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Die Toten befehlen

Titel: Die Toten befehlen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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aus.
    »Sie erkennen mich wirklich nicht, Don Jaime? Ich bin es, Pèp Arabi von Ibiza ...«
    Aber auch diese Erklärung wollte nicht viel besagen, denn auf der Insel Ibiza gab es nur sechs oder sieben Familiennamen, und wenigstens ein Viertel ihrer Bewohner nannten sich Arabi.
    Endlich fand der Bauer das richtige Wort:
    »Ich bin Pèp, Pèp Arabi von Can Mallorqui.«
    Febrer lächelte. Can Mallorqui! Ein kleines Gutauf Ibiza, auf dem er als Kind ein Jahr verlebt hatte. Seit zwölf Jahren gehörte es ihm nicht mehr. Es war an Pèp übergegangen, der es bis dahin als Pächter bewirtschaftet hatte, wie vor ihm sein Vater und sein Großvater. Damals hatte Jaime noch Vermögen. Was nützten ihm also diese Ländereien auf einer abgelegenen Insel, die er niemals wieder besuchen würde? Und mit der großzügigen Geste des Magnaten verkaufte er das Gut an Pèp für eine außerordentlich niedrige Summe, die in Raten mit langfristigen Terminen bezahlt werden sollte. Vor einigen Jahren hatte Pèp den letzten Betrag entrichtet. Trotzdem blieb Jaime für diese braven Leute der »Gebieter«.
    Pèp Arabi stellte seine Kinder vor. Das Mädchen war siebzehn Jahre alt und hieß Margalida. Der Knabe, ungewöhnlich groß für sein Alter, war erst dreizehn. Er wollte, wie es in der Familie üblich war, Landwirt werden, aber der Vater hatte ihn wegen seiner schönen Handschrift für das Seminar von Ibiza bestimmt. Die Ländereien würde ein guter, arbeitsamer Bursche bei seiner Heirat mit Margalida übernehmen. Sie hatte viele Verehrer auf der Insel. Nach ihrer Rückkehr nach Ibiza sollten die traditionellen »Festeigs« stattfinden, um dem jungen Mädchen Gelegenheit zu geben, sich einen Gatten auszusuchen. Pepet aber war für ein höheres Schicksal ausersehen. Nach seiner ersten Messe würde er entweder in ein Regiment als Feldprediger eintreten oder sich nach Südamerika einschiffen, um wie andere junge Leute von Ibiza dort unten sein Glück zu machen.
    Wie schnell doch die Zeit verging! Als Jaime mit seiner Mutter einen Sommer in Can Mallorquí weilte, hatte ihm Pèp beigebracht, mit einer Flinteumzugehen. Damals schoß der kleine Jaime seine ersten Vögel.
    »Erinnern sich Euer Gnaden?« fragte Pèp. »Ich stand im Begriff, mich zu verheiraten; auch meine Eltern lebten beide noch. Dann habe ich den Herrn nur noch ein einziges Mal wiedergesehen, in Palma, als er mir das Gut verkaufte. Eine große Gunst, deren ich mich stets erinnern werde. Heute bin ich beinahe schon ein alter Mann und habe erwachsene Kinder.«
    Dann erzählte Pèp, wie er zu dieser Reise gekommen war. Ein ausgelassener Streich, von dem man noch lange auf Ibiza sprechen würde! Aber zu so etwas war er immer aufgelegt; das haftete ihm noch von seiner Soldatenzeit an. Ein guter Freund von ihm, Eigentümer eines kleinen Schoners, hatte Fracht für Mallorca und ihn im Scherz eingeladen, mitzukommen. Aber für Pèp gab es keinen Scherz. Gedacht – gemacht! Die Kinder sollten Mallorca kennenlernen. Im ganzen Kirchspiel von San José gab es nicht ein Dutzend Menschen, die die Hauptstadt kannten. Viele waren in Südamerika, einer sogar in Australien gewesen. Einige Nachbarn erzählten auch von ihren Schmugglerfahrten nach Algier, aber nach Mallorca ging niemand. Und das mit Recht!
    »Man hat uns hier nicht gern, Don Jaime. Die Leute sehen uns an, als ob wir Wilde wären.«
    Pèp berichtete weiter von seiner Reise. Zehn Stunden hatte die Segelfahrt gedauert. Das Meer war ganz ruhig gewesen. Margalida führte in ihrem Korb genügend Proviant für die Fahrt mit. Beim Morgengrauen wollten sie wieder fort, aber vorher möchte er noch gern mit dem Herrn sprechen. Es handelte sich um Geschäfte.
    Jaime stutzte und hörte mit größerer Aufmerksamkeit auf die Worte von Pèp, der sich etwas unklar ausdrückte.
    Die Mandeln bildeten den größten Reichtum von Can Mallorquí. Die letzte Ernte war vorzüglich ausgefallen, und die diesjährige versprach ebenfalls gut zu werden. Auch über den Preis, den ihm die Schiffer von Barcelona zahlten, konnte er nicht klagen. Fast alle seine Felder waren jetzt mit Mandelbäumen bepflanzt, und deshalb möchte er gern einige Ländereien von Don Jaime ausroden, um sie mit Weizen zu bestellen; nur so viel, wie er nötig hatte für seinen eigenen Gebrauch.
    Ländereien? Febrer war überrascht. Besaß er denn noch etwas auf Ibiza? Pèp lächelte. Die Bezeichnung Ländereien paßte eigentlich nicht. Es handelte sich um ein felsiges, steil in das Meer
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