Smith weiterhelfen, und dann brauchten sie zwei zusätzliche Videotermine, einen allein mit Smith und einen weiteren mit Copeland.
Herzog war nicht gleich zu erreichen, rief aber zehn Minuten später zurück und versprach, alles wie gewünscht zu
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