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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn
Autoren: Edith Kneifl
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deswegen forderten sie seinen Hass heraus. Er musste sie runter­machen, hat ihnen und der Kaiserin Affären unterstellt …“
    „Sie hatte keine Affären!“, protestierte Marie Luise.
    „Ich glaub dir ja, aber das ist nicht wichtig. Es geht allein um die Fantasien von Karl Konstantin.“
    „Du meinst, Karl Konstantin hasst emanzipierte Frauen, Frauen, die nach Bildung und Selbständigkeit streben und erotisch freizügig sind“, warf Vera ein.
    „Bitte unterbrecht mich nicht andauernd, sonst verlier ich den Faden. – Nach dem Tod der Kaiserin dürfte er den Verstand verloren haben, völlig durchgedreht sein. Alle, die ihr ähnlich sahen, und ähnlich wie sie um Unabhängigkeit von den Männern kämpften oder sich in seinen Augen unmoralisch verhielten, sollten sterben. Ja, ich bin überzeugt, er ist ein Psychopath!“
    „Und ein Sadist“, warf Gustav ein. Als ihn Dorothea fragend ansah, blickte er rasch weg. Alles musste sie nun auch wieder nicht wissen.
    Josefa servierte ihnen eine Fritattensuppe als Vorspeise. Gustav warf seinem alten Kindermädchen eine Kusshand zu. Die Marmeladepalatschinken erlangten sogar Marie Luises Beifall.
    Nach dem Essen zog sich Vera in ihr Zimmer zurück. Sie gab vor, arbeiten zu müssen. Gustav hatte den Eindruck, dass ihr das Gerede über die scheußlichen Frauenmorde zu viel wurde.
    „Du hast mir unlängst Karl Konstantins Familien­geschichte erzählt, liebe Marie Luise“, fing Dorothea wieder davon an, sobald Vera gegangen war. „Ist sein Vater, der Erzherzog Friedrich Karl von Österreich, nicht in jungen Jahren in geistiger Umnachtung gestorben? Und seine Frau Mama soll eine sehr ehrgeizige und dominante Person sein, mit der er bis heute noch zeitweise in einem Haushalt lebt, wenn sie nicht gerade auf ihren Gütern in der Walachei weilt. Ich denke, er ist viel zu früh Familienoberhaupt geworden, das ist ihm zu Kopf gestiegen.“
    „Du meinst, im Grunde hasst er seine heißgeliebte Frau Mama und wollte eigentlich sie umbringen?“, fragte Marie Luise.
    „Ist sie nicht eine deutsche Prinzessin, eine Cousine von Kaiser Wilhelm?“, warf Gustav ein, der inzwischen im Gotha nachgesehen hatte.
    „Ja, und diese Hohenzollern sind genauso krank wie die Habsburgersprösslinge. Jahrhundertelange Inzucht führt eben zu Geisteskrankheiten aller Art. Das ist medizinisch erwiesen“, sagte Dorothea.
    Marie Luise starrte ihre Freundin verblüfft an.
    „Sind wir Bathenys etwa auch geisteskrank?“, fragte sie.
    „Wenn ich mir Gustav manchmal so ansehe …“
    Gustav schlang lachend seinen Arm um Dorotheas Hals und drohte, sie auf der Stelle zu erwürgen.
    „Nein, im Ernst“, sagte Dorothea, nachdem sie sich aus seiner Umklammerung befreit hatte, „ich fürchte, dass Karl Konstantin unter einer Psychose leidet.“
    „Mir ist es egal, ob er seine Eltern nun gehasst hat und am liebsten seine herrschsüchtige Mutter umgebracht hätte. Ihr gegenüber hat er übrigens meistens klein beigegeben. Sie hat damals unsere Verlobung vorangetrieben. Ich war jung und naiv, habe mich von seinem Titel und seinem Vermögen beeindrucken lassen. Ich weiß schon lange, dass er nicht der Richtige für mich ist, sonst hätte ich ihn längst geheiratet. Karl Konstantin hält aufgrund seiner hohen Geburt die meisten Menschen für dumm und ihm unterlegen. Garantiert ist er davon überzeugt, dass man ihn nie überführen wird, dass er ungestraft weitermorden kann.“
    „Im Grunde ist er seinen bestialischen Fantasien erlegen, die beherrscht sind von Dominanz, Gewalt, Macht und Kontrolle“, sagte Dorothea.
    „Warum versuchst du andauernd, seine abscheulichen Taten mit Krankheit zu entschuldigen?“ Marie Luise sah ihre Freundin böse an.
    „Ich versuche nicht, sie zu entschuldigen“, protestierte Dorothea.
    „Sein Hass und seine Abscheu gegenüber Frauen wurden durch seine Ansteckung mit einer venerischen Krankheit bestimmt noch verstärkt, das habe ich auch schon deinem Vater erklärt, liebe Marie Luise“, warf Gustav ein.
    Die jungen Frauen schwiegen betreten.

41
    Ein paar Tage später erlitt Marie Luise dann doch einen Nervenzusammenbruch, als sie erfuhr, dass sich Karl Konstantin voraussichtlich keinem Richter stellen musste. Ihre Reaktion sprach, sowohl in Gustavs als auch in Dorotheas Augen, für sie. Dorothea beteuerte, wie sehr auch sie schockiert war angesichts dieser Missachtung der Justiz und des von Gott gegebenen Privilegs der Herrschenden, zu töten.
    Vera und Gustav waren außer
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